Das Musikerleben ist nicht leicht heutzutage. Der Verkauf von physikalischen Tonträgern schrumpft immer weiter und vom Streaming können die meisten Künstler nicht leben. Da muss es doch wie ein Schlag in die Magengrube sein, wenn man die Meldung hört, dass der musikalische Output einer App einen Plattenvertrag bei einem großen Musik-Label unterzeichnet. Genau so eine Nachricht ging in den letzten Tagen um die Welt. Mittlerweile wurde die News ein bisschen geradegerückt, denn es ging nicht um einen Plattenvertrag, sondern lediglich um den Vertrieb von 15 kommenden Alben in diesem Jahr. Wie bitte?
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Aber der Reihe nach: Die App, deren Algorithmus es in die Schlagzeilen der Blogosphäre geschafft hat, heißt Endel. Verfügbar ist Endel für iOS-Devices, Android (gerade in der Beta) und für Amazon Alexa. Mit ambienten Soundscapes will die App für mehr Entspannung, Fokus, Power und guten Schlaf sorgen. Die Sounds entstehen durch einen Algorithmus, der basierend auf sogenannter circadianer Rhythmik, Pentatonik und Sound-Maskierung generative Klänge produziert. Als Input dienen Parameter wie die Tageszeit, Wetter, Ort oder die Herzrate. Hinter der App steckt übrigens ein Berliner Team von Künstlern, Wissenschaftlern und Entwicklern.
Genau dieser Algorithmus jedenfalls hat bereits fünf Alben in diesem Jahr produziert. Weitere 15 sollen folgen. Das Genre Ambient ist gerade schwer angesagt und besonders der funktionale Aspekt von Musik spielt aktuell eine große Rolle. Moby hat zum Beispiel am 15. März sein neues Album „long ambients two“ für die ersten Wochen exklusiv für die Schlaf- und Meditations-App „Calm“ herausgebracht. Und der Urvater des Ambient, Brian Eno, hat sich selbst intensiv mit dem Thema beschäftigt und bereits 1996 die Installation „Generative Music 1“ aufgeführt – ganz zu schweigen von diversen Apps, die unter seiner Federführung veröffentlicht wurden. Die Playlists mit Inhalten, die Schwerpunkte auf Entspannung und „Energie tanken“ legen, erreichen auf Spotify und anderen Anbietern hohe Zuhörerzahlen.
Für die Producer unter uns sollte das vielleicht ein Anlass sein, es dem Algorithmus gleich zu tun und selbst ein paar Ambient-Alben aufzunehmen. Vielleicht nimmt Warner Music die ja auch noch.