Praxis
Die Bedienbarkeit ist eingeschränkt, aber flexibel
Baut man sich sein Tonsetup zusammen, schließt also mehrere Signalquellen und Ziele an das Allen & Heath Qu-Pac an, so kann die Programmierung beginnen. Anders als “Programmierung” kann man das Bedienen des Qu-Pacs eigentlich auch nicht nennen, denn schon die allersimplesten Dinge wie Gain und Phantompower müssen selektiert und dann eingestellt werden. Ich gehe jetzt zunächst einmal von der Bedienung am geräteeigenen Panel aus, zur iPad- und iPhone-Bedienung komme ich später.
Wie an kompakten, digitalen Pulten üblich, hat man auch hier bei der Arbeit an den Einstellungen diverse Abfolgen von Menü-Aufrufen und Increase-/Decrease-Regelungen vor sich, bevor Eingangssignale auf die gewünschte Art und Weise aus Ausgängen fließen. Das Digitalpoti rechts unterhalb des Touchscreens wird zum Haupt-Dreh-und-Angelpunkt. Die einzustellenden Kanäle wählt man über die Select-Taster aus, danach wird per Touchscreen das jeweilig zu bearbeitende Feature angewählt, um es zu bearbeiten.
Im Prinzip ist das alles ähnlich wie an den meisten kompakten Digitalpulten, weshalb ich uns eine akribische, detailreiche Menü- und Untermenü-Aufzählung ersparen möchte. Hier macht es Sinn, die Featureliste des Qu-Pac zu zitieren: Von Haus aus gibt es 20 Eingänge (16 Mic/Line mono und 2 Stereo-Line) und 12 routbare Ausgänge (4 Monitorwege, 3 Stereo-Ausgänge und den LR-Ausgang), auf die sich allerlei DSP-Processing in Form von EQs, Kompressoren, Gates und Effekten stülpen lässt.
Das Programmieren der einzelnen Kanäle geht schnell von der Hand. Auch ohne die Bedienungsanleitung studiert zu haben findet man sich schnell in den Grundeinstellungen zurecht, die man im Menü “Processing” findet. Dank der Copy/Paste-Funktion lassen sich die Kanalbearbeitungen weiterverbreiten, und man erspart es sich, manch bewärte Einstellung mehrfach manuell durchführen zu müssen.
Als unangenehm empfinde ich es bei manchen Bearbeitungen wie Threshold- oder Panorama-Einstellung, dass es keine Beschriftungen oder Skalen an manchen Anzeigen gibt. Durch eine rote Markierung wird zwar angezeigt, dass man etwas verändert, beim Kompressor wird mit eine roten Pegelanzeige die Gainreduction symbolisiert, aber wer numerische Dezibel- oder Prozent-Angaben zur Orientierung gewohnt ist, muss hier darauf verzichten und ganz nach Gehör gehen. Hier wäre eine minimale Beschriftung hilfreich.
Unhandlich finde ich auch, dass der vorhandene Resetknopf sich nicht auf alle selektierbare Parameter anwenden lässt. Hier würde man sich beispielsweise wünschen, ein verrücktes Panorama wieder zentrieren zu können oder mit Hilfe des Resetbuttons einen Fader auf Unity-Gain zurückbeordern zu können.
Tolle Ducking-Funktion für Konferenz-Chefs oder Durchsagen-Verständlichkeit
Eine tolle Idee der Softwareentwickler war es, eine Ducking-Funktion einzubauen. Hiermit lassen sich ausgewählte (oder auch alle) Eingangskanäle automatisch in der Lautstärke absenken, sobald auf dem Steuerkanal ein Signal anliegt. Hiermit könnte man in einer Diskussionsrunde einen Wortführer mit seinem Mikrofon alle anderen Signale übertönen lassen. Eine weiterer Anwendungsfall wäre, dass sich ein Moderator immer mal wieder gegen die Musik durchsetzen muss, ohne dass dazu jemand ständig am Pult sitzen muss, um die virtuellen Fader zu schieben. Dies alles bedarf einer einmaligen Einstellung der Ducking-Funktion, und schon muss man für solche Anwendungen keine Kanäle oder Gruppen manuell leiser ziehen. Eine tolle Idee!
Die internen Effekte klingen durch die Bank weg gut
Sowohl die Mikrofon-Preamps als auch die zur Verfügung stehenden DSP-Effektedes A&H klingen wirklich gut. Bereits nach wenigen Justagen erhält man schöne Ergebnisse. Im Folgenden habe ich ein paar Klangbeispiele den Beweis antreten lassen. Die Mic-Preamps ließ ich gegen einen teuren RME-Micstacy antreten. Bei gleicher Verstärkung klingen sie leicht unterschiedlich laut, die Qu-Pac-PreAmps klingen nicht ganz so seidig wie die Micstacy-Verstärker. Man kann eine gewisse Härte und ein Verschleifen der Attacks hören, wenn man die verschiedenen Soundbeispiele der beiden Geräte vergleicht.
Um den Klang der internen DSP-Effekte zu demonstrieren, habe ich ein Drumkit und eine Akustikgitarre jeweils mit Effekten bearbeitet. Im Vergleich mit den unbearbeiteten Originalversionen könnt Ihr die Qualität der Kompressoren und Effekten selbst beurteilen. Ich bin der Meinung, dass keine zusätzliche Hardware nötig ist und man alle gängigen und gewünschten Klangverbesserungen mit bordeigenen Mitteln umsetzen kann.
Für dich ausgesucht
Ein Analyser mit Peak Detection für die Erkennung von Frequenzproblemen
Wo sich der engagierte Toningenieur früher noch für teures Geld Klark-Teknik-Analyser zulegen musste, so kann er sich dies mit dem Qu-Pac eigentlich sparen, denn dem Mischer wurde ein Terzbandanalyser nebst Peakanzeigen spendiert, der im “Home”-Menü unter “RTA” zu finden ist. Die lautesten Frequenzen werden rot markiert und lassen auf diese Weise schnell eventuelle Feedbacks ablesen. Die Anzeige wird übrigens praktischerweise auch auf das iPad übertragen. Allzu sehr sollte man sich auf diese Analysen nicht verlassen. Wenn man die Frequenz eines angelegten Sinustons über einen fünf oder sechs Bänder umfassenden Balkenberg erraten muss, wird klar, dass hier nur ein relativ kleines Zeitfenster für die FFT verwendet wurde, damit der Analyser nicht allzu träge rüberkommt. Hier wäre eine frei wählbare FFT-Größe toll, aber dies kostet natürlich Rechenpower, die man natürlich nicht unbegrenzt zur Verfügung hat.
Es ist klasse, dass ein Real Time Analyzer vorhanden ist, aber wieso wurden bei der Darstellung gefühlte 25 Prozent des Displays verschenkt und leer gelassen? Ich vermute, dass dies an der Display-Auflösung liegt. Würde man die Anzeige zoomen, könnte man die numerischen Werte nicht mehr pixelscharf ablesen, sondern unscharf und verschwommen. Es handelt sich ja schließlich nicht um ein Retina-Display.
Jeder darf per WLAN mitmischen
Das Allen & Heath Qu-Pac lässt die Anbindung von einem iPad und sieben iPhones (ab iPhone 4) zu, was dem Mischer meiner Meinung nach das Killerfeature beschert. Nicht nur, dass der engagierte Tontechniker dank iPad und der App “Qu-Pad” sein Einschall-Gebiet abgehen und weiterhin (fast) alles zur Bedienung mit unter den Arm nehmen kann: Nein, auch bis zu sieben iPhone-besitzende Musiker können mit Hilfe der kostenlosen Zusatz-App “Qu-you” ihre Monitoring-Justagen vornehmen! Um nicht durch Kanalwälder durchzuppeln zu müssen, gibt es, neben der Steuermöglichkeit unzähliger Parameter, vier praktische, große symbolische Wheels, die man als Pegelsteller für vier Stereogruppensignale nutzen kann, auf denen man sinnvollerweise Submixe der vertretenen Instrumente verteilt. Ein tolles Feature! Ich freu mich schon auf kommede Jobs, an denen ich schön vom Tresen aus eine Show fahren werde, während das Monitoring von den Musikern selbst verwaltet wird. Schluck… hoffentlich wird dadurch meine Gage nicht gekürzt!
Mehrspurmitschnitt per USB-Schnittstelle
Der vorhandene USB2-Anschluss an der Rückseite des Gerätes lässt das Allen & Heath Qu-Pac 32 Kanäle bidirektional zum und vom Computer streamen – wie beim Qu-32 . Bei Anschluss an einen PC muss jedoch leider ein Treiber installiert werden. Schließe ich den Mixer an einen Mac-Computer an, erspart mit die “Class-Compliantness” eine solche Installation. Wählt man in seiner Lieblings-Audiosoftware das Qu-Pac im Treiber an, so kann man nicht nur die erwähnten 32 Kanäle mitschneiden, sondern über die gleiche Strippe ans Pult zurückschicken. Welche Kanäle gestreamt werden, ob die Direct Outs, oder Gruppenkanäle kann man im “USB”-Menü bestimmten.
Eine zweite Variante dieser Mehrspuraufnahme steht am USB-Anschluss oben rechts auf dem Frontpanel zur Verfügung. Hier kann man einen USB-Stick oder eine Festplatte anschließen, die, einmal per QuDrive formatiert, immer wieder benutzt werden kann. Für eine reibungsfreie Mehrspuraufnahme ist es allerdings wichtig, darauf zu achten, dass man nicht die lahmste Gurke anschließt, die es auf dem Markt gibt. In diesem Fall reicht die Datenrate schlicht und einfach nicht aus, die Aufnahme mündet in einem Dropout-Desater.
Einige Software-Features werden vermisst
Bei Kritikpunkten und vermissten Features innerhalb einer Software bin ich meistens ein wenig vorlaut, und verstehe oft nicht, woran es scheitern konnte, dass manche Funktionen, die sich in der Praxis über die Jahre hinweg bewährt haben, nicht vorhanden sind. “Ist doch bestimmt nur Frage der Software” liegt mir dann immer auf der Zunge, und dem Entwicklerteam des Qu-Pac kann ich diese Fragen auch nicht ersparen. Warum gibt es keine Pairing-Funktion für zwei benachbarte Kanäle? Wenn ich schon einen Analyzer einbaue, wieso nutze ich dann nicht das komplette Display für dessen Anzeige? Wer weiß, der Qu-Pac lässt ja Firmware-Updates zu, vielleicht wird es das ein oder andere vermisste Feature zukünftig geben.
Einige Software-Features werden gewürdigt
Dem Qu-Pac wurden vom Entwickler-Team der Qu-Serie auch die praktischen Funktionen der großen Geschwister nicht vorenthalten. Toll mitgedacht wurde zum Beispiel bei den Sicherheitsfunktionen, die mit einer aus der Computerwelt stammenden Benutzerrechte-Vergabe zu vergleichen ist. Einem Admin lässt man die volle Kontrolle über das Gerät, während einem normalen Benutzer nur eingeschränkten Zugriff auf bestimmte Regelmöglichkeiten gewährt. Dies bietet nicht nur Schutz vor grober Fahrlässigkeit bei der Bedienung, sondern lässt beispielsweise ein bestimmtes Routingsetup fixiert.
Auch ein schönes Software-Feature ist die Möglichkeit bei den Szenen-Speicherungen, mit denen man die gesamten Einstellungen des Pultes abspeichern kann, definierte Parameter unberührt zu lassen, in dem man beim Auslesevorgang bestimmte Features ausfiltert. Es lassen sich zum Beispiel die EQs eines Setups vor dem Überschreiben schützen. Dies ist sehr nützlich, wenn man beispielsweise bei einem Konzert unterschiedliche Effekt-Kombinationen für unterschiedliche Songs immer wieder schnell umschalten möchte, ohne dabei seine EQ-Bearbeitungen zu verlieren, die man im Laufe eines Konzerts erarbeitet hat. Oder es lassen sich die Faderstellungen schützen und nur FX und EQs überschreiben.
Markus Galla sagt:
#1 - 26.07.2015 um 08:18 Uhr
Ach, der Patric,
lang, lang ist sie her, unsere Zeit an der SAE. Schöner Test. Ob die iPad-/iPhone-Anbindung nun ein Killer-Feature ist, sei mal so dahin gestellt. Das macht die Konkurrenz schon seit Jahren mit großem Erfolg. Ansonsten bin ich gespannt, wie sich das Pult in dieser Preisklasse, in der sich auch PreSonus, Mackie und sogar noch 500€ drunter Behringer mit dem X32 Rack tummenln, schlagen wird.
Nick (Redaktion Recording) sagt:
#2 - 30.07.2015 um 09:46 Uhr
Redaktioneller Hinweis: In einer früheren Version dieses Tests wurden zwei Zusammenhänge angesprochen, die sich als nicht richtig herausgestellt haben. Ein Delay für das Kopfhörersignal lässt sich unter Setup einrichten, der Aufnamestart kann auch per iPad gesteuert werden, indem man Softkeys benutzt. Wir bitten dies zu entschuldigen.