Apple Logic Pro 10.7 Test

Praxis

Wer Apple sagt, muss auch B sagen …

… und wer Logic 10.7 haben möchte, muss auch macOS Big Sur (oder neuer) haben wollen. Profis wissen: „Never change a running system.“ Nun gibt es Big Sur aber auch schon seit ca. einem Jahr und die Hersteller der Soft- und Hardware meines Setups hatten genügend Zeit, um alles anzupassen und entsprechende Updates bereitzustellen.
Zur Sicherheit solltet ihr vor der Installation eine Kopie der Logic App in einen separaten Ordner ablegen. Falls 10.7 in eurem Setup in irgendeiner Form Probleme machen sollte, könnt ihr zusätzlich auf eure zuvor installierte Logic-Version zurückgreifen. Wer noch Catalina oder eine ältere Version von macOS nutzt, sollte vor dem Update des Betriebssystems ein Time Machine Backup anlegen und erst dann das OS updaten. Abschließend wird Logic Pro 10.7 im Mac App Store wie gewohnt installiert.

Performance

Zumindest meinem Setup hat das Update auf macOS 11 nicht wehgetan. Auch in Logic 10.6 erstelle Projekte, die reichlich Effekt- und Instrument-Plugins von Drittherstellern à la Brainworx, Waves, Native Instruments und Co. beinhalten, lassen sich problemlos öffnen und weiterverarbeiten. Auf meinem Testrechner MacBook Pro 2019 (2,4 GHz 8-Core i9 und 64 GB RAM) konnte ich keine Performance-Einbußen feststellen. 

Selbst im Dolby Atmos Demo-Projekt von Lil Nas X mit 140 Spuren, vielen Surround-Automationen und etlichen Effekt-Plugins bleibt die CPU-Auslastung entspannt.
Selbst im Dolby Atmos Demo-Projekt von Lil Nas X mit 140 Spuren, vielen Surround-Automationen und etlichen Effekt-Plugins bleibt die CPU-Auslastung entspannt.

Einen Stereo-Mix in Dolby Atmos umwandeln 

Bevor wir in Dolby Atmos mischen können, müssen zwei wesentliche Schritte durchgeführt werden: Bei Projekten in 44,1 bzw. 48 kHz muss die I/O-Puffergröße in den Audioeinstellungen auf 512 Samples eingestellt werden, bei 88,2 bzw. 96 kHz entsprechend auf 1024 Samples. Als nächstes aktivieren wir in den Projekteinstellungen noch Dolby Atmos. 
In diesem Schritt teilt Logic mit, dass wir nicht mehr in Stereo, sondern in Dolby Atmos mischen wollen. Das Schöne: Ob ihr nun ein neues Projekt starten oder einen bestehenden Stereo-Mix „umwandeln“ wollt, spielt dabei keine Rolle – beides ist möglich!
Sobald man Dolby Atmos in den Projekteinstellungen aktiviert, wird das Dolby Atmos Plugin auf dem neu generierten Masterkanal geladen, der die herkömmlichen Stereoausgänge ersetzt. Im Atmos Plugin lässt sich das Monitoring Format auswählen. Wer kein 7.1.4 Monitoring-System im Studio hat, schaltet auf „binaural“ und setzt seine Studiokopfhörer auf.
Pünktlich zum Start von Version 10.7 veröffentlicht Dolby auch ein Videotutorial, in dem das Team von Dolby zeigt, wie man mit den neuen Tools in Logic das Mischen von Dolby Atmos konfiguriert.

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Das Dolby Atmos Plugin

Drei Plugins sind die wesentlichen Bestandteile, die uns das Mixing mit Dolby Atmos ermöglichen: Atmos Plugin, der Surround Panner und der 3D Object Panner. Das Dolby Atmos Plugin emuliert bzw. rendert den dreidimensionalen Raumeindruck, dass es sich auf dem Kopfhörer für uns so anhört, als würden uns die Signale umgeben. Mit Off, Near, Mid und Far lässt sich der Raumeindruck in puncto Entfernung steuern. Wie sich der fertige Mix am Ende auf einem echten 7.1.4 System anhört, können wir zwar auf unseren Kopfhörern nur bedingt beurteilen, dennoch gibt uns das Ganze die Möglichkeit, einen Mix in Atmos zu erstellen.

Das Dolby Atmos Plugin visualisiert die Positionen der Spuren im 3D-Mix und rendert sie auditiv so, dass selbst auf Kopfhörern ein 3D-Eindruck entsteht.
Das Dolby Atmos Plugin visualisiert die Positionen der Spuren im 3D-Mix und rendert sie auditiv so, dass selbst auf Kopfhörern ein 3D-Eindruck entsteht.

Surround Panner und 3D-Objects-Panner

Wie im Tutorial von Dolby bereits erwähnt, gibt es ein sogenanntes Surround Bed, in dem beim Mixing statische Elemente platziert werden, die sich grundsätzlich nicht bewegen sollen. Im Mixer von Logic befinden sich nach dem Umstellen der Projekteigenschaften statt des Stereo-Panorama-Reglers entweder ein Surround Panner oder ein 3D-Object Panner. Diese lassen sich auch als Plugin-Fenster darstellen, was besonders beim Erstellen von Automationen eine deutlich angenehmere Bedienung ermöglicht. Alle Kanäle, die mit dem neuen Surround Panner Plugin auf „Surround“ eingestellt sind, sind automatisch Teil des Surround Bed.

Der Surround Balancer und der 3D-Objects-Panner sind die wichtigsten Tools zum Platzieren von festen und beweglichen Objekten.
Der Surround Balancer und der 3D-Objects-Panner sind die wichtigsten Tools zum Platzieren von festen und beweglichen Objekten.

Jeder Mono- oder Stereokanal in einem Projekt kann auch in eine „frei im Raum“ bewegliche 3D-Objektspur umgewandelt werden, indem der 3D Object Panner statt des Surround Panners ausgewählt wird. Über einen Rechtsklick auf das Panorama-Poti könnt ihr entscheiden, ob ein Kanal beim Panning als statisches Surround Bed oder flexibel automatisierbares 3D-Objekt dienen soll. Objektspuren können nicht nur Surround, also vorne, hinten, links und rechts, sondern auch oben und unten im Raum verteilt werden.
In der Regel sind die meisten Spuren eines Projektes Bed-Spuren. Ein Projekt kann bis zu 118 Mono-Objektspuren oder 59 Stereo-Objektspuren beinhalten (oder eine Kombination aus beidem). Idealerweise sollte man die Zahl der Objektspuren auf markante Klänge beschränken, damit ein klarer und stimmiger Mix gegeben ist. Sprich: Mischt man Musik in Dolby Atmos, sollten zum Beispiel nur hin und wieder auftauchende Effektsounds als Objekte im Raum umherfliegen. Die meisten Instrumente oder Vocals sollten dagegen statisch im Surround Bed platziert werden.
In folgendem Video habe ich einen Stereo-Mix inklusive Stereo-Panorama-Automation in einen Dolby Atmos Mix umgewandelt, um euch zu veranschaulichen, wie das Ganze im Workflow abläuft – Film ab!  

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Signalfluss

Im Atmos Plugin werden die Objekte, die wir mit dem 3D Object Panner im Raum verteilen und automatisieren, als blaue Kugeln dargestellt, um uns zu visualisieren, wo sich die Objekte in Relation zur Abhörposition befinden. Durch den Surround und 3D Object Panner wird das Signal der Kanäle (Post-Fader) direkt an das Dolby Atmos Plugin geleitet, das wie bereits erwähnt im Masterkanal sitzt. 
Plugins, die vor dem Dolby Atmos Plugin auf dem Masterkanal eingefügt wurden, verarbeiten die “Bed”-Kanäle. Plugins, die nach dem Dolby Atmos Plugin hinzugefügt wurden, dienen nur dem Metering. So könnt ihr nach dem Atmos-Plugin beispielsweise einen Loudness Meter verwenden, um auf dem empfohlenen -18-dB-LUFS-Dolby-Atmos-Zielpegel zu mischen, der bei Dolby Atmos immer eingehalten werden muss, um Clipping zu vermeiden. 

Exportieren als ADM

Das Atmos-Plugin mischt bzw. rendert die Bed-Kanäle und die einzelnen Mono- und Stereo-Signale der „Objekt“-Kanäle mit ihren spezifischen Metadaten. Das Ausgabeformat des Plugins ist 7.1.4. Eine sogenannte Dolby Atmos Master (ADM-Masterdatei) ist das Endprodukt, die beispielsweise bei Apple Music veröffentlicht werden kann. Die Masterdateien werden im WAV-Format gespeichert. Das Tolle an den Dolby Atmos Masterfiles ist aber, dass die ADM-Masterdatei alle vektorbasierten Panning- und Positionierungsmetadaten enthält.
So kann man ein und dieselbe ADM-Masterdatei mit einem umfangreichen Lautsprecher-Systemoder über Apple Music auf AirPods Pro bzw. Max zur Wiedergabe in einem Kino nutzen. Im Test habe ich einen ca. drei Minuten langen Song mit über einhundert Spuren und vielen 3D-Objekt-Automationen als Dolby Atmos Master Datei exportiert. Die Dateigröße beträgt in dem Fall satte 1,7 GB! Aber: Importiert man dieses Masterfile wieder, ist Logic sogar in der Lage, dieses wieder zu „entpacken“ und daraus wieder das Projekt inklusive aller Automationen zu öffnen.   

Alte Plugins in neuen Scherben

Dieses Update enthält auch 13 Plugins, die erweitert wurden, um 7.1.4-Kanalkonfigurationen zu unterstützen. Diese werden als „7.1.4“ kategorisiert. Dazu gehören sämtliche Modulationseffekte, wie Chorus, Flanger und alle Meter-Plugins, die Remix-FX und der Limiter. Der Space Designer enthält neue Impulsantworten, die für Dolby Atmos entwickelt wurden. Er ermöglicht die Balance des Halls zwischen den Dimensionen.

Wie klingt 3D-Audio?

Mit 3D-Audio hat Apple nun Dolby Atmos in den Musikstreaming Dienst Apple Music integriert. Bereits jetzt können Besitzer von AirPods Pro, AirPods Max und AirPods 3. Generation von der Technik profitieren sowie viele aktuelle Produktionen und neu gemixte Klassiker in Dolby Atmos als 3D-Audio genießen. Die AirPods ermöglichen es euch, die Signalquellen mittels Head Tracking Technology, also über die Bewegung eures Kopfes, als dreidimensional wahrzunehmen. Sprich: Instrumente und Sänger hört ihr auf den AirPods bei einem in Dolby Atmos gemischten Song nicht nur in 3D (Surround), vielmehr bleiben sie an ihrer Position, selbst wenn ihr euren Kopf dreht. 
Meiner Meinung nach hat Apple im Vergleich zu seinen Konkurrenten Spotify, Deezer und Co. damit ein wirklich einzigartiges und innovatives Feature an den Start gebracht. Es ist tatsächlich eine ganz neue Art, Musik oder Filme auf Kopfhörern zu genießen! Dennoch fühlt sich „echtes Dolby Atmos“ beispielsweise in einem Kinosaal mit einer entsprechenden 7.1.4 Beschallung deutlich realistischer an. 
Und sind wir mal ehrlich: Muss Musik unbedingt aus allen Richtungen zu hören sein? Welchen Mehrwert bietet es mir, wenn – wie im Demo-Projekt von Lil NAS X – die Backgroundvocals über mir im Kreis fliegen, wie ein Roundhousekick von Chuck Norris? Solche Automationen sind eher Effekthascherei, als ein künstlerisch sinnvoller Einsatz. Es gibt ganz sicher sinnvolle Anwendungsmöglichkeiten, etwa die Nachbildung eines Orchester-Ensembles, Hörspielproduktionen oder Game Post Production in Kombination mit Virtual Reality. Doch in populärer Musik klingt 3D-Audio meiner Meinung nicht zwangsläufig besser.
Wie in meinem Video zu hören, klingt der Atmos Mix zunächst einmal differenzierter und weniger knackig. Und so ähnlich klingt es auch, wenn man sich so manchen Popsong bei Apple Music erst in Stereo und anschließend in 3D anhört. Besonders dann, wenn viele Objekte umherschwirren, wird ein Mix dadurch auch stressiger und undefinierter. Noch steckt das Ganze in den Kinderschuhen, warten wir also ab, ob und wie sich Musikproduktion dahingehend verändern wird.

Verbesserter Step Sequencer mit Live Record Mode

Ein weiteres Highlight des Updates ist der überarbeitete Step Sequencer. Fortan ist es endlich möglich, Noten im Step Sequencer live zu recorden. Dazu wird lediglich der neue Recordbutton im Sequencer gedrückt und schon kann man über einen MIDI-Controller eindaddeln. Das Ganze wird bei Bedarf auch gleich quantisiert – das wurde wirklich top umgesetzt. In den Step Sequencer Funktionen kann zudem selektiert werden, ob Anschlagstärke und Notenlänge mit aufgezeichnet werden sollen. Auch Parameteränderungen in den Plugins werden bei aktiviertem Record Mode mit im Step Sequencer aufgezeichnet. Dazu muss lediglich der gewünschte Parameter bewegt werden, der Rest läuft ganz ohne weitere Konfigurationen – perfekt!
Endlich können einzelne Steps im Note Mode auch unterschiedliche Tonhöhen abfeuern, ohne dabei ein anderes Sample zu triggern. Stattdessen wird dasselbe Sample in einer anderen Tonhöhe abgespielt. Direkt unter dem Record Mode Button gibt es nun auch einen Root Note Mode Selector, mit dem sich die Tonleiter der Noten im Step Sequencer definieren lassen, ähnlich wie in der Pianorolle.
Auch die Programmierung von Leads oder Basslines gestaltet sich mit dem neuen Mono Mode deutlich besser, weil er Notenüberlappungen verhindert. Last but not least ist es fortan möglich, Patternregionen in MIDI-Regionen umzuwandeln und umgekehrt. So lassen sich Patterns beispielsweise spontan in eine normale MIDI-Region umwandeln, in der Pianrolle verfeinern und wieder zurück in den Step Sequenzer konvertieren – alles ganz einfach via Rechtsklick. In folgendem Video seht ihr die Änderungen noch einmal im Überblick.

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Was gibt’s sonst noch Neues?

Natürlich gibt es noch weitere kleine, aber feine Neuerungen, die nicht unerwähnt bleiben sollen. Logic verfügt nun auch über unabhängige MIDI-Port- und Kanaleingangszuweisungen für jede Spur, was bedeutet, dass ihr mehrere MIDI-Eingabegeräte (z. B. zwei Keyboards) verwenden und diese unterschiedlichen Spuren zuweisen könnt. Zudem unterstützt Logic jetzt auch MIDI 2.0. Die Pitch-Erkennung wurde außerdem verbessert, was zu genaueren Flex-Pitch-Ergebnissen führt. 

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