Die Dynamik innerhalb unseres Bassspiels ist ein entscheidender Beitrag zum persönlichen Groove – und somit letztendlich zum Groove der ganzen Band. Mehr Gründe für einen Bass-Workshop zum Thema „Dynamik beim Bassspielen“ braucht man wohl nicht! Leider gibt es bei diesem Thema häufig Verbesserungsbedarf. Den folgenden alten Musikerwitz kennt sicher jede(r) Musiker:in: „Sagt der Bassist zum Gitarristen: ‚Spiel doch endlich mal dynamischer!’. Der Gitarrist antwortet: ‚Ja, wie denn? Ich spiel doch schon so laut ich kann!’” Obwohl dieser Kalauer schon einen langen Bart hat, steckt in ihm immer noch viel Wahres: Das wahre Potenzial des dynamischen Spiels bleibt nämlich nach wie vor häufig auf der Strecke!
Dynamik beschreibt hauptsächlich das Verhältnis zwischen „laut“ und „leise“ in der Musik. Es betrifft zwar noch andere Aspekte, wie z. B. „viel“ und „wenig“ etc., diese sind für den heutigen Workshop aber weniger interessant. Dynamik sorgt in erster Linie für Spannung: Wäre die Musik immer gleich laut, wären alle Zuhörer schnell gelangweilt. Aber die Dynamik ist auch für vieles mehr verantwortlich, denn erst durch Dynamik entsteht der so wichtige Puls und somit das „Leben“ in der Musik! Das Wichtigste dabei ist, dass man bei seinen Basslines nicht etwa zufällig und willkürlich Töne lauter oder leiser spielt, sondern dass man jederzeit die Kontrolle über die Dynamik des eigenen Bassspiels hat.
Dynamik beim Basspielen – Akzente
Jede(r) hat ja einen favorisierten Finger der Anschlagshand beim Wechselschlag: Entweder der Zeige-, oder der Mittelfinger. Mit diesem sogenannten „Führungsfinger“ beginnt man gerne und spielt auch bevorzugt betonte Noten. Diese werden Akzente genannt und im Notentext mit dem Symbol „<“ dargestellt.
Bei den folgenden Übungen ist es daher wichtig, dass man sie mit konsequentem Wechselschlag spielt und dabei stets mit seinem Führungsfinger beginnt. Auf diese Weise fallen dann nämlich zwangsläufig auch mal Akzente auf den schwächeren Finger. Unterm Strich sind die Übungen also auch gut, um den eigenen Wechselschlag zu trainieren.
Und noch einen weiteren Aspekt trainieren wir gleich mit: Unseren musikalischen Puls bzw. unser Timing. Ihr werdet beim Üben feststellen, dass es gar nicht so leicht ist, unbeirrt den Takt mit dem Fuß zu klopfen oder zu zählen, wenn man z. B. Akzente auf die zweite oder vierte Sechzehntel spielt. Und das ist genau der Punkt: Unabhängig vom Puls oder anderen musikalischen Faktoren jederzeit Kontrolle über unsere Dynamik zu haben und unabhängig von Akzenten in der Musik felsenfest unseren Puls weiter zu empfinden. Daher nicht vergessen: Beim Üben sollte unbedingt immer mitgeklopft oder mitgezählt werden – es lohnt sich!
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Dynamik beim Basspielen – Mehr Unabhängigkeit und Kontrolle
Um noch unabhängiger zu werden, mischen wir das Ganze etwas durch und betonen jede erste Sechzehntel einer Dreiergruppe. Dies kommt zum einen sehr häufig in der Praxis vor, zum anderen fallen dabei Akzente auf jeden Finger:
Nun verbinden wir diese Akzente mit Melodik und Lagenwechsel, so wie es „im echten Leben“ vorkommen könnte. Das hebt die Sache auf ein anderes Level, wirkt aber auch Wunder für unseren Groove. Übertragen wir zur Übung einmal unsere Akzente auf eine Tonleiter – so könnte das dann aussehen:
Dynamik beim Basspielen – gibt es Richtlinien für Akzente am Bass?
Wann und wie Töne leiser oder lauter gespielt werden, hängt sehr stark vom musikalischen Kontext ab. Allgemeingültige Regeln gibt es eher nicht. Auf ein Phänomen möchte ich aber dennoch eingehen, denn dieses zieht sich durch sämtliche Stilistiken und geht daher auch schon fast als „Regel“ durch: Das Vorziehen (auch: „Antizipieren“) von Zählzeiten.
Nehmen wir als Beispiel einen 4/4-Takt: Die Viertelpulsschläge besitzen mehr Energie als die Schläge dazwischen, je nach Unterteilung können dies z. B. Achtel, Sechzehntel oder Triolen sein. Um eine Art „Beschleunigungseffekt“ zu erzielen, kann man die Viertelpulsschläge vorziehen. Die Energie wandert mit und wird auf den vorher unbetonten Schlag übertragen. Solche kleinen Details können einen gewaltigen Unterschied ausmachen, wenn alle Bandmitglieder sich dessen bewusst sind und alles musikalisch gekonnt umsetzen.
Hier sieht man das anhand einer Unterteilung in Sechzehnteln:
Dynamik beim Bassspielen – Praxis-Beispiele
Nun habe ich noch ein paar Beispiele aus der Praxis für euch. Zunächst betonen wir zusammen mit den Toms die erste Note einer Achtel-Dreiergruppe. So oder so ähnlich hört man dies in vielen Rocksongs:
Im nächsten Beispiel wird die Zählzeit 1 des zweiten Taktes um eine Achtel auf die 4+ des vorangegangenen Taktes vorgezogen. Folglich erhält diese 4+ die Energie der Zählzeit 1.
In diesem Funkgroove verkleinert sich das Raster auf Sechzehntel, das Prinzip bleibt aber gleich. Der Puls wird betont – wird dieser antizipiert, so wandert die Energie mit nach vorne.
Dynamik beim Basspielen – Dynamik im Stile von Jaco Pastorius
Ein hervorragendes Beispiel dafür, wie Dynamik einen Groove zum Leben erwecken kann, zeigt uns ‑ wie schon so oft – das Spiel der Basslegende Jaco Pastorius. Gerade seine typischen Sechzehntel-Funkgrooves strotzen vor vielen kleinen Akzenten, welche bestimmte Noten hervorheben ‑ teils aus melodischen, teils aus rhythmischen Gründen. Der folgende Groove zeigt ein paar Ansätze, wie Jaco Dynamik in seinen Basslines genutzt hat:
Viel Spaß mit diesen Übungen und bis zum nächsten Mal,
euer Thomas Meinlschmidt