Doch zurück zu den Presets. Diese frönen – wie erwartet – der analogen Ära und klingen sehr eigenständig. Ein Streichersound beispielsweise erinnert bewusst nur entfernt an ein solches Instrument und bekommt dadurch einen ganz eigenen Charakter.
Ansonsten wird das Beste aus den letzten 30 Jahren der Geschichte subtraktiver Klangerzeugung aufgefahren. Weiche, singende Pads, schneidende Leadsounds und blubbernde Effekte sind en masse im Angebot.
Auch ein paar Orgeln, E-Pianos und charmante Bläserklänge sind mit von der Partie. Die Sounds sind in ihrem Aggressionspotential allerdings mehrheitlich bei “Air” und weniger bei “Justice” zuhause, jedoch in einer Qualität, die man beim Betrachten des Synthie-Zwergs nie für möglich gehalten hätte. Für die gleiche Soundauswahl und Qualität hätte man damals noch eine LKW-Ladung an Synthies gebraucht. Es lebe die Moderne! Doch was wäre ein Sound ohne den Direktzugriff auf den Klangcharakter. Der Micron bietet hierfür zwei frei belegbare Fader und drei Drehpotis. Die Zuordnung erfolgt dabei wunderbar einfach. Nur den gewünschten Parameter im Menü anwählen und den entsprechenden Controller kurz bewegen, schon liegt der Filter-Cutoff, die LFO-Geschwindigkeit oder die Ringmodulation an der richtigen Stelle. Einzig die Werksvoreinstellungen sind etwas unglücklich gewählt. Bei fast allen Sounds lassen sich FilterPan und Noiseanteil per Drehpoti regeln, obwohl diese für meine Begriffe eher in seltenen Fällen gebraucht werden. Doch wie gesagt: Selbstbelegen ist ein Kinderspiel.
Im Rhythm-Modus lassen sich (Überraschung!) Rhythmen generieren. Doch bereits mit den 297 Presets lässt sich’s zunächst gut Leben bzw. Jammen. Soundmäßig ist das Ganze rein elektronisch. Von Oldschool-HipHop bis Two-Step, von Minimal Techno bis Großraumdisco. Alles, was in den letzten 25 Jahren auf den Tanzflächen zu hören war, ist dabei. Das Tempo lässt sich übrigens mit der Tap-Taste bestimmen. Glücklicherweise klingt dabei nichts nach Begleitautomatik, dafür sind die Beats viel zu ausgecheckt und zeitgenössisch. Vielmehr könnte man das alles so direkt auf Platte pressen. Eigene Beats lassen sich mit Hilfe des Sequenzers basteln. Das geht zwar, doch auf Grund des kleinen Displays ist das nicht wirklich ein Vergnügen.
Als Selbstläufer stehen einem neben den Beats 237 Phrasen im Pattern-Modus zur Verfügung, die bearbeitet und überschrieben werden können. Eine Phrase kann entweder ein Arpeggio oder eine Sequenz sein. Beides lässt sich natürlich programmieren, wobei sowohl Arpeggiator als auch Sequenzer nicht die umfangreichsten Editiermöglichkeiten bieten. Praktisch ist die Echtzeitaufnahme, die man auch vom Program-Modus aus via Phrase-Taste starten kann. Gespeichert wird diese Phrase dann im Pattern-Modus und kann dort als solche weiterverarbeitet werden. Per Latch-Taste wird die eingespielte Phrase geloopt und man hat die Hände wieder frei für andere Dinge.
Der Setup-Modus vereint schließlich die drei Welten von Program, Pattern und Rhythm. Dank der vierfachen Multitimbralität lässt sich hier das Keyboard splitten (bei drei Oktaven eine delikate Angelegenheit) und Rhythmus, Begleitpattern sowie Melodie gleichzeitig spielen. Hier liegt schließlich auch ein großer Vorteil gegenüber dem MicroKorg und dem XioSynth von Novation, die diese Splitfunktion nicht haben.
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Leichte Tanzmusik ist also auch ohne Mitmusiker oder Rechner schnell zu verwirklichen. Ich warte auf den Tag, an dem endlich der erste Alleinunterhalter nur mit dem Micron unterm Arm auf einer Hochzeit auftaucht.