Praxis
Und genau mit der möchte ich meinen Praxisteil eröffnen. Da sich die Schnellanleitung über das Thema Treiberinstallation ausschweigt, klemme ich das Pult einfach mal auf gut Glück an meinen Rechner und hoffe, dass es sich als klassenkompatibles Interface zu erkennen gibt. Und tatsächlich! Mein braves, unter Windows 7 dienendes Asus-Hündchen (i7, 8GB-RAM) installiert Verbundgerät, Codec und Eingabegerät. Der Blick in die Voreinstellungen zeigt im Anschluss, dass sich dort sowohl Wave- als auch DirectX-Treiber eingeklinkt haben. In Ermangelung von ASIO-Treibern ist die Latenz natürlich miserabel. Bei Verwendung der Wave-Treiber muss ich die Ein- und Ausgangsverzögerung auf epische hundert Millisekunden raufschrauben, um einen stabilen Audiostrom zu erzielen. Unter DirectX geht es auch mit der Hälfte, nämlich fünfzig Millisekunden. Gut, man muss natürlich dazu sagen, dass diese Werte in Anbetracht der möglichen Einsatzszenarien (Zuspielen von Audiomaterial in Konzertpausen, Mitschneiden von Auftritten) als unkritisch zu bezeichnen sind und ein Punktabzug an dieser Stelle ungerechtfertigt scheint. Ich wünsche mir dennoch der guten Form und Performance halber in naher Zukunft ASIO-Treiber.
Klanglich leisten die Wandler ganze Arbeit und produzieren ein einwandfreies Bild. Und wo ich den USB-Eingang schon mal via Schiebeschalter auf die frontseitigen Kanäle 23 und 24 adressiert habe, will ich dem Kanal-EQ direkt mal einen Testlauf gönnen. Doch Moment, als digitale Eingangsquelle steht mir in der DAW ja nur der Mikrofon-Codec zur Verfügung. Entsprechend wird das Summensignal hier über alle Maßen verstärkt und selbst Pegelspitzen von -30 dB auf der Stereoschiene führen am Audio-In bereits zu Clipping. So wird das natürlich auch nichts mit dem Saalmitschnitt und ich vergebe dann doch den halben Minuspunkt, zumindest solange keine vernünftigen Treiber bereitstehen. Notgedrungen wähle ich den analogen Klangpfad, um den Kanal und den Summen-Equalizer zu erproben. Hier hellt sich meine Miene wieder auf, denn die EQs erweisen sich mit einer Amplitude von +/- 15 dB als ebenso zupackend wie effektiv.
Und da die Effektabteilung nur ein Stockwerk über dem Summen-EQ sitzt, begebe ich mich direkt weiter zu Klangveredelung. Laut Hersteller verrichtet hier ein DSP samt FX-Programmen von Alesis seinen Dienst, was zumindest eine ordentliche, wenn nicht sogar sehr gute Qualität vermuten lässt. Sechzehn Programme stehen zur Auswahl und decken das „typische“ Spektrum ab: Hall, Delay und Modulation (Flanger/Chorus). Mittels eines gerasterten Parameter-Potis kann ich die Algorithmen in sechzehn Schritten modifizieren, also beispielsweise die Hall-Dauer oder Delay-Rate. Generell ist gegen so eine Abstufung nichts einzuwenden, für das BPM-synchrone Timing eines Delays ist sie allerdings zu grob gerastert.
Auffällig ist, dass bei jeder Änderung, egal ob Programm oder Parameter, ein Relais hörbar den Audiostrom unterbricht. Die Idee dahinter ist klar: Es gilt zu verhindern, dass nerviges Knacksen beim Umschalten auf die Saal-PA gelangt. Allerdings wirkt das auf mich nicht mehr ganz zeitgemäß, denn durchgängig alle Effektgeräte, die ich in letzter Zeit auf dem Studiotisch hatte, schaffen problemlos das knackfreie Interpolieren zwischen unterschiedlichen Programmen. Tatsächlich erweisen sich die ungefähr einsekündigen Aussetzer als extrem kontraproduktiv, wenn es darum geht, einen Effekt „feinzutunen“. Spätestens hier ziehe ich erneut die „Halber-Minuspunkt-Karte“. Dazu kommt, dass es aufgrund der doch recht kleinen Beschriftung stellenweise schwerfällt, zu identifizieren, welches Effektprogramm man gerade angewählt hat. Klanglich habe ich jedoch nichts auszusetzen, denn die Programme machen einen anständigen Job – allerdings hörbar darauf getrimmt, „im grünen Bereich“ zu bleiben. Radikale Klangeingriffe sind so natürlich nicht möglich, aber das ist ja (eigentlich) auch nicht die Aufgabe des Saalmischers.
Zu guter Letzt wende ich mich den Einzelkanälen zu. Mit dem Gain-Poti lassen sich die Eingangsverstärker bis zu einer Leistung von 50 dB aufreißen. Die Messung des Frequenzgangs bestätigt, dass das Audiomaterial ohne irgendwelche Abweichungen beim Equalizer landet. Hier ist pro Band ein Pegelhub von 15 dB abrufbar, wobei das semi-parametrische Mittenband im weiten Bereich von 100 Hz bis 8 kHz durchstimmbar ist. Flankiert von den beiden Festfrequenz-EQs (High: 12 kHz, Low: 80 Hz) können damit gröbere Sound-Entzerrungen sehr gut erledigt werden. Allein für aufwendigere Bearbeitungen ist die dreibandige Konzeption dann doch ein wenig unterdimensioniert, was sich im Zweifel allerdings durch einen EQ-Insert sehr gut kompensieren lässt.
Nicht so einfach lässt sich allerdings dem Szenario begegnen, das entsteht, falls die vier Aux-Wege einmal nicht reichen sollten. Und das ist erfahrungsgemäß relativ schnell der Fall („Können wir dem Neil am Bass nicht doch noch einen Monitor dazu stellen – der hört sich wieder einmal nicht“). Gut also, dass sich alle Kanäle über den rückseitigen Direct-Out abgreifen lassen. Veranstalter, die eine Festinstallation des Alto planen, sind hier also gut beraten, eine Patchbay gleich mit einzubuchen.