Aodyo Anyma Phi Test

Praxis

Grundlegendes

Den Anyma Phi als Physical Modeling Synthesizer zu bezeichnen, greift viel zu kurz. Wir haben es hier mit einem semi-modularen Synthesizer zu tun, den man am besten über die Editor-Software begreift.

Arbeiten mit dem Software-Editor

Die Software selbst besteht aus dem Patch Management ganz links und der Programmierebene. Diese ist eingeteilt in die vier Spalten General, Oscillators, Effects und Modulators. Darüber kann man das Schaubild des Signalflusses betrachten. Darunter befinden sich alle Modulationsslots.

Die Arbeit mit dem Software-Editor ist eigentlich ganz einfach und vollzieht sich in zwei Schritten. In der Oscillators-Spalte wählt man einen oder mehrere Oszillatoren. Danach schickt man das Signal dann durch bis zu fünf Effekte, die in der Effects-Spalte ausgewählt werden. Hier stehen zwei Audiowege zur Verfügung: Main und Aux.

In der Modulators-Spalte finden sich ungemein viele Modulatoren, von einfachen LFOs bis hin zu zellulären Automaten. Diese werden dann in der unteren Reihe mithilfe von Mapping den Zielen zugeordnet.

Und weil man das erst einmal verstehen muss, wiederhole ich das noch einmal. Die Vorgehensweise besteht aus den zwei Schritten:

  1. Oszillatoren und Effekte auswählen und auf Main oder Aux Signalweg platzieren
  2. Modulatoren auswählen und über die Mappings deren Ziele auswählen

Drei Oszillatoren, fünf Effekte und bis zu 16 Modulatoren kann man dabei gleichzeitig auswählen. Das geht aber ganz schön an die Rechenleistung. Deshalb kann man bei einigen Oszillatoren aus unterschiedlichen Gütegraden wählen, die dann sparsamer mit den Ressourcen umgehen. Das Routing auf Main und Aux wird sehr schön über den Signalweg dargestellt, der ganz links die drei Oszillatoren anzeigt, dann die beiden Signalwege und ihre Effekte auflistet und schließlich in Pan, Reverb und Out mündet. Im Bereich der Modulatoren und den 32 Slots ist das leider weniger schön gelöst. Hier man muss ziemlich viel nach links und rechts scrollen.

Ayodo Anyma Phi: Software-Editor 1
Der Software-Editor des Ayodo Anyma Phi zeigt sich für unterschiedliche Funktionalitäten in zwei Farben: Hier die rote Ansicht. (Screenshot: Sebastian Berweck)

Unterschiedliche Module

Der eigentliche Knüller des Synthesizers liegt in den Modulen. Ayodo Anyma Phi bietet 34 Oszillatoren, 33 Effekte und 45 Modulatoren, wenn ich richtig gezählt habe (Stand: Version 1.0). Die Oszillatoren bieten zum größten Teil nicht nur einfache analoge Wellenformen mit einem Grob- und einem Feinregler für die Tonhöhe. Auch die gezupften und gestrichenen Saiten und die Windsäulen der Physical Modeling Oszillatoren zeigen sich als Spielwiese unterschiedlichster Geräte. Das Ganze reicht bis hin zu einem Partikelsystemgenerator, einem Telekommunikationsdatengenerator, drei Sprachgeneratoren, einem additiven Synthesizer, diversen 808 Drums, einer E-Orgel und vieler Arten von Noise. Das alles sind keine einfach gestrickten Oszillatoren, jeder kommt mit seinem eigenen Set an Parametern.

Einer der Parameter heißt beim Telekommunikationsdatengenerator logischerweise BAUD. Jetzt wissen wahrscheinlich die wenigsten, was passiert, wenn man am BAUD Knopf dreht. Das ist eben eine der spannenden Dinge beim Anyma Phi. Es lässt sich viel entdecken und wenn etwas nicht gefällt, ist es ganz leicht, ein Modul gegen ein anderes einzutauschen. Anders als bei einem modularen Synthesizer, egal ob real oder virtuell, müssen dazu keine Strippen gezogen werden. Beim Anyma Phi wählt man aus einem Menü einfach ein anderes Modul.

Ayodo Anyma Phi: Software-Editor 2
Der Software-Editor des Ayodo Anyma Phi in seiner grünen Ansicht (Screenshot: Sebastian Berweck)

Effekte

Bei den Effekten geht es ein wenig ruhiger zu. Hier finden sich diverse Resonatoren für das Physical Modeling, Filter und EQs, Overdrive und Bitcrusher. Weiter geht es mit Ringmodulatoren, Chorus, Phaser und Pitchshifter. Obendrein gibt es einen Leslie-Effekt, FM Operatoren, diverse Delays und ein Modul für die Granularsynthese. Also eher bereits bekanntes Gelände mit einer sehr großen Auswahl. Und selbst hier bringt jedes Modul sein eigenes Parameterset mit. Die Granularsynthese basiert technisch auf der des “Grains” Eurorackmoduls von Mutable Instruments. Diese bietet elf Parameter, die man erst mal alle verstehen möchte. Man kann auch einfach an den unterschiedlichsten Knöpfen drehen und schauen was passiert. Und oft passieren schöne und interessante Sachen.

Dabei muss man sich allerdings bewusst sein, dass Module wie die E-Orgel keine aufwendigen E-Orgel Simulationen ersetzen können oder wie eine Hammond B3 mit Leslie klingen. Stattdessen erhält man eine Orgel mit eingebautem Telekommunikationsdatengenerator. Oder eine Geige mit Leslie, eine Steeldrum mit Bitcrusher, eine 808 mit Pitchshifter, etc. Es gibt wirklich viele Möglichkeiten zu entdecken. Allerdings: Alles gleichzeitig geht dann auch nicht, weil das ja alles berechnet werden will. Und so findet sich links unten im Editor auch die Anzeige, zu wie viel Prozent der Prozessor ausgelastet ist. Es ist durchaus möglich, mit drei Oszillatoren, fünf Effekten und zwei Modulatoren den Prozessor schon an seine Grenzen zu bringen.

Modulationsmöglichkeiten

Im Bereich der Modulatoren finden wir zunächst die üblichen Verdächtigen, z. B. LFOs und Envelopes, die jedoch schon alle viel variabler sind als man es normalerweise kennt. Weitere Modulatoren zeigen sich wie mathematische Module, die durchaus recht komplex sind. Sequenzer, Logikmodule, diverse kinetische Objekte wie Spiralen oder hüpfende Bälle und heuristische Module. Auch gibt es solche, die meinen Horizont überschreiten. Darunter die “Tent Map”, die beschrieben wird mit „Unfold the tent map sequence on each trigger“, wobei die Sequenz der Tent Map wie folgt definiert ist: 𝑥𝑛+1 = 𝜇𝑥𝑛(1 − 𝑥𝑛 ). Hut ab, wer das versteht, aber da ich bin draußen. Und Respekt vor demjenigen, der damit auch musikalisch sinnvolles kreiert.

Wenige Presets

Wer kreativ gestaltetes Klangmaterial als Ausgangsbasis für eigene Sounds sucht, der wird mit einem großen Manko des Aodyo Anyma Phi konfrontiert. Den Presets. Von denen gibt es nur spärliche 20 und sie zeigen die Möglichkeiten des Gerätes nur ansatzweise. Faszinierend sind sie dennoch, weil sie in jeder Oktave ganz anders klingen. Aus einer gespannten Saite in Mittellage wird in der Tiefe ein undefinierbares etwas und in der obersten Oktave kommt noch etwas ganz anderes heraus. Das ist die ganz große Stärke des Physical Modeling. Leider können kleine Parametersprünge fiese Lautstärkeänderungen nach sich ziehen, was auf die Ohren geht. Vielleicht ist der Anyma Phi auch aus diesem Grund in seiner Lautstärke recht schwachbrüstig; das Signal musste nach der Aufnahme doch immer noch kräftig angehoben werden.

Erwähnenswertes

Nennen muss man hier den Arpeggiator, der Tonabfolgen spielen kann, wie man sie sonst kaum in einem Hardwaregerät findet. Dann noch die Glide Funktion, einen Envelope Follower für das Piezo-Mikrofon im Gehäuse, eine umfassende Mikrotuning Funktion, modular einsetzbare Envelopes und einen Audio-In für extern eingespeiste Signale. Beim Ayodo Anyma Phi gibt es definitiv viel auszuprobieren. Jedoch weniger am Gerät selbst, als über den Software-Editor. An dieser Stelle ist es dann unverständlich, wieso es keine Audio-Übertragung über die USB-Verbindung gibt.

Klang

Klanglich liegen die Stärken des Anyma Phi ganz klar auf der Seite des Physical Modelings, trotz vieler Noise- Quellen und der analogen Wellenformen. Diese eignen sich z. B. dazu, um Sounds mit mehr Bass anzureichern. Wie die Beispiele zur Frequenzmodulation, einmal des Oszillators und des Filters zeigen, ist Analog Modeling nicht die Stärke des Anyma Phi. Um einen einfachen analogen und subtraktiven Synthesizer zu bauen, ist der Anyma Phi nicht gedacht. Er ist kein Minimoog-Killer, sondern eine klangliche Spielwiese in Bereichen, in die der Minimoog noch nicht einmal ansatzweise hinkommt.

Wenn man weiß, dass der Anyma Phi von einem Hersteller entwickelt wurde, der auch Blaswandler produziert, kann man sich die Klanglichkeit ganz gut ausmalen. Die Saxofon- und Bläsersounds aus dieser Ecke zeigen sich immer recht brillant und dadurch auch irgendwie faszinierend. Sehr ausdrucksstark spielbar verleugnen sie jedoch nie ihre digitale Herkunft. Der Sound des Anyma Phi tendiert eher zum brillanten als zum warmen Sound. Dabei darf man brillant nicht mit kühl verwechseln, dazu ist der Aodyo Phi viel zu ausdrucksstark.

Audio Samples
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Anyma Phi : Atmosphärischer Sound Anyma Phi: Physical Modeling Querflöte Anyma Phi: Drums mit einem Preset (Bassdrum, Snare, Rototoms, Claves) Anyma Phi: Drone-Sound Anyma Phi: Noisequellen abseits von Weiß und Rosa Anyma Phi: Polyrhythmische Percussionsklänge Anyma Phi: Piezo-Mikro erlaubt Trommeln auf dem Gehäuse Anyma Phi: Positionierung von Klängen im Raum Anyma Phi: Digitaler Verzerrer Anyma Phi: Klangliche Veränderung in unterschiedlichen Oktavlagen Anyma Phi: 3-oktavige Stimme zeigt Grenzbereiche von Physical Modeling Anyma Phi: Oszillator- und Filter-FM Anyma Phi: Vielseitiger Arpeggiator Anyma Phi: Preset-Beispiele
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