Praxis
Handhabung
Was man dem Entwickler, Dr. Mike Butera und seinem Team zunächst einmal positiv attestieren kann ist, dass sie sich ein einfaches, konsistentes Bedienkonzept überlegt haben, das sich entweder direkt, oder durch Kombinationen der zentralen A-Taste mit den acht durchnummerierten Touch-Flächen bedienen lässt. Die Standalone-Bedienung ist im Prinzip kinderleicht: Gewünschten Part via A-Funktionstaste anwählen, vermittels A+Taste 6 (Rec) in den Aufnahmemodus wechseln, woraufhin ein angenehm klingender Klick das Tempo vorgibt. Mit der ersten gespielten Note startet die – maximal acht Takte lange – Aufnahme, erneutes Drücken der Taste „A“ beendet die Aufnahme-Schleife und der Orba geht in den Overdub-Modus. Der erste eingespielte Part bestimmt auch die Länge der folgenden Parts. Es ist also nicht möglich, ein eintaktiges Drumloop, einzuspielen und das dann um eine viertaktige Baseline und eine achttaktige Chord-Begleitung zu ergänzen.
Das Einspielen direkt am Orba empfand ich an vielen Stellen als ausgesprochen hackelig: Als größte Schwierigkeit stellte sich beim Einspielen das rhythmische Beenden der Phrase, durch Drücken des „A“-Tasters dar. Denn der verlangt gelegentlich nach einer sehr verbindlichen Berührung, was ein haptischer Bruch ist, wenn man gerade noch versuchte mit leichten Fingern schnell über die Triggerpads zu fliegen. Dass der Orba jeden Tastendruck mit einer leichten Vibration quittiert, geht einem mit der Zeit ein bisschen auf die Nerven und lässt sich aktuell leider noch nicht abschalten (wobei ich überzeugt bin, dass das geht). Die zweite Schwierigkeit lag – für mich als Mensch mit relativ großen Händen und Fingern – darin, die Pads sauber zu treffen. Immer wieder kam ich auf eine danebenliegende Taste und je nachdem, wie man das oder den Orba hält, kommt auch noch der Daumenballen ins Spiel, der unfreiwillige Triggerings auslöst. Die dritte Hürde liegt darin, dass Noten– und Gesten-Informationen oft nicht sauber erkannt und umgesetzt werden. Ich jedenfalls hatte hier häufiger das Gefühl, den Orba sehr vorsichtig und „richtig“ spielen zu müssen, damit er das macht, was ich von ihm will.
Verwendung der Orba App
Ein bisschen angenehmer wird es, wenn die Orba App ins Spiel kommt, denn in ihr lässt sich die Record-Funktion relativ genau auslösen. In der App ist dann auch der Wechsel von Sounds möglich, wobei er sich beim Transfer in den Speicher immer eine kurze Nachdenk-Pause von ca. zwei bis drei Sekunden gönnt, während der auch die Wiedergabe stoppt. Das Soundangebot ist (derzeit) noch recht überschaubar und umfasst jeweils zehn Klänge in den vier Kategorien, alle einem gleichen Thema folgen, wie beispielsweise Ambeeant, Boomy Booms oder Cartridge.
Innerhalb der App erhält man Zugriff auf einige wichtige Parameter wie beispielsweise das Update der Firmware, das Deaktivieren der integrierten Klangerzeugung (wobei sich das auch mit der Lautstärke am Gerät erledigen lässt), die Skalierung des Pitch-Bend und das Selektieren des gewünschten MIDI-Modus (MPE, Single Channel oder Channel-per-part). Gefehlt hat mir hier – wie bereits erwähnt – eine Möglichkeit zum Abschalten der Vibration. Auch habe ich eine Möglichkeit vermisst, eingespielte Song – wahlweise als Audio- oder MIDI-Datei – zu exportieren. Für kommende Updates ebenfalls wünschenswert: Eine Möglichkeit, die Akkorde im Chord-Modus zu editieren.
Soweit zum Orba im Einsatz mit der integrierten Klangerzeugung und dem Looper. Bis hier hin hat mich der kleine ‚Taschensynthesizerloopercontroller‘ – so sympathisch ich ihn auch gedacht und gemacht finde – nicht vollständig überzeugen können. Das Bild ändert sich deutlich, wenn man dazu übergeht, seine Qualitäten als MIDI-Controller zu entdecken. In meinem Fall in Verbindung mit Ableton Live, wo ich alleine schon zwei Szenarien fand, in denen ich den Artiphon Orba durchaus Gewinn bringend einsetzen konnte.
Artiphon Orba als MIDI-Controller
Allen voran ist da der Einsatz als simple, formschöne Transportsteuerung zu nennen, die man irgendwo neben das Masterkeyboard stellen kann und – nach dem Anlernen der gewünschten Kommandos – als vorzügliche Fernbedienung agiert. Inklusive Vibrationsfeedback. Damit einem beim Anlernen der Kommandos (zur Transportsteuerung will man ja in der Regel einfach Note-On/Off-Befehle haben) nicht ständig irgendwelche Typ-fremden MIDI-CC-Befehle über den Bildschirm sausen, finden sich auf der Artiphon-Homepage acht verschiedene Presets, die man der Orba-App unterschieben muss. Hat man das erledigt, finden sich im Preset-Ordner des ‚Bass‘ acht Presets, die – hat man sie in den Orba geladen – dafür sorgen, dass nur ein einziger Controller-Wert den Orba verlässt. Leider ist der Controller für die Drehung des Orba derzeit noch so konfiguriert, dass er auf den Ursprungswert zurückspringt, wenn man die Drehung beendet. Wenn Artiphon noch einen ausgewachsenen Controller-Editor nachliefern (und davon gehe ich aus) in dem es möglich ist auf absolute Werte zu schalten, sollte sich entsprechend sogar das Master-/Monitor-Volume durch eine Drehung des Orba steuern lassen.
Auf der Artiphon-Seite findet sich darüber hinaus auch ein Max4Live-Patch, der sämtliche Gesten des Orba direkt entgegennimmt, woraufhin sie sich mit einer einfachen Mapping-Funktion auf jeden in Ableton anliegenden Parameter adressieren lassen. Wie das in der Praxis aussehen kann, habe ich für euch mal in einem kurzen Video dokumentiert
Wie klingt der Artiphon Orba?
Wie bereits gesagt, ist die Auswahl an Klängen derzeit noch recht überschaubar: Zehn Sound in vier Parts macht summa sumarum vierzig Klänge. Die sind durchaus fantasievoll programmiert und nutzen die Möglichkeiten der Gesten-Steuerung stellenweise sehr gut. Sie zeigen aber auch die leichte Unberechenbarkeit, die in der Sensorik der Gesten-Erkennung liegt: Sound brechen auch schnell mal aus oder nehmen in der Lautstärke zu schnell ab. Ebenfalls störend: einige Klänge haben hörbar noch kleinere „Bugs“, wie beispielsweise knacksende Attacks oder leichte Zerrungen. Wenn diese dann auf die nicht unbedingt voluminösen Fähigkeiten des internen Lautsprechers treffen (die Physik setzt hier einfach Grenzen), kann es schnell auch mal ein bisschen krachig werden.
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