Hardware-Enthusiasten dürfte es ein kleines Lächeln ins Gesicht gezaubert haben, als AMS Neve zur NAMM 2020 die Neuauflage des AMS RMX16 ankündigte, einer der Digital-Reverb-Legenden der 80er-Jahre.
Dass Gear der 80er „in“ ist muss nicht weiter erörtert werden, im Billigsektor hat sich hier ja vor allem Behringer hervorgetan. Angefangen bei frechen kleinen Synths bis hin zu Softwareklonen mit Controller (etwa das 2290 unter dem TC-Electronic-Label): Kopieren statt innovieren ist angesagt. Ach, und TC gehört ja zu Musictribe und damit zu Behringer, genau wie Neve und AMS einst separat waren und später zu Siemens wechselten.
Details
Clone Wars
Dass eine „gesetzte“ Firma wie AMS Neve im „Reissue Business“ mitmischt, überrascht zunächst. Allerdings gab es bereits vor ein paar Jahren eine RMX16-Neuauflage als Plugin in Zusammenarbeit mit Universal Audio und deren UAD-2-Plattform. Die Algorithmen waren somit dem verstaubten Archiv entnommen und auch bereits für Shark-DSPs portiert – warum das Ganze nicht in schicke Hardware packen?
Gesagt, getan, jedoch setzt AMS Neve nicht auf ein gewöhnliches 19-Zoll-Gehäuse, sondern nutzt den – für solche Geräte eher ungewöhnlichen – API-500er-Standard. Wahrscheinlich wollte man die Herstellungskosten gering halten, allerdings kann man bei einem Verkaufspreis von rund 1500 Euro nur bedingt von einem Erfolg sprechen – zumindest für den Endkunden.
Dekadentes Plugin-Housing
Der AMS RMX16 macht sich gleich auf drei API-Slots breit, belegt allerdings nur zwei Buchsen und verschwendet so etwas großkotzig den mittleren Slot. Das allerdings sorgt auch für eine angenehm Breite des Kastens und damit für eine geräumige Sortierung der Bedienelemente sowie genügend Platz für das ultraschicke und wirklich große, monochrom-rote Display sowie das AMS Logo. Neve steht übrigens nirgendwo auf der Front.
Flotte Bedienung
Abgesehen von offensichtlichen Neuanordnungen der Bedienelemente ist die grundsätzliche Bedienung identisch geblieben, wenn nicht sogar noch schneller geworden. Drei Wege zur Werteingabe sind möglich: Taschenrechnertastatur für direktes Eintippen, Silber-Push-Encoder zum Kurbeln oder Up/Down-Nudge-Taster für Schritt-für-Schritt-Änderungen stehen nämlich zur Verfügung.
Die Reverb-Parameter selbst werden mit Direkttastern angewählt, wobei es folgende Unterpunkte gibt: Programm (Algorithmus), Decay, Pre-Delay, Low-Decay-Filter und High-Decay-Filter – sehr überschaubar, aber man muss ja auch nicht aus allem eine Wissenschaft machen, wie beispielsweise Bricasti mit dem M7. Hinzukommt die ins Menü gewanderte Gainsteuerung von Input und Output sowie eine Dry/Wet-Mix-Funktion. Und bis zu 100 Presets können natürlich auch gespeichert und benannt werden.
Die Decay-Filter sind nicht alle bei jeden Algorithmus verfügbar und teilweise auch unterschiedlich ausgelegt. Sie beeinflussen damit nicht nur die Nachhallphase, sondern somit auch die Early-Reflections eines jeden Algorithmus. Generell kann man sagen, dass die Algorithmen äußerst knapp parametrisiert, aber dafür umso schneller bedienbar sind und sich auch sehr musikalisch verhalten. In Verbindung mit der Hardware ist so äußerst schnelles Finden und Anpassen der Räume möglich – ganz im Gegensatz zu dem UAD-2-Plugin, das durch die optische 1:1-Umsetzung und Mausbedienung weniger praktisch zu handhaben ist.
Insgesamt stehen 18 verschiedene Algorithmen aka Programme zur Verfügung, wobei die ersten neun wie beim Original gehalten sind und durch neun weitere ergänzt wurden. Letztere gab es wohl nur in Form einer After-Market-Solution, die auch eine sonderbare Bar-Code-Reader-Remote am Start hatte. Folgende Programme sind also am Start: Ambience, Room A1, Hall C1, Plate A1, Hall B3, Chorus 1, Echo A, Nonlin 2, Reverse 1, Reverse 2, Freeze, Room A0, Room B1, Hall A1, Plate B1, Delay, Image P1 und Nonlin 1. Alles wie bei demUAD-2-Plugin, genau wie die Bilder der Remote aus beiden Handbüchern …