Mit dem Strata Prime startet der Hersteller Alesis einen Vorstoß in die E-Drum-Oberklasse. Das Kit lässt sich als Nachfolger des Strike Pro bezeichnen und legt mit komplett neuem Produktdesign in vielen Bereichen eine Schippe drauf. Zentral ist das aufwendige Soundmodul mit großem Touchscreen, das sich an den klanglichen Realismus und die Flexibilität von Software-Instrumenten annähern möchte.
Alesis Strata Prime – Das Wichtigste in Kürze
- umfangreich konfiguriertes E-Drumset
- aufwendiges Soundmodul mit Touchscreen
- 40 GB große Library mit hohem Detailgrad
- BFD Drum-Engine mit umfangreicher Effekt-Suite
Das Soundmodul des Alesis Strata Prime arbeitet mit der Engine des Software-Klassikers BFD und enthält neben einer umfangreichen Factory-Library auch Sounds aus dem virtuellen Drumstudio. Das Konzept erinnert deutlich an das nicht mehr erhältliche Pearl Mimic Pro, das die Sounds der Steven Slate Drums verwendet. Und auch zum Gewa G9, das mit einem ähnlich komplexen Modul ausgestattet ist, gibt es klare Parallelen. Wie man es von Alesis kennt, bietet sich das Strata Prime in diesem Bereich als vergleichsweise kostengünstige Alternative an. Ein Schnäppchen ist es mit seinem Preis von knapp 3200 Euro (Stand:11/2024) aber definitiv nicht.
Übrigens: Neben dem hier getesteten Strata Prime hat Alesis mit dem Strata Core seit kurzer Zeit auch eine kompaktere Ausbaustufe des Kits im Angebot.
Großes Kit und massives Rack
Das Alesis Strata Prime kommt in einer umfangreichen Konfiguration als zehnteiliges Kit. Neben einer 20“ Bassdrum, 14“ Snare und vier Toms in 8“, 10“, 12“ und 14“ schließt der Aufbau zwei 16“ Crashes, eine 14“ Hi-Hat und ein 18“ Ride ein. Mit den Durchmessern der Pads bewegt sich das Set also vollständig im Bereich akustischer Drums. Auf den Trend des Acoustic-Look springt der Hersteller allerdings nicht wirklich auf. Nur die Bassdrum kommt als Full-Size-Kessel in 20“ x 14“. Bei Snare und Toms handelt es sich dagegen um flache Drumpads, und vor allem im Vergleich zum alten Strike Pro könnte man das als Rückschritt empfinden. Daran, dass das Kit nicht im Entferntesten als kompakt zu bezeichnen ist, ändert es allerdings nichts. Vor dem Kauf sollte man bedenken, dass das Strata Prime verhältnismäßig viel Platz in Anspruch nimmt.
Auch wenn sie nicht so aussehen: Mit ihrem Gewicht können es die flachen Drumpads des Strata Prime problemlos mit akustischen Trommeln aufnehmen. Die Fertigungsqualität fällt sehr hochwertig aus und man hat definitiv den Eindruck, es mit echtem Oberklasse-Equipment zu tun zu haben. Die Kombination aus dem rot-schwarzen Hochglanzfinish mit der schwarzen Kesselhardware und den goldenen Stimmschrauben wirkt geradezu edel. Schade, dass man bei den Snare- und Tompads nicht zu viel vom Finish zu sehen bekommt.
Auch das aus Stahlrohren bestehende Rack ist ausgesprochen schwer und wirkt zunächst sehr robust und verlässlich. Die Rack-Klammern sind allerdings aus Plastik, und damit sie die schweren Pads sicher halten, muss man die zugehörigen Flügelschrauben so fest anziehen, dass es sich schon ungesund anfühlt. Die gute Nachricht lautet dabei, dass die Klammern für die Pads dann auch bei andauerndem Spiel sicher halten. Für das Soundmodul gilt das leider nicht – auch bei maximal festgezogenen Schrauben lässt es sich noch leicht am Rackrohr drehen. Die leichten Beckenarme mit gerasterten Gelenken und das etwas wackelige Snarestativ machen ebenfalls einen eher mittelmäßigen Eindruck, erfüllen aber ihren Zweck. Klar, gerade diese Bestandteile lassen sich problemlos austauschen. Ein Hi-Hat-Stativ und ein Bassdrum-Pedal sind nicht enthalten.
Für dich ausgesucht
Details zu den Pads
Die Pads des Alesis Strata Pro kommen mit absoluter Vollausstattung. Alle Drumpads sind mit doppellagigen und stimmbaren Mesh-Heads befellt. Snare und Toms bieten zwei Spielzonen für Fell und Rand, wobei das Modul zwischen einfachen Rimclicks und Rimshots unterscheiden kann. Der Hersteller zählt das als dritte Zone, auch wenn es keine wirklichen separaten Triggerzonen gibt, wie man das z.B. von den Snares des Herstellers Efnote kennt.
Die Becken einschließlich Hi-Hat bieten durchweg volle drei Zonen für Beckenfläche, Beckenkante und Glocke und lassen sich im Sinne von 360°-Triggering rundherum auf der gesamten Fläche bespielen. Eine Funktion zum Abstoppen ausklingender Becken gehört natürlich ebenfalls dazu. Das Design ist allgemein zurückhaltend und zweckdienlich, wobei die leicht gerillte Gummischicht anfällig für Verschmutzungen zu sein scheint. Nichts, das man nicht mit einem feuchten Lappen lösen könnte.
Werfen wir noch einen Blick ins Innere der Drumpads. Der Hersteller wirbt mit einem Anti-Hotspot-Design, das ein sauberes und ausgeglichenes Triggerverhalten auf der kompletten Spielfläche bieten soll. Dieses basiert auf drei Triggerkegeln, die im Zentrum unterhalb des Fells sitzen und ganz klassisch mit einem Piezo-Pickup verbunden sind.
Kleinere Unstimmigkeiten beim Aufbau
Die Hi-Hat des Alesis Strata Prime arbeitet mit einem magnetischen Abstandssensor für den Öffnungsgrad, der in einem relativ großen Plastikgehäuse untergebracht ist. Das Hi-Hat-Pad sitzt also zwangsläufig relativ hoch. In Kombination mit meinem Hi-Hat-Stativ, das bei kleinster Einstellung auf 78 cm kommt, muss ich den Aufbau des kompletten Kits erhöhen, um ein für mich angenehmes Verhältnis herzustellen. Wer gerne niedrig sitzt, nutzt also am besten ein Stativ mit möglichst geringer Mindestaufbauhöhe.
Außerdem ist der Spannreifen der Bassdrum so dünn, dass die Klammer an meiner Fußmaschine nicht sauber greift. Ich konnte mir im Test aber mit einem Reifenschutz von der Bassdrum eines alten akustischen Kits helfen. Aber auch wenn die Fußmaschine gut sitzen sollte: Ein entsprechender Schutz gehört eigentlich dazu. Wer das Kit kauft, bestellt also am besten gleich einen Gibraltar Bass Drum Hoop Guard oder etwas Vergleichbares mit.
Das Alesis Strata Prime Drum Module
Das Soundmodul des Alesis Strata Prime ist durch und durch hochwertig verarbeitet. Auf der Bedienoberfläche prangt ein luxuriös großer 10“-Touchscreen, der von einer Reihe von Tastern und Encodern umgeben ist, die sich allesamt sehr angenehm anfassen. Im Inneren sitzt ein kleiner Computer mit Multicore-Prozessor, internem WLAN für Updates und 120 GB Speicherplatz, von dem 40 GB mit der vorinstallierten Library belegt sind.
Das System benötigt stolze 30 Sekunden, um hochzufahren, bietet im Gegenzug aber in der Tat die tiefen Eingriffsmöglichkeiten, die man von einem „VST in a Box“ erwartet. Für alle Sounds gibt es eine Fülle von Parametern einschließlich Tuning, Muffling und Hüllkurven. Der interne Mixer ist für ein E-Drumset hochgradig flexibel und bietet Zugriff auf Einzelkanäle wie Kick-In und Kick-Out, Snare-Top und Snare-Bottom oder Overheads und Raummikros. Dabei lassen sich alle Kanäle mit bis zu drei Effekten belegen – und auch zwei Sends (einer standardmäßig für Reverb) sind vorhanden. Die zugehörigen Algorithmen stammen vom Hersteller AIR und wurden von der Software BFD übernommen. Ein Traum für Drummer mit Producer-Hintergrund, denn hier lassen sich wirklich eigene Sounds gestalten. Sogar Parallelkompression ist möglich!
Eine Besonderheit des Moduls ist das Stacking verschiedener Sounds auf bis zu drei zusätzlichen Layern. So ist es z.B. möglich, zwei Snares, ein Standtom und ein Becken übereinander zu schichten und in einem abstimmbaren Verhältnis gleichzeitig abzuspielen. Auch eigene One-Shot-Samples lassen sich importieren. Und selbstverständlich finden sich Standardfunktionen wie ein Metronom und ein Recorder. Der Touchscreen reagiert bei alledem zwar nicht ultra-schnell, aber noch ausreichend direkt, um einigermaßen flüssige Eingaben zu ermöglichen. Die Ladezeiten der Kits liegen mit ein bis zwei Sekunden im grünen Bereich, wobei ausklingende Becken beim Wechsel abgeschnitten werden. Gut, darauf kann man sich einstellen.
Anzahl der Ausgänge könnte höher sein
Bei einem so umfangreichen internen Mixer hätte das Prime Drum Module eine kleine Armada an analogen Ausgängen verdient. Neben einem dualen Kopfhörerausgang (6,3mm und 3,5mm Klinke) und dem Main-Out im XLR-Format auf der Unterseite finden sich aber leider nur zwei weitere Stereo-Pärchen. Für ein so komplexes Modul ist das die absolute Mindestausstattung. So ist es beispielsweise möglich, Kick und Snare auf einem gemeinsamen Stereo-Bus, die Toms auf einem zweiten und den Rest auf einem dritten Bus ans FOH-Pult zu leiten. Mono-Busse sind in der aktuellen Software leider nicht vorgesehen. Der Kopfhörer lässt sich ebenfalls nicht frei konfigurieren und gibt grundsätzlich alles aus, das es zu hören gibt. Das interne Routing reicht für die Grundbedürfnisse auf der Bühne aus, könnte aber weit flexibler sein.
Dass das Modul nur MIDI über USB, aber kein Audio über USB bietet, wundert mich ein wenig. Im Preisbereich des Strata Prime gehört das eigentlich dazu. Multitrack-Recording mit dem Rechner fällt damit komplett weg. Und wenn man doch einmal eine Software als Klangerzeuger nutzen möchte, ist man aus mehreren Gründen (Konnektivität, Latenz, Performance) auf ein zusätzliches Audio-Interface angewiesen. Im Gegenzug lassen sich MIDI-Verbindungen nicht nur über USB, sondern auch über klassische DIN-Buchsen herstellen.
Eingangsseitig gibt es einen dualen Mono-Eingang (AUX), der insbesondere für einen Monitor-Feed auf der Bühne sinnvoll ist. Ein Smartphone koppelt man am besten über die Bluetooth-Schnittstelle. Ein zusätzlicher USB-Port (USB-A) ist zum Anschluss von Controllern vorgesehen – hier lässt sich beispielsweise eine Tastatur anschließen. Der Import eigener Samples läuft über SD-Card und einen zugehörigen Slot. Direkter Zugriff auf das Dateisystem über USB war zum Testzeitpunkt noch nicht möglich, scheint aber vorgesehen zu sein.