Praxis
Astons im Servicefall schnell geöffnet
Aston Origin und Aston Spirit wirken gleichermaßen robust. Das liegt natürlich auch an Optik und Gewicht. Die Konstruktion beider Mikros ist sehr einfach, was zur Folge hat, dass man mit einem Inbusschlüssel die Geräte recht schnell in ihre Einzelteile zerlegt bekommt – praktisch im Servicefall! Dellen wie ein Standardkorb wird die Sonderkonstruktion der Astons sicher so schnell nicht bekommen, aber auf einen „Belastungstest“ in Form eines freien Falls habe ich aus Nachsicht verzichtet. Beim Überkopfbetrieb sollte man öfters mal die beiden Schrauben am Kopf überprüfen: Lösen sie sich irgendwann, liegen sonst Kopfplatte, die Metallgewebematte und die Grillkonstruktion auf dem Boden und die Kapsel ist ungeschützt.
Meine geäußerten Befürchtungen bewahrheiten sich nicht. So konnte ich keinerlei Probleme durch einen resonierenden Grill ausmachen, keine schlimmen Reflexionen aufgrund der Kapsel-Bodenplatte erkennen, der Klopftest am Tubus ist erwartungsgemäß negativ. Cool. Auch Körperschall überträgt sich nur, wenn man wirklich am Stativ rüttelt oder der Fußboden so stark wackelt, dass man schon von schlechten baulichen Ausgangsvoraussetzungen sprechen muss. Auch diesbezüglich ist also alles gut. Das Hochpassfilter arbeitet sauber.
Lasset die Anbeterei beginnen: Aston Origin
So. Tut mir leid, das so zu sagen, aber der Text war bis hierhin eigentlich nur Vorgeplänkel. Das Origin: Es klingt wirklich einfach wahnsinnig gut. Und das hat natürlich seine Gründe. So ist es im Bass straff, konkret und analytisch, fast schon mit Kleinmembraner-Eigenschaften. Es mag sogar sein, dass manche User es zunächst als schmalbrüstig wahrnehmen, doch liegt das weniger am Pegelfrequenzgang denn an der Tatsache, dass das Mikro echt tight reagiert und man erst bei recht hohen Pegeln signifikante Obertonanreicherung wahrnimmt. Dazu kommt, dass der eingebaute Pop-Filter wirklich gut funktioniert. Es gibt mittlerweile so einige Mikros, die schon ab dem Abstand von einigen Zentimetern erstaunlich unempfindlich sind. Die Lippen am Grill sind aber normalerweise ein Garant für die so gut wie irreparablen Pops im Signal – beim Origin nicht! Da scheint sich die außergewöhnliche Materialwahl gelohnt zu haben, besonders, wenn man bedenkt, dass ein handelsüblicher externer Pop-Filter den Vorteil hat, über eine größere Fläche und somit die bessere Möglichkeit verfügt, Schallenergie mechanisch aufzunehmen, indem er sich flexibel um mehrere Millimeter mitbewegt. Und ganz nebenbei sind Grill und Mesh der beiden Astons ja auch der Schutz vor elektromagnetischer Einstreuung und einem eventuellen Stromschlag durch den aufgeladenen Kondensator. Nah besprochen bleibt das Origin ohne übertriebene Anreicherung im Bass.
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Etwas „normaler“ ist das Aston Spirit
Etwas weniger konkret und mit weniger aufgeräumtem Bass kommt das Spirit in allen Richtcharakteristiken. Im Direktvergleich finde ich es ein wenig schwammiger, dafür aber auch wohliger, warmer, größer. Und trotz annähernd identischer Konstruktion ist das Aston Spirit popempfindlicher als das Origin. Auch der Proximity-Effekt führt beim Spirit dazu, dass man, um einer gewissen Belegtheit des Signals entgegenzuwirken, wohl etwas größere Besprechungsabstände wählt (oder vor der Bassdrum mit einem schön runden Tiefbass belohnt wird). Pluspunkt: Die Pattern sind durchaus stabil, zumindest zeigen sie keine extremen Ausbrüche im wichtigsten Frequenzbereich zwischen 200 Hz und 2 kHz – und darüber auch nur, wenn man sich weit von der Off-Axis entfernt. Die Figure-of-Eight, also das bidirektionale Pattern, ist schön symmetrisch, sodass das Spirit auch als S-Mikrofon in MS-Setups taugen kann.
Besonders Origin ohne Wow-Effekt
Es gibt Mikrofone, die testet man an und denkt direkt „Meine Güte, was für ein Sound!“, vergisst dabei aber schnell, dass das Mikrofon einem dadurch einige Regelmöglichkeiten verbauen kann, indem es stark vorformt. Das Origin ist hingegen ein deutlich professionelleres Werkzeug, als es die Preisgestaltung vielleicht vermuten lässt: Es ist überall noch genug „Fleisch“, um herzhaft mit dem EQ zuzugreifen, die Präsenzen sind nicht überbetont, es wird nicht versucht, mit reibeligem Sound und verschleiften Transienten den Eigenklang hinzubekommen, der in ausreichender Qualität bei deutlich teureren Mikrofonen zu finden ist. Weise von Aston also, auf den Show-Off-Effekt des „Instant Vocal Sounds“ zu verzichten.
Spirit etwas kerniger
Das Spirit hingegen ist etwas „griffiger“ und kerniger, es liefert ein Signal mit etwas mehr Ecken und Kanten, zeigt in gehaltenen Tönen Textur und reichert transientenreiche Elemente wie S- und T-Laute leicht an – aber immer so, dass es nicht auf Kosten der Transparenz geht.
Beide nicht linear
Ganz linear sind beide Kondensatormikrofone nicht, schließlich sind sie keine Kleinmembraner. So findet man ein ganz leichtes Pushing oberhalb von 2 kHz, um dem Signal ein wenig nach vorne zu verhelfen, aber harsch oder scharf sind beide Astons nie. Die Höhen sind bis zum leicht abfallenden Air-Band ausreichend vorhanden, aber dennoch sanft und – hier gilt es genauso wie in den Tiefen – schnell und trocken. Dadurch wirken Spirit und Origin gleichermaßen recht sanft, aber gleichzeitig detailliert, das Spirit zeigt oben stärkere Anzeichen von Glanz. Gerade die hervorragende Mikrodynamik ist es, die dem Klang durchaus das Attribut „teuer“ zuordnen lässt, auch wenn der Blick auf das Preisschild eines Besseren belehrt. Im direkten Vergleich zwischen Origin und Spirit gefällt mir das Origin aber etwas besser, es besticht einfach durch seine enorme Vielseitigkeit und Ausgewogenheit.
Makrodynamik in bester Ordnung
Das Rauschen beider Mikros liegt nicht auf dem geringstmöglichen Niveau, ist aber – und das ist die wichtigere Nachricht in einem solchen Zusammenhang – frei von Komponenten, die herausstechen könnten, wenn man Signale mit geringem Pegel aufzeichnet und stark komprimieren will. Mit 10, beim Spirit sogar mit bis zu 20 Dezibel Vordämpfung kann man getrost auch hohe Pegel in die Mikros jagen – über ein Zuviel wird man auditiv sehr eindeutig informiert. Aber das liegt pegelmäßig deutlich jenseits der typischen Anwendungsbereiche.
Chris sagt:
#1 - 05.02.2016 um 09:55 Uhr
Hey,was ist denn das geiles!!!?? Das Origin ist gleich mal meins!! Ich hab schon mit dem Violet the Atomic geliebäugelt. Da es aber zu Poppanfällig ist fällt das raus.
Das Origin rauscht dafür ein bisschen mehr, aber angesichts der Leistung und einem Output von 23mV geht das i.O.Chris
Chris sagt:
#2 - 05.02.2016 um 11:35 Uhr
Noch was was mir auffiel...das Origin kommt dem Mojave dermaßen nahe....das ist schon sehr bemerkenswert. Dagegen klingt das CAD nach A....und F....:-)
Daniel sagt:
#3 - 14.02.2016 um 12:43 Uhr
Ich wollte mir eigentlich das Shure SM7b kaufen. Weil ich eher mit Stimmen der härteren Gangart zu tun habe. Jetzt habe ich diesen Test hier gelesen und das Origin klingt auch sehr interessant (ist auch günstiger ;D). Allerdings wird mir aus dem Test nicht ganz klar, ob es für meinen Einsatzbereich auch brauchbar wäre ^^
Nick (Redaktion Recording) sagt:
#3.1 - 15.02.2016 um 12:06 Uhr
Hi Daniel,ja, "geeignet" ist es in jedem Fall, wie fast jedes Mikrofon – ob es für die jeweilige Stimme und den jeweiligen Mix die beste Wahl ist, kann man nicht voraussehen. Ein Kondensatormikrofon wie das Aston ist in jedem Fall etwas höhenreicher als das SM 7B, das ja ein Tauchspulenmikro ist. Das muss aber nicht negativ sein. Allerdings ist es sehr sinnvoll, bei Verwendung eines dynamischen Mikrofons auch einen ordentlichen Preamps zur Verfügung zu haben. Sonst besorg' Dir einfach beide mit Rückgabeoption und probiere aus, was Dir besser passt. Lass' Dich aber nicht direkt vom höhenreicheren Sound eines Kondensers blenden, sondern setze die Stimme auch mal in einen Mix!Beste Grüße,
Nick
Antwort auf #3 von Daniel
Melden Empfehlen Empfehlung entfernenChris sagt:
#4 - 18.02.2016 um 11:18 Uhr
Hallo Nick,könntest du dir auch vorstellen, das Origin bei einer M/S Mikrofonierung als Mittenmikro einzusetzen?Danke!LGChris
Nick (Redaktion Recording) sagt:
#4.1 - 18.02.2016 um 11:35 Uhr
Hallo Chris,ja, das könnte ich. Allerdings werden gerne sehr schnelle Kleinmembraner eingesetzt. Dennoch kann ich mir vorstellen, dass der nicht allzu bissige Charakter dem tendenziell sehr "konkret" klingenden MS-System etwas entgegenarbeitet, was durchaus gut sein kann. Bei der querliegenden Acht bist Du mit einem Einzelmembran-Mikrofon wahrscheinlich besser beraten als einem umschaltbaren wie dem Spirit.Beste Grüße,
Nick
Antwort auf #4 von Chris
Melden Empfehlen Empfehlung entfernenChris sagt:
#4.1.1 - 18.02.2016 um 15:07 Uhr
Hi Nick,
ja, das ist richtig, kleinmembraner werden eigentlich bevorzugt. Dennoch haben bekanntlich Großmembraner die Eigenschaft eine Klangquelle wie ein Orchester etwas Körperhafter abzubilden. Das Origin ist wie getestet dennoch ziemlich schnell mit den Transienten. Wie ist das mit dem Rauschen, Nick...Kann ich auch in diesem Punkt sorglos sein, wenn es um M/S mit etwas größerem Abstand geht?Danke dir!!!LGChris
Antwort auf #4.1 von Nick (Redaktion Recording)
Melden Empfehlen Empfehlung entfernenNick (Redaktion Recording) sagt:
#4.1.1.1 - 18.02.2016 um 16:30 Uhr
Hi Chris,ja, da sagst Du was… Du wirst sehr wahrscheinlich nicht irrsinnig komprimieren, aber 18 dB(A) sind zumindest für Großmembraner nicht wahnsinnig wenig. Aber schau' Dir zum Vergleich mal die Werte von Kleinmembranern an, die sind eigentlich immer höher; selbst Schoeps Colette CMC6 mit MK4 liegt noch bei 15 dB(A). Wichtiger als die Zahl ist aber, dass das Rauschen beim Origin nicht "grainy" war, sondern stabil, ausgewogen und vor allem dicht. Wahrscheinlich wird Dir der Preamp dabei mehr Sorgen bereiten.Ich kenne Dein Setup und Deine Anwendung natürlich nicht, aber probier auch ruhig mal ein M/S mit einem Druckempfänger als M-Mikro.Beste Grüße,
Nick
Antwort auf #4.1.1 von Chris
Melden Empfehlen Empfehlung entfernenChris sagt:
#4.1.1.1.1 - 19.02.2016 um 07:50 Uhr
Hi Nick,Da ich das Mikro auch für Solo-Instrumente und Gesang brauch, denke ich, daß es das Richtige ist. Wenn es für den M/S Einsatz auch tauglich ist...dann ist das der QUAN!:-)
Ich hab mehrere gute Preamps..u.a. einen Focusrite ISA, einen DAV, einen True Systems, einen Audient...etc...ich denke, das dürfte mit allen gut funktionieren...Danke dir!!LGChris
Antwort auf #4.1.1.1 von Nick (Redaktion Recording)
Melden Empfehlen Empfehlung entfernenMusikzumLeben sagt:
#5 - 23.12.2017 um 10:40 Uhr
Hey,
erstmal möcht ich den wie immer sehr aufwendig gestalteten und äußerst hilfreichen Test loben (bonedo ist für mich in den letzten Jahren immer die erste Seite "to go" wenn ich wieder ein neues Schmuckstück suche), aber auch eine Frage stellen.
Ich besitze zur Zeit ein Rode NT1-A, das mir schon einige Zeit super Dienste leistet (hab auch ein paar Chöre mit gutem Ergebnis aufgenommen). Jetzt bin ich auf der Suche nach etwas neuem, das sich etwas vom Rode abhebt. Ich dachte eigentlich auch an umschaltbare Charakteristik, hab aber so viel gutes vom Origin gehört, dass ich mir nicht mehr so sicher bin. Es geht ja vor allem um den Sound!
Aufnahmesituationen sind vor allem Gesang (eher bissige dunklere Stimme, aber auch mal andere Leute), aber auch Gitarre sowie, weniger oft, alle möglichen Hintergrundinstrumente und Chöre.
Ich wäre sehr dankbar die Meinung eines Profis zu hören und freie mich schon auf die Antwort.Viele Grüße,
Lucas
Robert sagt:
#6 - 02.11.2018 um 07:25 Uhr
Hej Nick,
vielen Dank für Deine tollen Reviews!!! Ich habe nun auch mal eine Frage: Kannst Du mal beschreiben, wie sich das Origin im Vergleich zum MA-201 FET schlägt... das wäre für mich mal sehr interessant. Ich besitze derzeit fast nur Tauchspulenmikros (RE20, MD21), die ich dank Deiner Tests für mich sehr lieb gewonnen habe. Als Kondensatormikro habe ich das MK 4, welches mir an vielen Stellen etwas zu brilliant klingt... kann man zwar auch korrigieren, aber ich hätte da gerne ein etwas linearers. In erster Linie möchte ich es nutzen, um Akustikgitarren aufzunehmen, auch mal als Room und Vocals-Mic. Als Preamps benutze ich einen 6176 und DMA 73. Soundlich stehe ich besonders auf den Stones Sound von 68-71.
Vielen Dank für Deine Hilfe & Gruß Robert
Nick (Redaktion Recording) sagt:
#6.1 - 06.11.2018 um 11:56 Uhr
Hi Robert,danke zurück für die Blumen. Zum Thema: Zunächst einmal ist das MA deutlich teurer. Ich empfinde es als etwas reichhaltiger und dynamisch etwas "aufgeregter" als das Aston. Und je länger ich es kenne, desto mehr separiere ich den Übertrager vom Grundklang, das Origin wirkt dahingehend etwas schlüssiger. Hör' Dir auf jeden Fall die Files im Player an, allerdings ist das ja Gesang. Das MK4 ist eben ein gutes Mix-Ready-Gerät. Was Linearität angeht, ist sicher ein Schoeps nicht verkehrt, auch ein Audio-Technica AT5045 oder ein DPA. Mit Deinen Amps kombiniert, kann das sicher sehr passend klingen. Auch mal an Bändchen gedacht? Ein Coles 4038, aber schon ein Beyerdynamic M130 oder ein preiswertes Ribbon können gut helfen, soundmäßig an Rockproduktionen der späten 1960er zu kommen.Beste Grüße,
Nick Mavridis (Redakteur Recording und eher bei den Beatles als bei den Stones :-D )
Antwort auf #6 von Robert
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