Praxis
Trailermusik, Ambience und Melodic Techno – Neue Presets für alle in Pigments 4
In den Presets hat sich Arturia an aktuellen Genres und Trends orientiert und Sounds aus Melodic Techno, LoFi-Hip-Hop, Synthwave und Ambience beigelegt. Zum anderen ist die Menge an dröhnenden, galoppierenden und peitschenden Sounds im cineastischen Bereich beträchtlich. Was mir bei einigen der neuen Sounds immer wieder auffällt: Von der Komplexität her können es manche durchaus mit den epischen, teilweise minutenlangen Pads und Soundscapes von Omnisphere aufnehmen. Eine Note halten, Augen schließen, auf geht’s ins Universum. Da war Omnisphere bisher ungeschlagen.
Hat man einen ersten Sound ausgewählt und möchte ihn nun anpassen und verändern, kommt die neue Möglichkeit, alle Effekte direkt aus der Hauptansicht deaktivieren zu können, wie ein Segen daher. Genügt es bei einem Preset auch hier, so wie in unserem Preset-Meset-Workshop, die Effekte auszustellen, damit es im Arrangement funktioniert?
Der neue Play-Modus reduziert auf das Wesentliche
Dazu gibt es nun eine neue Ansicht, den „Play“-Modus. Er stellt alle Module (Oszillatoren, Filter, Hüllkurven, etc.) reduzierter dar. So was kann in einer Performance-Situation praktisch sein, weil man weniger Informationen erfassen muss und schneller zur gewünschten Einstellung findet. Am Konzept des Play-Modus könnte Arturia aber noch etwas feilen.
Die Idee der vereinfachten Ansicht ist gut gemeint. Warum man die Modulationen in der Mitte allerdings schön bunt visualisiert, dafür den Schnellzugriff aber nicht auf eine zweite Hüllkurve, die vier Makros oder eine Kompaktversion des Sequencers packt, ist mir ein Rätsel – und eine vertane Chance. Da geht noch was.
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Noch schnelleres Sounddesign in Pigments 4
Die Veränderungen im Workflow von Pigments 4 sind durch die Bank eine Verbesserung: Man kann jeden Envelope oder LFO direkt aus der Mitte des Plugins auf sein Modulationsziel ziehen. An kleinen Ringen am Ziel sieht man außerdem sofort, wie stark die Modulation ausfällt – Vital und Phase Plant haben es vorgemacht.
Bei den Neuzugängen der Engines wie etwa dem Ring Mod (Wavetable-Engine) oder dem Phase Mod (Harmonic Engine Modul) erkenne ich durchaus Sounddesign-Potential. DIE neue Klangdimension eröffnet sich hier aber nicht. Der Shimmer-Reverb macht, was er soll, nämlich schimmern. Warum man da aber nicht einfach einen entsprechenden Regler in das bestehende Reverb eingebaut hat, ist mir aus Nutzersicht nicht ganz klar. Auch kommt man deswegen schnell durcheinander, denn der eine (Shimmer) bietet Feedback und Ducking als Parameter, während man beim anderen (Reverb) nur den Pre-Delay einstellen kann. Eine etwas chaotische Lösung.
Mit MS-20 Filter Acid Vibes und böse Bässe bauen
Was sich mir aber vollumfänglich erschließt: das MS-20 Filter. Schon das Instrument selbst sorgte in der V Collection 9 für Begeisterungsstürme. Arturia ist hiermit eine der besten Emulationen seit langem gelungen. Und in Pigments 4 spielt das MS-20 Filter vor allem in Kombination mit dem Sequencer und den Verzerrungsmöglichkeiten der Engines seine Stärken noch einmal deutlich aus. Wie das bei hohen Resonanzen dynamisch pfeift und dröhnt, macht einfach (Acid-)Laune.
Im Vergleich zu den anderen Filtern wie Mini und dem Jup-8 geht dem Signal im MS-20 auch bei stärkerer Filterung nicht die Puste aus. Im Vergleich zur Korg-Emulation musste ich beim Mini den Filter-Output bei gleicher Cutoff-Position mehr als 10 dB nachpegeln, um den Pegel wieder anzugleichen. Auch klingt die Resonanz im MS-20 einfach eine ganze Ecke analoger, unregelmäßiger und nicht so dünn und künstlich.
Wunschzettel und Verbesserungsvorschläge für Pigments 4
Wunschlos glücklich ist man als Plugin-Tester und Produzent sowieso fast nie. Arturia macht grundsätzlich alles richtig mit dem Update. Aber so langsam werden, vor allem im direkten Vergleich zur Konkurrenz, einige fehlende Features offensichtlich. So vermisse ich immer noch einen Wavetable-Editor, wie man in ihn aus Serum und Vital kennt. Auch der eigentliche Wavescanning-Modus scheint etwas vernachlässigt. In Massive, Massive X, Serum und Vital gibt es verschiedene Bend- und Stretch-Modi, die aus einer einzelnen Wavetable weitaus mehr Soundmöglichkeiten holen, als es durch einfaches Durchfahren möglich ist.
Generell wäre Parameter Lock wie in Omnisphere sehr praktisch. So könnte man einzelne Parameter oder ganze Engines einfrieren und vom Preset-Wechsel ausschließen. Auch Features wie ein Feedback-Routing für die Filter-Module, Looping im Sampler oder das Kopieren einer Hüllkurve auf die andere dürfen gerne langsam Einzug erhalten. Keines dieser Features fehlt so sehr, dass es ein Minuspunkt für dieses Update wäre. Synth-Wechselwillige wird man damit trotzdem schneller überzeugen können.