Allen & Heath Xone:DB4 Test

Praxis

Der Xone:DB4 hat es in sich und das im wahrsten Sinne des Wortes. Präsentiert sich die neue Wunderwaffe von Allen & Heath auf den ersten Blick als grundsolider 4+1-Kanal Mischer, beginnt schon mit der Klangregelung das digitale Wunderland – wo zwar ganz viel Milch und Honig fließen, aber auch manches Schlagloch lauert. Wer beispielsweise an einem Abend unvorbereitet auf den DB4 trifft, sollte tunlichst darauf achten, dass er nicht aus Gewohnheit beherzt in den EQ greift, wenn diese noch im Filter-Modus stehen. Denn auch wenn die beleuchteten Poti-Köpfe einen eindeutigen Farbcode haben: Weiß man nicht was er bedeutet, hilft nur der Blick auf den Kippschalter und den kann man im Eifer des Gefechtes auch schnell mal übersehen.

Hat sich der DJ hingegen mit der höchst flexiblen Eingangsmatrix, der umschaltbaren EQ-Sektion, dem Looper und der Effekt-Sektion vertraut gemacht, dringt er mit dem DB4 in mixtechnische Extremregionen vor, die er sonst nur unter Zuhilfenahme eines Rechners erreichen könnte. Die Möglichkeiten sind dermaßen vielfältig, dass es sich empfiehlt, erst einmal zu überdenken, welches Ziel eigentlich angepeilt wird: So stehen allein drei Instanzen zur Verfügung (Klangregelung im Filter-Modus, Kanal-Effekt, Filter-Sektion), um Filterfahrten zu realisieren. Wenn man dann noch das gleiche Eingangssignal auf zwei Kanäle routet, ihm unterschiedliche Filtereinstellungen gibt, um schließlich mit dem Crossfader zwischen beiden blendet, ist man ziemlich schnell bei ganz großem DJ-Kung-Fu angelangt.

Mit der Looper-Sektion lassen sich per Fingertipp Phrasen verlängern oder effektvolle Mini-Breaks inszenieren. Besonders vom temporären Jam-Roll-Modus geht eine nicht zu unterschätzende Übertreibungsgefahr aus.

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Jamrolls 1 Jamrolls 2

Um das Novum des Samplers voll auszuspielen – er kann nämlich während einer Schleifenwiedergabe aufzeichnen – hätte ich mir noch eine Tastenkombination gewünscht, die einen temporären Loop in einen permanenten Loop verwandelt. Die Effektsektion liefert über alle neunundvierzig Programme hinweg schlicht erste Klasse ab: Besonders die Hall- und Delay-Programme bewegen sich auf allerhöchstem Niveau und ich würde sie ohne zu zögern auch im Studio auf Solo-Instrumente und Gesang einsetzten.

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Hall 480

Die Möglichkeit, den Mikro-Kanal auf den ersten Musik-Kanal zu routen erweist sich als ungemein praktisch, denn so kann man auch einen vokalen Gastbeitrag mit der Effektsektion veredeln. Womit ich direkt bei einem Kritikpunkt angelangt wäre: Die Auswahl der internen Algorithmen ist praxisgerecht und von allerfeinster Qualität. Da aber die gesamten Effekte von Grund auf neu programmiert wurden, hätte ich mir vom Entwicklerteam ein bisschen mehr Kreativität in Hinblick auf die Zielgruppe der DJs gewünscht. Irgendwie vermisse ich hier Audio-Verwurster vom Schlage eines Native-Instruments Beat-Mashers oder Reverse-Grain. Also – ihr da, bei Allen & Heath, im hübschen englischen Cornwall. Bitte beim nächsten Firmware-Update ein paar Buffer-Sauereien, etwas Granular-Geschredder und eine Prise Glitch-Pampe im Bereich der Effekte dazu legen.
Die Audioqualität des Gesamtsystems ist in meinen Augen als tadellos zu bewerten. Mit einem gigantischen Headroom von 26 dB pro Kanal ist es nahezu unmöglich, den Mixer pegeltechnisch zu überfordern. Die Klangregelung packt in allen drei Modi (EQ, Filter, Isolator) bestimmt, aber niemals harsch oder schrill zu. Und auch die Dual-Filter-Sektion wird ihren legendären analogen Vorbildern aus eigenem Haus absolut gerecht. Betreibt man den DB4 im Rechner-Verbund als Soundkarte, beeindrucken die ausgereiften Audiotreiber, welche Allen & Heath seit jeher für alle Audio-Wandler bei den Treiber-Spezialisten von Ploytec programmieren lässt. Ich konnte den Clubmixer im Test, bei laufender Audiowiedergabe durch Traktor, aus- und wieder anschalten. Nach wenigen Sekunden setzte die Software-Wiedergabe ohne zu murren an der Stelle fort, wo sie zuvor so unsanft unterbrochen wurde. Sogar durch einen Factory-Reset im laufenden Betrieb ließ sich kein Absturz provozieren. Auch das Thema Latenz sollte in Anbetracht von einer Millisekunde unter Traktor Pro auf einem Apple MacBook Pro (Core i5 2.53 GHz) nicht unerwähnt bleiben.

Verbesserungspotenzial sehe ich hingegen in der Datenverwaltung via USB-Stick: Sicherlich ist die Möglichkeit, Routing-Einstellungen und weitere Parameter, wie Kopfhörer- und Booth-Lautstärke abspeichern zu können ziemlich praktisch. Ich würde mir aber für zukünftige Firmware-Updates wünschen, auch Filter- und Effekt-Einstellungen – also gewissermaßen komplette Snapshots des DB4 – auf dem Datenträger verewigen zu können. Und wo wir schon bei meiner persönlichen Wunschliste sind: Derzeit vermisse ich auch noch eine Option, einzelne Klang-Sektionen via Menüsteuerung deaktivieren zu können, damit sich im Controller-Betrieb die Equalizer von Audiosoftware und DB4 nicht überschneiden. Im Übrigen bietet der zum Lieferumfang gehörende, formschöne Rucksack genug Platz für Mixer und Notebook während einer Reise.

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