PRAXIS
Es ist zunächst einfach mal faszinierend, wie gut sich der Allen & Heath Xone:92 MK2 anfühlt: absolute haptische Wohlfühlzone. Die Fader gleiten präzise und die leicht angerauten und mit Leuchtringen umrandeten Taster fühlen sich äußerst befriedigend an. Sie reagieren sofort mit einem vertrauenserweckenden dezenten Klicken und erinnern mich etwas an die Actionbuttons von Videospielautomaten, nur eben sehr viel präziser. Highscore-verdächtig! Außerdem sieht der Mixer einfach toll aus. Also auf in die Praxis.
Die fantastischen Vier
Allen & Heath hat die Einsatzfrequenzen des ikonischen 4-Band-Equalizers in den Kanälen leicht verändert. Griff der OG noch bei Low: 250 Hz / Low-Mid: 300 Hz / High-Mid: 2 kHz / High: 2,5 kHz zu, so setzt der MK2 bei Low: 220 Hz mit / Low-Mid: 320 Hz / High-Mid: 1,8 kHz / High: 2,4 kHz ein.
Bässe und Höhen boosten nach wie vor nur mit 6 dB und cutten komplett. Die Mittenbänder boosten ebenfalls mit 6dB, senken aber maximal 30 dB ab. Allen & Heath scheint mit den leicht abgesenkten Einsatzfrequenzen auf die hohe Basslastigkeit moderner Produktionen wie Rumble Techno zu reagieren. Kickdrum und Bassline lassen sich so noch ein wenig präziser shapen und separieren.
Die Filter-Sektion
Das ist eines der Prunkstücke der Xone-Serie: Die Kanäle werden über die zweite Reihe von Mini-Kippschaltern über den sehr leichtgängigen 60 mm langen Lautstärke-Fadern einem der beiden analogen Multimodefilter zugewiesen (1, off, 2). Tiefpass-, Bandpass- oder Hochpasskennung werden über drei leichtgängige Tastschalter mit amberfarbenem Leuchtring angewählt und mit einem Drehregler bedient.
Für dich ausgesucht
Über den Tastern finden wir noch einen Resonanzregler, der von „mild“ bis „wild“ geht und einen Schalter, um den Cutoff-Regler dem Crossfader zuzuweisen. Damit kann DJ dann Filter-Cutoffs auch mit dem Crossfader anstatt dem Drehregler cutten. Ist cool!
Der VCF-to-XFade „überschreibt“ dann auch den Drehregler, der keine Funktion hat, wenn VCF-to-XFade aktiviert ist.
Ebenfalls auf das Filter wirkt der LFO, dessen Geschwindigkeit eingetappt und per Knopfdruck verdoppelt werden kann. Der LFO ist der Filter-King, denn ist er aktiviert, hat wiederum der VCF-XFader nichts zu melden. Der Cutoff-Regler hingegen funktioniert und kann deutlich zum Klanggeschehen beitragen.
Was mir besonders gut an der „neuen“ Filtersektion gefällt: Die Übergänge zwischen den einzelnen Filtertypen gelingen viel organischer. Jeder A&H-DJ kennt das: Schaltet man unwillkürlich von Tiefpass und Hochpass um, ist je nach Stellung des Cutoff-Reglers schon mal die komplette Energie des Sounds weg. Der Xone:92 MK2 regelt das viel smoother weg.
Die Power der Zusatzkanäle
Obwohl die beiden zusätzlichen Kanäle über keine Filter verfügen, sollte man sie keinesfalls unterschätzen. Ihre 4-Band-EQs packen deutlich kräftiger zu als die 4-Band-EQs in den Kanälen 1 bis 4. Mit Einsatzfrequenzen von Low 60 Hz, Low-Mid 270 Hz, High Mid 2,7 kHz und High 12 kHz und einem Boost/Cut von +/-15 dB taugen sie viel mehr als die Kanal-EQs für kreatives Shaping.
Auch wenn der Xone:92 MK2 nicht über den parametrischen Mitten-EQ des Xone:96 verfügt, lassen sich hiermit Drum-Machines oder Synthesizer ähnlich effektiv bearbeiten wie an einem Studio-Mischpult. Da der linke Eingang auch als Mono-In fungiert, können wir hier Synthesizer mit Mono-Ausgang wie z. B. eine 303 anschließen.
Klassischerweise dienen sie im DJ-Betrieb jedoch ein FX-Return für ein Hardware-Effektgerät, das von den FX-Sends aus den Kanälen beschickt wird. Nun haben die Zusatzkanäle zu allem Überfluss ebenfalls zwei Aux-Sends. Theoretisch kann man so Feedback-Loops erzeugen. Es geht aber noch mehr: Man kann das anliegende Signal auch wohldosiert zu einem Speaker-System in einem anderen Raum senden oder zu Aufnahmegeräten wie beispielsweise eine Soundkarte oder einen Sampler.
Leider liegt bei den Zusatzkanälen kein kombinierter XLR/TRS-Eingang wie z. B. bei den Pioneer DJMs vor. Den alten Trick, den Kopfhörer als Mikrofonersatz in den Mikro-Eingang zu stecken und das Publikum anzufeuern, können wir also hier nicht bringen.
Ducking-Effekt
Übrigens: Nicht vergessen, die Kanäle mit den kleinen Metallkippschaltern zu aktivieren. Diese dienen auch dazu, einen momentanen Ducking-Effekt zu erzeugen: Bei gedrücktem Schalter dämpft das Signal des Extrakanals das Geschehen auf den vier Hauptkanälen. Braucht man das? O ja! Man kann damit nämlich herrlich herumspielen und momentane Effektzustände einpunchen! Siehe Audiobeispiele.
Der Mini-Kippschalter ist leider genauso klein und fest wie die Zuordnungsschalter für Filter und Crossfader und das macht das FX-Triggern nicht nur unpräzise, sondern auf Dauer auch schmerzhaft. FX-Paddles, wie man sie von Battlemixern wie Pioneer DJM-S7 oder Rane Seventy-Two MKII kennt, wären hier spitze. Aber dafür ist der XOne:92 MK2 wohl zu „Techno“.
Liveacts aufgepasst
Schon der Xone:92 OG war ein ganz hervorragender Mixer für Liveacts und der Xone:02 MK2 steht ihm in nichts nach. Vier Grooveboxen an den Hauptkanälen und zwei Effekte oder Synthesizer an den Returns angeschlossen, das Tempo wird über den rechten LFO eingetappt, der Start erfolgt mit der MIDI-Start/Stopp-Taste und etwaige Geschwindigskeitsanpassungen können mit dem MIDI-Temporegler vorgenommen werden. Natürlich kann man so auch eine Drummachine oder 303 zu Schallplatten synchronisieren.
Es ist nicht ganz einfach, allein mit dem Temporegler die Geschwindigkeitsanpassung an Schallplatten zu gewährleisten. Wenn die BPM einigermaßen stimmen, aber die 303 noch etwas schleppt, wären Nudge-Buttons zum kurzzeitigen Beschleunigen oder Verlangsamen der MIDI-Clock Gold wert. So müssen sich Hybrid-DJs allerdings mit einer Mischung aus LFO-Tempo-Tippen, Start und Stopp und kleinen Veränderungen mit dem MIDI-Temporegler behelfen. Da, wo andere Mixer auf die totale digitale Synchronisation setzen, hält Allen & Heath die alten Beatmatch-Schulwerte hoch. Ride the rhythm!
Lass doch mal hören!
In neun Audiobeispielen führe ich die Filter und die Equalizer vor. Als Audiomaterial dienen mir mal wieder einige der ca. 200 lizenzfreien geschlossenen Rillen des legendären Irrupt Audio Open Source Loops Doppel-Vinyls.
https://www.discogs.com/release/10170502-IRRUPT-Audio-Open-Source-Loops
Bei den drei ersten Beispielen spielt ein Drumloop und ich fahre erst mit Resonanzregler in der „mild“-Einstellung, dann noch einmal in der „wild“-Einstellung durch die Frequenzen. Beim vierten Beispiel gleite ich von Lowpass zu Bandpass zu Highpass und wieder zurück, was so geschmeidig mit dem Xone:92 OG nur schwer möglich wäre.
Beim fünften Beispiel nutze ich dafür einen Synthloop. In den Beispielen 6 und 7 zeige ich die Equalizer: erst den Bass, dann die tiefen Mitten, dann die hohen Mitten und schließlich die Höhen, danach noch etwas Freestyle.
Im achten Beispiel schraube ich mit EQs, Filtern und LFO an einem weiteren Synthloop. Und im neunten Beispiel zeige ich, wie man mit dem Ducker sehr effektiv die Effektanteile eines Ninja Tune Zen Delays in den Mix cutten kann.
Für wen ist das?
Diese Frage wird seit 20 Jahren in Tausenden Clubs und auf unzähligen Tech-Ridern an jedem Wochenende aufs Neue beantwortet: Wer einen Pioneer-Mixer bestellt, tut das wegen der eingebauten Effekte und dem gewohnten Handling, vielleicht auch wegen der Option, das DJ-Set via USB in die DJM-REC App auf dem Handy aufzunehmen.
Wer einen Allen & Heath bestellt, tut das wegen des durch und durch analogen Sounds, dem überlegenen Headroom, den 4-Band-Equalizern, den ausgezeichneten Filtern, den Aux-Sends, der MIDI-Clock-Funktionalität und sicher auch wegen der herrlichen Haptik.
Xone:92-Fans bekommen mit dem MK2 keine niegel-nagel-neuen Funktionen, sondern einfach das, was den originären Xone:092 ausgezeichnet hat, nur ein klein bisschen besser. So ähnlich vorsichtig hat auch seinerzeit die Firma Technics die jeweiligen Generationen ihres most iconic product upgegraded – und damit zu einer unsterblichen Club-Legende gemacht: den 1200er Turntable.
Und in dieser Liga darf man den Xone:92 MK2 problemlos einordnen. Wer die USB-Eingänge und zusätzlichen dedizierten Effektreturns des Xone:96 nicht benötigt, ist mit dem Xone:92 MK2 allerbestens bedient.
Allen & Heath Xone:92/96 Überblick
Produkt | Allen & Heath Xone:92 MK2 | Allen & Heath Xone:96 | Allen & Heath Xone:92 Anniversary Edition | Allen & Heath Xone:92 OG |
Farbe | Storm Grey | Silber | Silber | Silber |
Kanal-EQ Einsatzfrequenzen | HI 2,4 kHz (∞/+6 dB)HM 1,8 kHz kHz (-30/+6 dB)LM 320 Hz (-30/+6 dB)LO 220 Hz (∞/+6 dB) | HI 3 kHz (∞/+6 dB)HM 1,1 kHz (-30/+10 dB)LM 350 Hz (-30/+10 dB)LO 180 Hz (∞/+6 dB) | HI 2,4 kHz (∞/+6 dB)HM 1,8 kHz (-30/+10 dB)LM 320 Hz (-30/+10 dB)LO 220 Hz (∞/+6 dB) | HI 2,5 kHz (∞/+6 dB)HM 2 kHz (-30/+10d B)LM 300 Hz (-30/+10 dB)LO 250 Hz (∞/+6 dB) |
Mic/Line Kanal-EQ Einsatzfrequenzen | HI 12 kHz (-/+15 dB)HM 2,7 kHz (-/+15 dB)LM 270 Hz (-/+15 dB)LO 60 Hz (-/+15 dB) | HI 3 kHz (∞/+6 dB)MID 190 Hz – 2,75 kHz (-24/+10 dB Parametric)LO 180 Hz (∞/+6 dB) | HI 12 kHz (-/+15 dB)HM 2,7 kHz (-/+15 dB)LM 270 Hz (-/+15 dB)LO 60 Hz (-/+15 dB) | HI 12 kHz (-/+15 dB)HM 2,7 kHz (-/+15 dB)LM 270 Hz (-/+15 dB)LO 60 Hz (-/+15 dB) |
Return-Kanäle | 2 | 4 | 2 | 2 |
Baujahr | 2024 | 2018 | 2024 | 2004 |
Preis | 1.699,- Euro | 1.999,- Euro | 1.849,- Euro | n/a |
VIDEO
Wie grandios das neue Filter des Xone:92MK2 in Kombination mit dem LFO klingt, zeige ich in diesem Video. Beteiligte Klangquellen sind mehrere Loops von den Irrupt Audio Open Source Loops, ein Cyclone Bassbot TT-303 MK2 und ein Ninja Tune Zen Delay.
Wie ihr hören könnt, muss ich mich ganz schön abmühen, um das MIDI-Timing der 303 mit dem Tempo-Adjust-Regler des Xone:92MK2 einigermaßen in den Griff zu kriegen.
Hybrid DJ-/Liveact mit dem Allen & Heath Xone:92 MK2