Praxis
Roland und Oberheim: Wie klingen Arturias Emulationen der analogen Synthesizer?
Ein Neueinsteiger bei Arturia ist der JUN-6 V. Wie der Name schon andeutet, handelt es sich hierbei um einen virtuellen Roland Juno-60. Allerdings gibt es konzeptionelle Verbesserungen: Eine zweite Hüllkurve, ein zweiter LFO sowie die Modulationsmöglichkeiten und internen Effekte machen die Emulation zu einem flexibleren Soundlieferanten als das Original. In der gut sortierten Bibliothek finden sich mehrere moderne Sounds. Nur, wer den Vintage-Charakter des Roland Juno-60 bzw. einen simplen warmen Sound mit auffallendem Chorus benötigt, sollte den preiswerten TAL-U-NO-LX vorziehen. Wie gut sich der smarte Juno von Arturia klanglich schlägt, demonstrieren die ersten Hörbeispiele.
Ein zweiter Kandidat von Roland wurde erneut verbessert: Der Arturia Jup-8 V4 rekonstruiert zwar den Roland Jupiter-8, bietet aber noch weitere Features wie den zweifachen 32-Step-Sequencer, eine Modulationsmatrix und die internen Effekte. Eine seiner Stärken liegt bei modularen Phrasen, die sich intuitiv und mit viel Freude erzeugen lassen. Auf diese Weise ist im Sounddesign eine deutlich höhere Flexibilität als bei Rolands Flaggschiff gegeben. Lassen wir einige Beispiele aus der großen mitgelieferten Library für sich sprechen.
Nicht weniger modular und modern ist die Emulation der Ikone von Oberheim, die Arturia als „OB-Xa V“ bezeichnet. Wie beim emulierten Jupiter-8 ist der Grundsound tendenziell eher kühl als warm und kraftvoll, der OB-Xa V bietet aber tolle Möglichkeiten, den Oberheim-Sound für aktuelle elektronische Musik fit zu machen. Wer sich mit ihm beschäftigt, wird völlig andere Sounds entwickeln als mit dem geschichtsträchtigen Vorbild. Einige der folgenden Hörbeispiele zeugen von dieser Aktualität.
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Ein überraschender Trendsetter: Retro Sampling mit Arturias Emulator II V.
Vocoder V: Ein klassischer Vocoder, aufbereitet für die DAW-Produktion
Trotz der vielen tollen Software-Vocoder, die wie etwa der Zynaptiq Orange Vocoder echten Kultstatus erlangt haben, sind die Erwartungen bei einem Prachtstück wie dem Moog gleich doppelt so groß. Und das zurecht, denn Arturia begeistert uns hier mit einem praktischen Konzept, das den mächtigen Stimmentransformator mit einem Sampler und einem Synthesizer kombiniert. Man muss also nicht erst selbst ins Mikro sprechen oder singen, um das ganz persönliche Spektakel in die DAW bekommen. Auch die Suche nach Loops oder Samples entfällt. Der Arturia Vocoder V ist mit seiner erstaunlich umfangreichen und vielseitigen Library für die Musikproduktion direkt einsetzbar. Neben den typischen Roboterstimmen à la Kraftwerk und anderen Vocals finden sich hier effektvolle Percussion/Drumloops und vor allem tolle sphärische Effektsounds und Pads. Es macht richtig viel Spaß, die Presets zu durchforsten und sich dabei inspirieren zu lassen. Man bekommt wieder Lust, bei einem der nächsten Projekte Vocoder-Sounds einzusetzen. Praktischerweise sind die Phrasen meist temposynchron und per Tastatur direkt in verschiedenen Tonarten spielbar. Die besondere klangliche Note runden Tape Echo, Reverb, Flanger und andere Effekte der dreiteiligen FX-Sektion ab.
Wer es individueller mag, kann immer noch seine eigene Stimmen und Samples einspeisen und dank 16 Bändern sowie weiteren Klangparametern seinen eigenen Klang erschaffen. Daumen hoch für diesen Praktiker, der sowohl konzeptionell als auch klanglich überzeugt. Ein paar Kostproben aus der mitgelieferten Bibliothek haben wir auch noch zusammengestellt.
Arturia Stage-73 V2: Das Fender Rhodes im Fokus der beliebten Vintage E-Pianos
Das Fender Rhodes wurde vielfach per Sampling und Physical Modeling nachgebildet. Mit dem Arturia Stage-73 V2 bekommt man zwei Basismodelle („Stage“ und „Suitcase“), die sich klanglich zunächst nur marginal unterscheiden. Beim Suitcase-Modell findet sich auf der Oberfläche natürlich ein Stereo-Tremolo-Effekt. Für Modifikationen des jeweiligen Grundsounds bietet das Softwareinstrument in den „Advanced Settings“ viele physikalische Parameter wie den Abstand des Tonabnehmers sowie Stärke und Geräuschanteil des Hammers. Sieben verschiedene Modelle (Classic A+B, High Tines, Main, Mark V A+B und Modern) stehen zur Auswahl, das Hohner Clavinet und Pianet bleiben außen vor. Sehr üppig fällt die Effektabteilung aus, in der sich ein Fender Amp und vor allem etliche Tretminen finden. Wer sich mit der History der Fender Rhodes-Modelle nicht auskennt, tappt hier ein wenig im Dunkeln. Das ist aber nicht weiter tragisch, denn gut spielen und sinnvoll einsetzen lassen sich die E-Pianos der Arturia-Kollektion eigentlich immer.
Es gibt hier mehr als ausreichend viele Presets inklusive Effekt-Settings, die von fähigen Menschen erstellt wurden. Praktisch alle beliebten Vintage-Rhodes-Sounds sind anspielbereit. Die meisten E-Pianos von Arturia erreichen zwar nicht die Präsenz der Entsprechungen von Spectrasonics Keyscape, integrieren sich aber sehr gut ins Arrangement, vor allem wenn Akkorde und Begleitphrasen für einen Song gefragt sind. Es finden sich auch Ansätze zum kreativen E-Piano-Design, die aber nicht voll und ganz überzeugen. Insgesamt betrachtet ist es zwar eine umfangreiche, aber eher spezielle Kollektion für den klassischen Fender-Sound. Hippe Kreationen für Lo-Fi-Chill-Hop, Trap und ähnliche Musikstile fehlen ebenso wie ausgefallenere E-Piano-Modelle. In der nächsten Version könnte Arturia solche Sounds gerne hinzufügen.Bei den Hörbeispielen starten wir mit einer Default-Einstellung und demonstrieren anschließend acht verschiedene Presets des Arturia Stage-73 V2 anhand der gleichen live eingespielten Aufnahme.