Arturia Pigments 6 Test

Nanu, schon wieder ein volles Update? Pigments 5 ist gerade einmal 12 Monate alt, da stock schon Arturia Pigments 6 auf und bringt neue Filtertypen, mehr Modulation und einen Vocoder-Effekt mit. Außerdem gibt’s in dem Software Synthesizer nun Physical-Modelling. Wir testen das Update.

Arturia Pigments 6 Test

Von Pigments 1 bis 5

Fassen wir einmal zusammen, die Updates für diesen Soft Synth werden langsam nämlich etwas unübersichtlich. Mit Pigments gelang Arturia 2019 ein ziemlich großer Wurf. Eine Wavetable- und eine virtuell-analoge Engine, tolle Effekte und vor allem eine der besten Bedienoberflächen auf dem Markt.

Arturia Pigments 1
Pigments 1 von 2019 – optisch ist viel beim Alten geblieben, das zeichnet gute GUIs aber auch aus!

Version 2 brachte Sample- und Granular-Playback, MPE und neue Effekte, zeigte aber auch Grenzen auf. Das lag daran, dass Arturia zwar neue Features eingeführt, sie aber nicht zu Ende gedacht hat – wie man am fehlenden Time-Stretching oder dem mangelhaften MP3-Import gesehen hat. Bei Version 3 ließ man sich etwas mehr Zeit und die Additive Harmonic Engine kam hinzu. Kurze Zeit später führte Pigments 3.5 mit CrossMod neue FM-Klangwelten ein.

Play Mode in Arturia Pigments 4
In Pigments 4 kam der Playmode neu dazu, eine reduzierte Ansicht mit Performance-Fokus. 

Mit Pigments 4 optimierte Arturia den Workflow und verbesserte dann vor gut einem Jahr mit Pigments 5 den Sequenzer. Gleichzeitig integrierte der Hersteller hier einen Sidechain-Audio-Input. Im Gegensatz zu Serum, Phase Plant, Omnisphere oder Massive X sind die Franzosen auf Geschwindigkeit bedacht. Schon jetzt zeigt sich Pigments ziemlich komplett, gibt sich ausgereift und hat Presets für sehr viele Genres im Gepäck. 

Wie klingt Pigments 6?

100 neue Presets enthält die Vorabversion. Die illustre Mischung reicht von Sounddesigner-Größen wie Francis Preve, den man von diversen Ableton Live Presets, Serum, aber auch von Hardware wie Korg Modwave oder Sequential Take 5  kennt, bis hin zu experimentellen Sounds von YouTuber und Drum ‘n’ Bass-Artist Dash Glitch. 

Preset Browser in Pigments 6
Einige der neuen Presets in Pigments 6

Der Star von Pigments 6 ist die Modal Engine – verglichen mit den anderen Presets schneidet sie meiner Meinung nach auch mit den besten Sounds ab. Das Glockenspiel, die Pizzicato-Streichersounds oder die Marimba – so organisch und „echt“ klang Pigments noch nie.

Audio Samples
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01. Bells of Varasani 02. The Wooden Oracle 03. The Fifth Kalimba 04. Sine Dust 05. Indigo Mush 06. Shimmervox 07. Thin Plucked Arp

Die Modal Engine

Mit der Modal Engine lässt Arturia Physical Modeling in Pigments einziehen. Damit versetzt man Klangkörper (Resonatoren) mit einer Reihe von Excitern (Anregern) in Schwingung, wie man es vom altehrwürdigen Sculpture in Logic oder von Collision in Ableton Live kennt. 

Software Instrument Sculpture aus Logic Pro
Exciting: Sculpture aus Logic Pro, einer der ältesten und vielseitigsten Physical-Modelling-Synths

Als virtuellen Klangkörper nutzt man entweder eine Saite (“String”) oder einen festen Balken, der hölzern oder gläsern klingt (“Beam”). Ein Exciter versetzt diesen dann in Schwingung. Davon gibt es in Pigments zwei verschiedene. Der Collision Exciter simuliert das einmalige Anschlagen – wie es beispielsweise bei einem Drumstick der Fall ist. Der Friction Exciter hingegen simuliert die kontinuierliche Schwingung, wie bei einem Geigenbogen oder dem Luftstrom in einem Blasinstrument.

Neue Modal-Engine im Softsynth Arturia Pigments
Die Modal-Engine in Pigments 6 und ihre Module

Beide Exciter haben mehrere Modi, die aus unterschiedlichen Klangquellen schöpfen, um den Klangkörper zum Schwingen zu bringen. Bei den einzelnen Parametern will ich nicht zu sehr ins Detail gehen, nur so viel: Selten habe ich mit einem Physical Modeling Synth so schnell so realistisch klingende Sounds gebaut. Sehr zugänglich! Dass man nun Möglichkeit hat, den Sidechain-Audioeingang aus dem letzten Update als Exciter zu verwenden, hat mich überzeugt. Zusammen mit Percussion oder Drumloops im Sidechain-Signal versetzt man Pigments so in groovige Schwingungen. Es ergeben sich Sounddesign-Eskapaden, die ich so noch nicht gehört habe.

Audio Samples
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08. Modal Engine mit Sidechain-Signal als Modulator 09. Percussion Loop und Modal-Engine 10. Friction-Exciter in der Modal Engine

Unfertig möchte ich die neue Engine zwar nicht nennen, doch kann man an einigen Stellen erahnen, wohin die Reise geht. So kann man in diesem Update zum Beispiel keine eigene Transient Samples importieren. Auch der Granular-Exciter könnte vielseitiger sein, wenn man die zweite Engine einfach verlinken könnte – da wäre es egal, ob Granular, Harmonic oder Modal. Arturia wird da bei Pigments 6 oder 7 sicher nachlegen. Stattdessen hätte man vielleicht auch einfach ein halbes Jahr oder Jahr warten und daran feilen können.

Filter Update in Pigments 6: Multimodal 2, Cluster und LoFi

Pigments 6 hat zwei komplett neue Filtertypen, Cluster und LoFi. Zudem hat man Multimodal V2 einmal überarbeitet. Auch die gesamte Filter-Sortierung ist neu. Sie ist jetzt aufgeteilt in digital und analog. Multimodal V2 sucht man als einzelnen Filtertyp vergeblich. Er verbirgt sich hinter dem Bereich Classic. Dort gibt es 17 (!) digitale Filtertypen, jeweils LP, HP, BP, Notch und Allpass mit unterschiedlichen Flankensteilheiten. Auf Wunsch kann man den Multimodal-V2-Filtern per Analog-Switch etwas analogen Biss zuschalten.  

Filtermodul in Pigments
Cluster-Filter und das neue Filtermenü

Cluster bringt sieben neue Filter mit, die so ähnlich klingen wie die bereits vorhandenen Formant-Filter. An sich sind sie eher unspektakulär. Bei starker Modulation mit einem LFO entwickeln sie aber vor allem bei Pad-Sounds einen wunderbar zerstörerischen Glitch-Charakter. LoFi entpuppt sich wiederum als einfacher, aber schön krachender Bitcrusher. Hier empfiehlt es sich, Filter 1 mit LoFi in Filter 2 zu routen und die kratzigen LoFi-Höhen dort mit einem sanften Low-Pass-Filter zu dämpfen.

Vocoder-Effekt und Verbesserungen bei der Granular Engine

Das nächste Daft-Punk-Cover ist gerettet! Was an sich keine Neuerfindung ist, ist meines Wissens nach aber ein Novum für einen Softwaresynthesizer: ein Vocoder. Als Modulator verwendet er hier entweder einen der Oszillatoren oder ein per Sidechain in Pigments geroutetes Signal. Und dafür, dass es nur ein kleiner Synth-Effekt ist, klingt er ziemlich gut. Vor allem Analog- und der Dirty-Modus erzeugen Sounds, die sich nah an Daft Punk und Kraftwerk bewegen.

Vocoder-Audioeffekt in Pigments 6
Als Modulatorsignal dienen entweder die Filter, das Sidechain-Audiosignal oder jede Engine einzeln.

In Pigments Update 6 hat sich auch die Oberfläche der Granular Engine leicht verändert. Mit Scan ist ein sehr gut klingender, aber nicht so leicht zu beschreibender Parameter hinzugekommen. Im Prinzip legt man hier bereits im Sample-Editor fest, von wo aus die Engine im Sample abspielt. Mit Scan „fährt“ man während des Abspielens der glitchigen Grains durch das Sample – am besten, wenn der Parameter per LFO moduliert wird. Das erzeugt je nach Sample noch epischere Grainwolken. 

Envelope Follower Funktion in Pigments
Scan und Envelope Follower in Aktion.

Und auch bei den Modulatoren hat sich etwas getan: Envelope Follower, Random und Voice Modulator sind neu, während man Function verbessert hat. Der Envelope Follower gehört zum Standardrepertoire vieler Softsynths. Und die Dynamik eines Signals als Modulator zu nutzen, eröffnet ungeahnte Möglichkeiten. Voice Modulator wiederum kennt man so ähnlich schon als Voice Map Modulator aus Diva. Die Idee: Man kann jede „Stimme“, also gespielte MIDI-Note, mit einem anderen Modulationswert senden. Ganz so analog wie Diva kann Pigments das zwar noch nicht, dafür bekommen gerade mehrstimmige Akkorde mit dem Voice Modulator genau die Prise Zufälligkeit, mit der das Wiederholen der Akkorde stundenlang Spaß macht. 

Function entspricht mehr oder weniger einem Multi-Stage-Envelope – und ist mit dem Update etwas übersichtlicher geworden. Neben den drei existierenden Random-Modulatoren Turing, Binary und Sample & Hold gibt es jetzt aber auch ein „echtes“ Random-Modul. Der Hauptunterschied: Hier erzeugt man zufällige Modulationskurven und keine einzelne Werte, zu denen der Modulator dann abrupt springt. 

Wunschzettel für Pigments X

Sehen wir uns in einem Jahr zu Pigments 7 wieder? Und 2027 zu Pigments 8? Beim Arturia-Synth wird das langsam absehbar. Das ist auch grundsätzlich nicht unbedingt schlecht, versuchen die Franzosen doch offensichtlich, die Konkurrenz in wirklich allen Belangen mindestens ein- oder sogar zu überholen. Und da gäbe es noch so einige Features: das Layering von Synths wie Omnisphere 2 oder Dune 3, eine kräftige Prise Analogsound, Preset-Morphing, eine dedizierte FM-Engine, eine dritte Sound-Engine, irgendetwas „Spektrales“, optionale Limiter am Ausgang jedes Moduls (wie bei Current), Time-Stretching im Sampler, Micro-Looping-Effekte, vielleicht noch ein paar Spuren wie in einer DAW…

Software-Synthesizer Current von Minimal Audio
Current von Minimal Audio hat Limiter an jedem Modul – auch eine Idee für Pigments?

Im Ernst, das Plugin fügt sich bereits seit einigen Versionen zum kompletten Softwaresynthesizer und, was Updates und Workflow angeht, auch zum wahren VST-Streber. Etwas mehr Charakter, Dreck und Eigenständigkeit würde Pigments aber guttun. Das wäre aber wohl nur möglich, wenn man Arturia sich mit dem nächsten Update vielleicht etwas mehr Zeit lassen würde. Denn so wie es aussieht, hetzt man jedem Feature hinterher, bis Pigments X irgendwann die unvermeidliche KI-Engine enthält. Das könnte spannend werden – oder aber auch nicht.

Fazit

Mit Pigments 6 kommt das Plugin von Arturia der Vollkommenheit sehr nah, was Soundmöglichkeiten, Vielfalt und Workflow betrifft. Kaum etwas fällt beim Spielen der Presets und dem eigenen Sounddesign negativ auf. Die Modal Engine bringt wieder neue Timbres, die neuen Filter bieten vor allem für Glitch- und LoFi-Sounds neue Möglichkeiten. Insgesamt gesehen sind die Neuerungen durch die Bank weg gelungen, an den eigentlichen Schwachstellen des Plugins arbeitet man aber vorbei. 

Denn Arturias Achillesferse sind analoge Filter. Hier spielt man im Vergleich zu Diva, Omnisphere, Dune 3 oder The Legend HZ seit jeher im Mittelfeld. Und die vielen Updates von Pigments fühlen sich langsam so an, als würde man um den heißen Brei herumreden. 

Features

  • Polyphoner Software-Synthesizer mit zwei Engine-Slots und jeweils: Analog, Wavetable, Sample (Granular), Harmonic (Additiv) Engines und neu: Modal Synthesis
  • Über 2900 Presets – davon 100 neu in Version 6
  • Noise- und Subbass-Modul: Noise-Samples, Sidechain-Slot in Noise 2 für externes Audio und Subbass-Generator
  • 13 Filter: MultiMode V2, MS-20, SEM, Matrix-12, Jup-8, Mini, Surgeon, Comb, Phaser, Formant, Lowpass Gate, Cluster, LoFi – in zwei Slots
  • 19 Effekte: Delay, Tape Echo, PS Delay, Reverb, Shimmer, Distortion, Bitcrusher, Compressor, Multiband, Super Unison, Chorus, Chorus Jun-6, Flanger, BS-20-Flanger, Phaser, Stereo Pan, Multi Filter, Param EQ, Vocoder in zwei Insert-Lanes und einer Send-Lane mit jeweils drei Slots
  • Sequencer/Arpeggiator: Geschwindigkeiten BPM, Sync, Polyrhythmisch, Randomize-Funktion, Generative MIDI-Funktion zur automatischen Erzeugung von Melodien und Sequenzen (neu)
  • 24 Modulatoren: u.a 3 Envelopes, 3 Envelopes, Velocity, Aftertouch, 2 Random-Module, Neu dabei: Envelope Follower, Random und Voice Modulator
  • MPE-fähig: Polyphoner Pitchbend, polyphone Modulation bei Pressure und MPE Timbre. 
  • PREISE:
  • Arturia Pigments: EUR 99,- (Straßenpreis 28.01.2025, bis 15.02.2025, danach 199 Euro)
  • Update: kostenlos.

Unser Fazit:
0 / 5
Pro
  • Modal Engine erzeugt sehr realistische Percussion-Sounds
  • Vocoder-Effekt klingt hervorragend
  • Neue Modulationsmöglichkeiten durch Envelope Follower
  • Voice Modulator bringt
Contra
  • Analogcharakter ungenügend
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Arturia Pigments 6 Test
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Heartleader sagt:

#1 - 28.01.2025 um 20:51 Uhr

0

Ich dachte auch das Pigments 6 eine dritte Sound-Engine vor allem da es immer mehr Soundgenerator gibt. Ich finde es gut das Arturia den Pigments laufend updated und man mitwachsen kann.

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