Vor wenigen Monaten bescherte Arturia uns die V-Collection 9. In dieser umfangreichen Kollektion aus Software-Instrumenten tauchten überraschend zwei neue Produkte auf: Augmented Strings und Augmented Voices. Sie verbinden akustische und elektronische Klangelemente zu neuartigen Sounds, die sich per Macro-Controller und Morphing toll in die moderne DAW-Produktion einfügen. Arturia Augmented Grand Piano unterscheidet sich von den ersten beiden Produkten durch den Sample Content, der auf die Produktion moderner Klaviersounds abzielt.
Das neues Instrument setzt das Seriendebüt also fort. Und Arturia ist nicht allein! Auch andere Softwarehersteller haben originelle Konzepte für das kreative Piano-Design. Im Feature Instant Composing – Piano-Librarys mit MIDI-Phrasen und Sounddesign-Tools stellen wir die besten Kandidaten zusammen.
Arturia Augmented Grand Piano auf einen Blick
Hinter diesem Klavier verbirgt sich keine gewöhnliche Piano Library. Klanglich wie funktionell reicht es über die Möglichkeiten virtueller Flügel hinaus. Auf der Hauptseite des schicken GUIs sticht ein Morph-Regler hervor, der von sieben Macro-Controllern (Color, Motion, Delay, Reverb. etc.) umringt ist. Beim erweiterten Piano von Arturia geht es also nicht nur ums Spielen von Noten, sondern auch ums Malen von Klangbildern. Alle 300 Presets variiert man spielend einfach, ohne erst tiefer ins Edit-Menü schauen zu müssen.
In der Advanced-Ansicht erkennt man schnell die Struktur: Das Arturia Augmented Grand Piano beruht auf zwei separaten Layer-Klängen mit je zwei Slots, die sich schichten und morphen lassen. Die insgesamt vierteilige Sound-Engine umfasst verschiedene Samples und mehrere Syntheseformen (VA, Granular, Harmonic, Wavetable). Mit Filter, LFOs und Hüllkurven kann man all diese Basisklänge massiv formen.
Es soll nach mehr als einem Piano klingen: Pro Layer bietet die FX-Sektion nicht weniger als 14 verschiedene Effekte (Reverb, Tape Delay, Bitcrusher, Parametric EQ etc.). Ein äußerst flexibel programmierbarer 16-Schritt-Arpeggiator triggert auf Wunsch beide Layer. Damit sind effektvolle Klanganimationen machbar.
Auch den Morph-Regler und die sieben Macro-Controller des Augmented Grand Piano kann man individuell belegen. Vier davon steuern Klangparameter, weitere vier Macros berücksichtigen die Steuerung von Effekten. In der Summe bietet das Arturia Augmented Grand Piano ein beachtliches Parameter-Aufgebot. Es kann deutlich mehr als die Wiedergabe von Presets.
Wie klingt das Arturia Augmented Grand Piano?
Grundsätzlich ersetzt das Augmented Grand Piano keine Flügel-Emulation, auch wenn es Samples traditioneller Instrumente gibt. Es ist auch weniger für die Solopiano-Performance geeignet. Dieses erweiterte Piano fühlt sich vor allem in Sequencer-Arrangements zuhause. Klangästhetisch passt es wunderbar in die aktuelle Landschaft zwischen epischen Soundtracks und trendiger Lo-Fi-Produktion.
Piano-Sounds sollte man nicht wortreich beschreiben, sondern besser direkt anspielen. Genau das haben wir, ehrlich und unquantisiert, getan. Eine Auswahl von insgesamt zehn Factory Presets zeigt einige der schönen Eigenschaften des Augmented Grand Piano. Charakterlich zeigt sich der Sound eisig, crisp, verstaubt, nebelig, glasklar, eher kühl und durchweg transparent. Für lebendigere Klangphrasen haben wir das Morphing und weitere Macro-Controller genutzt – eine weitere Stärke des Arturia Augmented Grand Piano.
Im Browser des Arturia Augmented Grand Piano stößt man auf eine Factory Library, die den Schwerpunkt auf „Hybrid“ legt. Das spürt man auch, denn diese Mischung aus akustischen und elektronischen Sound zeichnet das Instrument aus. Die Presets zeigen sich insgesamt ordentlich, ohne ständig Luftsprünge machen zu müssen. Die Sparten „Sequence“ und Sound Effects“ lassen hingegen noch Wünsche übrig. Geübte Soundbastler dürften sich eher mit eigenen Ideen verwirklichen.
Ist das Piano leicht zu bedienen?
Ein klares Ja! Man kann ein solches Design-Instrument kaum übersichtlicher gestalten. Routinierte Tüftler finden sich direkt zurecht, während schraubfaule Anwender schon mit Morphing und Macro-Controller glücklich werden dürften. Die Oberfläche ist äußerst ansprechend und auch für die tägliche Praxis gut strukturiert. Eigene Presets können abgespeichert und auch zum Austausch mit anderen Musikern exportiert werden.
Was könnte verbessert werden?
Eigentlich ist das Instrument schon jetzt gelungen. Über drei Dinge könnte Arturia dennoch einmal nachdenken: Ein Sample-Import würde die Sound-Engine noch flexibler gestalten. Gerade für Ambient oder Soundtracks erweisen sich Field Recordings oder abstrakte Geräusche als nützlich. Zweitens darf es gern ein Arpeggiator pro Layer geben. Mit einem Dual-Arp entstehen außergewöhnliche Polyrhythmen mit unterschiedlichen Klängen. Die Preset Library könnte noch zusätzliche Patches mit inspirierender Arpeggiator-Unterstützung vertragen. In der Rubrik „Sequence“ geht definitiv noch mehr.
Fazit: Arturia Augmented Grand Piano
Arturia schafft es, dass sich das Publikum nun mehr für die junge Augmented-Serie interessiert. Wie die Varianten „Voices“ und „Strings“ punktet Augmented Grand Piano mit einem unikalen, hybriden Soundcharakter, einer intuitiven Bedienung sowie einem sehr fairen Preis.
Arturia Grand Piano Augmented klingt definitiv anders als seine Konkurrenz. Die Kategorie der kreativ spielbaren Software-Pianos bekommt also einen neuen Mitspieler. Nicht alle Presets gehören aber in die Kategorie großes Kino. Man sollte unbedingt schon beim ersten Anspielen Morphing und Macros genießen und lebendige Klavierlandschaften malen. Wer Sounds gern etwas intensiver editiert, kommt auch mit diesem empfehlenswerten Instrument bestens zurecht.
Insgesamt sympathisch und vielversprechend – bitte schon bald das nächste Produkt aus dieser neuen Reihe veröffentlichen!
- Moderner, eigenständiger Sound
- Morphing, Echtzeitkontrolle
- Einfach bedienbar
- Viele Programmiermöglichkeiten
- Gutes Preis-Leistungs-Verhältnis
- kein Contra
Features
- Hybrid Piano mit Sample Library und Synthese (VA, Granular, Harmonic, Wavetable)
- Zwei Layer mit Filter, LFOs, Hüllkurven
- Umfangreiches Morphing, sieben weitere Macro-Controller
- 16 Step-Arpeggiator
- Zwei Effektblöcke pro Layer
- 14 Effekt-Typen (Reverb, Delay, BitCrusher, Flanger, etc.)
- 300 Factory Presets
- Systemvoraussetzungen: Ab Windows 8.1 oder Mac OS X ab 10.13
- VST, AU, AAX, NKS Standalone Version
- PREIS: regulär 99,00 Euro