Praxischeck des AlphaTheta XDJ-AZ
Imposant thront der AlphaTheta XDJ-AZ auf meinem DJ-Tisch und blinkt mich erwartungsfroh an. Die Sticks sind gesteckt, die Finger geleckt, also ran an den Speck.
Feel: Endlich fühlt sich eine all-in-one Standalone-Konsole
… wirklich fast genauso an wie ein Standard-Clubset. In der Mixersektion ist alles dort, wo der DJ es erwartet und auf den beiden Playersektionen ist alles so, wie ich es mir auch auf einem CDJ wünschen würde. Das Display ist wunderbar klar, hell und präzise und zeigt alle notwendigen Informationen zu den Player-, Mixer- und Effekteinstellungen. Luxus pur.
Wenn man mit den Fingernägeln unter die Hartplastikkante der Umrandung greift, dann merkt man schon, dass dieses Schlachtschiff auch ein wenig Plastikbomberflair mit an Bord hat. Irgendwo muss das relativ geringe Gewicht ja auch herkommen. Das absolute Profi-Feeling der Oberfläche wird dadurch aber überhaupt nicht getrübt.
Touchscreen des AlphaTheta XDJ-AZ
Im Browser finden wir nicht nur unsere Play-Listen, sondern können auch in die Preview-Wellenform tippen und so direkt abhören, wenn der Link Cue Button über den Kopfhörerreglern gedrückt ist. Sehr schön.
Die Playlist-Page weist als zusätzliches Feature vier Bänke auf, denen wir die gerade angewählte Playlist zuordnen, um schnell wieder darauf zugreifen zu können.
Für dich ausgesucht
Apropos schnell: Der Touchscreen ist sehr responsiv, die Darstellung superschnell.
Auf dem Display werden zwei große und zwei oder vier kleine Wellenformen dargestellt sowie alle weiteren relevanten Informationen zu den geladenen Tracks und angewählten FX. Ebenso können Funktionen wie die Darstellung von zwei oder vier Minidecks und Single/Continue angewählt sowie Smart Cue, Auto Hot Cue und Auto Cue aktiviert werden.
Links neben den beiden großen Deckanzeigen finden wir Angaben über die Quelle (z. B. USB-Slot oder rekordbox (Laptop), die analysierte Tonhöhe des Stücks (Key). Der Browser zeigt bis zu 13 Titel gleichzeitig an, die Schriftgröße kann in drei Stufen vergrößert werden, dann werden nur noch 11 Titel angezeigt.
Vier auf einen Streich
AlphaTheta XDJ-AZ kann vier Decks von einem Stick bedienen. Das Umschalten der Kontrollelemente Jogwheel, Performance-Pads und Pitchfader zwischen Deck 1 und 3 bzw. 2 und 4 erfolgt mit großen unübersehbaren Buttons über den Jogwheels. Anders als bei anderen Controllern wie z. B. Traktor Kontrol S4, wird der Betrieb der Decks 3 und 4 allerdings nicht mit einer anderen Jogwheel-Farbe signalisiert. Hier ist Obacht geboten und ich würde mir wünschen, dass AlphaTheta diese Option mit einem Firmware-Update nachreicht.
Ebenfalls wäre es hilfreich, wenn der XDJ-AZ alle vier Wellenform im Display groß darstellen würde, so wie das beispielsweise der Denon Prime 4+ macht. Immerhin lassen sich auf Wunsch alle vier Decks im unteren Display-Drittel als Mini-Waveform darstellen, wenn diese Option in Menü/Display/Overall Waveform Display auf „4 deck“ angewählt wird.
Performance Pads
Die acht großen hintergrundbeleuchteten Performance-Pads wählen nicht nur die acht Hotcues an. Jede der vier Funktionstasten hat eine Doppelfunktion. Gate Cue, Beatloop, Slip Loop, Beat Jump – diese Funktionen sind bekannt. Die weiteren Funktionen werden mit einem weiteren Druck auf die jeweilige Taste angewählt. Gate Cue entspricht eigentlich Hotcue, nur wird hier das Stück nur solange abgespielt, wie das Pad gehalten wird, ähnlich dem normalen Cue-Button. Soll das Stück weiterspielen, muss bei gehaltenem Gate Cue noch die Play-Taste gedrückt werden.
Beat Loop 2 bringt lange erwartete „schräge“ Loop-Größen mit sich: 3/4-Beat, 3/2 Beat und Loops mit 3, 5, 6, 7 und 9 Beats. Wunderbar, um einem rhythmisch verschobenen Beat über einen gerade Loop zu mixen.
Key Shift erlaubt ein intuitiveres Pitchen der Tonhöhe eines Tracks. Das geht in Halbtonschritten auch über den Touchscreen, aber mit den Menüvorschlägen +7, +12, -5, -12 springt man schnell mal eine Quinte oder Oktave hoch bzw. eine Terz oder Oktave runter. Halbtonschritte gehen natürlich auch. Checkt die Audiobeispiele.
Beat Jump 2 schließlich erweitert die etwas mickrigen maximalen vier Beats pro Beatjump auf 8, 16, 32 und 64 Beats vor und zurück. In achttaktigen Schritten durch den Track stürmen, das kann manchmal sehr nützlich sein. Diese Doppelfunktionen stehen übrigens nicht im rekordbox-Software Kontrollmodus zur Verfügung.
Die Pads sind groß, sehr responsiv und erlauben in Verbindung mit Gate Cue sogar Fingerdrumming.
Den Überblick über die jeweiligen Modi behält man mit der jeweiligen recht kleinen Infospalte zwischen den großen und kleinen Wellenformen auf dem Hauptdisplay. Noch intuitiver aber ist das Info-Feld im Jogwheel-Display, das per Doppelklick mit dem Shift-Regler aufgerufen werden kann.
Effekte
Die Beat-FX-Sektion entspricht exakt der des Pioneer DJ DJM-A9. Mit den drei FX-Frequency-Schaltern werden Bässe, Mitten und Höhen aus dem Effektweg entfernt, mit acht blau hintergrundbeleuchteten Schaltern wird der Beat-Effekt entweder einem der vier Kanäle, den beiden Mikrofonen, dem Crossfader (links/rechts) oder dem Master zugeordnet. Hier muss man null umdenken und kann ganz dem Club-Workflow folgen.
Multi-Device-Support
Ich sehe den AlphaTheta XDJ-AZ natürlich erst einmal als den langerwarteten 4-Deck standalone Player für rekordbox USB-Sticks, aber der kann noch so viel mehr. Natürlich können weitere Player oder Turntables via Line oder Phono angeschlossen werden.
Das Teil ist kompatibel zu rekordbox und Serato DJ Pro (ab Dezember 2024), wenn man einen Laptop über ein USB-C-Kabel anschließt. Ganz hervorragend geeignet für das Erstellen von Hot Cues und Loops, die dann bei der nächsten Synchronisation auf dem USB-Stick landen und in den Club mitgenommen werden können. Völlig losgelöst spielt der XDJ-AZ über CloudDirectPlay (rekordbox) und StreamingDirectPlay (Beatport).
Dafür braucht es einen großen Buffer und das bringt uns zu einem weiteren verblüffenden Feature: Wenn ihr den USB-Stick abmeldet (was superschnell geht), dann sind noch alle Tracks in ihren Decks und können gespielt werden. Es erklingt also nicht einfach nur ein Emergency-Loop, wenn der Stick irrtümlich herausgezogen wurde. Ihr könnt die letzten vier Tracks eures Sets spielen, wenn der Stick schon längst nicht mehr im Gerät steckt. Ich finde das klasse.
SonicLink beim AlphaTheta XDJ-AZ
Fast latenzfrei. „Fast“ bedeutet laut AlphaTheta ca. 9 Millisekunden, ca. 20-mal schneller als Bluetooth. Scratch DJs dürfte das immer noch zu viel Latenz sein, denn Zero Latency ist tatsächlich (derzeit) nur per Kabel möglich.
Zum Vorhören und Sync-unterstütztes Mixen erscheint die sehr geringe SonicLink-Latenz allerdings völlig ausreichend. Und die Kopfhörerbuchsen sind auch im Wireless-Modus nach wie vor aktiv, so dass dort ein weiterer Kopfhörer angeschlossen sein kann, für besonders latenzkritische Mixes oder einfach für B2B-DJs.
USB-Verbindung wie gehabt?
Ja, immer noch keine Anschlüsse für USB-C-Sticks. Aber ich denke, jeder DJ wird das begrüßen, so lange im Club immer noch Player mit dem Typ-A-Standard zu finden sind. Neulich habe ich mit „steinzeitalten“ CDJ-900 spielen müssen und trotzdem haben meine rekordbox-formatierten USB-Sticks funktioniert. Pioneer DJ respektive AlphaTheta würde sich (und uns) keinen Gefallen tun, diesen Standard zu brechen. Und ich kann mir tatsächlich vorstellen, dass die Transition zu USB-C-Drives eine echte Herausforderung für die Firmenphilosophie ist. Dass der Anschluss für den Computer natürlich in USB-C ausgeführt ist, verdeutlicht, dass AlphaTheta einfach pragmatisch handelt.
Many new Cues beim AlphaTheta XDJ-AZ
Smart Cue ist neben Auto Cue und Auto Hot Cue ein weiterer kleiner Helfer zum Markieren einer Position im Track und weist den aktuellen Cue-Punkt automatisch dem letzten gedrückten Hotcue zu. Kann man abschalten, aber ich finde das mega-praktisch.
Link Cue
Link Cue ist kein weiterer Hotcue, sondern eine innovative Vorhörfunktion für den Kopfhörerweg. Aktiviert erlaubt Link Cue das Vorhören von Tracks im Playlist-Browser, indem man mit dem Finger auf die Waveform fasst. Und darüber hinaus auch das Vorhören bei bereits spielenden Tracks, um z. B. zu prüfen, ob sich das Ende des Tracks gut rausmixen lässt. Dabei fassen wir mit dem Finger auf die Miniwellenform und können „in die Zukunft lauschen“, ohne dass der laufende Track unterbrochen wird. Genial.
Tipp
Noch ein Cue-Tipp: Wenn ihr einfach nur eine Playlist durchhören wollt, ohne ständig nachladen zu müssen (um z .B. zu Hause Hotcues zu setzen), könnt ihr ganz oben auf dem Hauptbildschirm von „Single“ auf „Continue“ schalten und „A.Cue“ deaktivieren. Schon wird die Playlist der Reihe nach durchgespielt.
Hier gibt’s was auf die Ohren
In den folgenden Audiobeispielen zeige ich die Möglichkeiten, die sich mit den Keyshift und Beatloop 2 Programmen der Performance-Pads anbieten. Beispiel 3 zeigt die fünf verschiedenen Stufen des Vinyl Speed Adjust Effekts.
Schließlich noch die sechs Color FX, jeweils erst mit dem bipolaren Color FX-Regler nach links und dann nach rechts gedreht. Parallel dazu drehe ich auch den Color FX-Parameter-Regler erst nach links und dann nach rechts. Für die Beat FX verweise ich auf die Audiobeispiele des Pioneer DJ DJM-A9 Mixers, die Effekte sind identisch.
(Musik: KI-generiert, lizenzfrei)
Streaming
Streaming ist derzeit nur via CloudDirectPlay (rekordbox) und StreamingDirectPlay (Beatport) möglich. Das klingt nach einem Nachteil, aber zumindest in meinem Club-Umfeld verwenden einfach alle DJs rekordbox-USB-Sticks. Das ist der Quasi-Standard und ebenso wie USB-Sticks mit Typ-A-Stecker wird das wahrscheinlich noch eine ganze Weile so bleiben. Mobile Hochzeits-DJs bleiben hier womöglich auf der Strecke, aber für die gibt es sehr viele andere Optionen. Mit dem XDJ-AZ bedient AlphaTheta meiner Meinung nach vor allem alle Club-DJs, die eine große Standalone-Konsole mit vier Kanälen für Zuhause suchen.
Für wen ist das?
AlphaTheta geben uns endlich das all-in-one Standalone-Pendant zum in quasi allen Clubs vorhandenen Pioneer DJ-Clubset. Der Pioneer DJ Opus Quad wird als UVP mit 3.299,- Euro aufgeführt, man erhält ihn aber mittlerweile zu einem Straßenpreis von unter unter 3.000,- Euro.
Mobile DJs fahren mit dem Opus Quad besser. Die womöglich letzte große Konsole unter dem Pioneer DJ-Banner passt mit Features wie zusätzlichem Zone-Output und mehr Streaming-Vielfalt und dem optisch besonders auffälligen Look gut in das Mobile DJ-Profil.
„Mehr Pioneer DJ“ ist allerdings der mittlerweile unter dem neuen Banner AlphaTheta segelnde XDJ-AZ, der ein aktuelles Club-Standard-Set fast identisch abbildet und fast keinerlei Eingewöhnungszeit benötigt. Wer’s nicht ganz so dicke braucht, ist womöglich immer noch mit dem grundsoliden Pioneer DJ XDJ-RX3 gut bedient. Tourende DJs, die es superkompakt brauchen, schauen sich den AlphaTheta DDJ-FLX2 an.
Denon-Fans werden zu Recht darauf hinweisen, dass ein Denon DJ Prime 4+ (zum Test) schon lange standalone mit vier Decks abliefert, mehr Anschlüsse aufweist, eine interne SSD unterstützt, zur Steuerung von DMX und Smart-Lightning genutzt werden kann, ein schickes, klappbares Display an Bord hat und außerdem einen runden Tausender günstiger ist. Aber was nützt es: Der Mediaplayer-Clubstandard wird nun mal von Pioneer DJ/ AlphaTheta definiert.
Streaming?
DJs, die stark auf Streaming-Services setzen, dürften vom XDJ-AZ vielleicht erstmal enttäuscht sein, denn der unterstützt (bislang?) nur CloudDirectPlay (rekordbox) und StreamingDirectPlay (Beatport). Es bleibt abzuwarten, welche weiteren Services noch dazukommen werden.
Das Pioneer Standard-Setup, bestehend aus CDJ-3000 und DJM-A9, wird der XDJ-AZ in den Clubs nicht ersetzen. Hier müssen Player und Mixer je nach Bedarf der DJs flexibel positioniert, ausgetauscht und bei Defekt schnell ersetzt werden können. Für eine Bar mit geringem Platzangebot in der DJ-Booth, einen mobilen DJ oder ganz luxuriös für zu Hause ist der XDJ-AZ jedoch ab sofort die erste Wahl im rekordbox-Biotop.
Ich persönlich bin jedenfalls wunschlos glücklich.
AlphaTheta XDJ-AZ – mögliche Alternativen
Produkt | AlphaTheta XDJ-AZ | Pioneer DJ Opus Quad | Pioneer DJ XDJ-RX3 | Denon Prime 4+ |
Standalone-Kanäle | 4 | 4 | 2 + Aux | 4 |
Engine | Rekordbox | Rekordbox | Rekordbox | Engine DJ |
Streaming Plattformen | rekordbox Cloud, Beatport | Dropbox, Beatport, Beatsource, Tidal, Soundcloud, Amazon | ||
Zone Output | nein | ja | nein | ja |
Extra Feature | SonicLink | Elegantes Design | Aux-Input (Line/ Smartphone) | DMX und Smart Lightning-Steuerung |
Preis | 3.299,- Euro | 2.975,- Euro | 1.999,- Euro | 2.029,- Euro |