Die tschechische Softwarefirma Audified legt mit dem AmpLion 2 Rock Essentials eine neue, vollkommen überarbeitete Version ihres seit 2011 erhältlichen Ampsimulationsmodels AmpLion vor. Das Facelift kommt dabei mit drei Ampmodellen, vier Cabinets, die mit einer Auswahl aus 10 Mikes flexibel abmikrofoniert werden können, und 15 wohlbekannten Effektpedalen.
Oberflächlich betrachtet wirken die nackten Zahlen erstmal geringer als die der Vorgängerversion, allerdings sind die Ampmodelle mit diversen Kanälen ausgestattet. Hierbei hat man sich natürlich auf die Soundqualität sowie eine stärkere Flexibilität innerhalb der verfügbaren Modelle fokussiert. Auch der grafischen Benutzeroberfläche wurde ein neues Design gegönnt – das sieht äußerst ansprechend aus und ist außerdem skalierbar. Selbstverständlich ist die Konkurrenz im Bereich der virtuellen Ampsoftware mit Anbietern wie z. B. Universal Audio, Neural DSP oder Positive Grid sowohl zahlreich als auch qualitätsstark vertreten. Daher interessiert uns natürlich umso mehr, wie sich diese kompakte Software gegen die Platzhirsche von Übersee behaupten kann.
Details
Konzept
Bei AmpLion2 handelt es sich um eine Software, die sich einerseits auf die Simulationen von E- Gitarrenverstärker inklusive deren abmikrofonierter Speaker spezialisiert hat und andererseits diverse, gitarrentypische Pedaleffekte inkludiert.
AmpLion2 gibt es nicht für den Stand-alone Betrieb an, sondern es fungiert als reines Plugin für MacOS und Windows im VST/AU/AAX-Standard.
GUI Übersicht
AmpLion 2 ließ sich auf meinem Windows Rechner tadellos installieren und die Aktivierung bzw. Lizenzierung über meinen iLok Account gestaltete sich ebenfalls vollkommen problemlos.
Für den Plugin-Einsatz verhält sich AmpLion 2 wie ein Effekt, der in der DAW auf die entsprechende Spur gelegt wird. Anschließend kann es dann auch schon losgehen.
Die grafische Benutzeroberfläche (GUI) präsentiert sich optisch ansprechend und wurde liebevoll aufbereitet. In der Header-Zeile zeigen sich der Plugin-Off/On-Button und ein Lupensymbol, mit dem sich die Ansichtsgröße der GUI in sechs Stufen zwischen 50 und 200% skalieren lässt. Das Schraubenschlüsselsymbol führt hingegen zu den Einstellungen. Hier kann man unter anderem mögliche Updates abfragen oder zur Website sowie dem Manual gelangen – Letzteres lag zum Testzeitpunkt jedoch noch nicht vor.
Die Oversampling-Rate ist hier ebenfalls zwischen High und Low einstellbar und mittels Copy-and-paste-Funktion lassen sich Presets easy kopieren. Das Glockensymbol daneben macht auf News der Herstellerseite aufmerksam. Rechts außen kommt man zum Presetbereich. Hier besteht die Möglichkeit, entweder auf ein leeres Defaultpreset zuzugreifen oder aber abgespeicherte Voreinstellungen aufzurufen, von denen ab Werk neun Factorypresets bereitstehen. Das Speichern und Löschen der Eigenpresets wird ebenfalls hier vorgenommen.
Das Bedienfeld unter dem Header führt zur Signalkettenansicht, die in vier einzelne anwähl- und deaktivierbare Blöcke eingeteilt ist. Am Anfang steht eine Pre-Effekteinheit, gefolgt vom Ampblock, im Anschluss daran kommt der Cab Block und am Ende zeigt sich ein weiterer Post-Effektblock. Diesen Modulen wollen wir uns jedoch weiter unten im Detail widmen.
Für dich ausgesucht
Bartender DeLux 65
Wie der Name schon verrät, haben wir es hier mit dem Fender Deluxe Reverb zu tun, jenem Amp, der mit seinen 22 Watt Leistung quer über alle Stilrichtungen, von Country über Pop bis hin zu Rock anzutreffen ist. Wie auch beim Original gibt es hier zwei Kanäle, nämlich Normal und Vibrato, die nochmal zwischen einem Low und High Input schaltbar sind. Die Rückseite führt zu einem Pushed-Mode, der prinzipiell wie ein dezenter Inputboost fungiert und den Sound etwas näher Richtung Break-up bringt. Ein Spring Reverb und ein Tremolo sind ebenfalls schaltbar.
Martial 59
Hinter diesem Namen verbirgt sich natürlich die britische Rocklegende Marshall, wobei die Zahl 59 auf das Super Lead Modell, das durch Jimi Hendrix berühmt wurde, hinweist. Auch hier stehen fünf Input Modes zur Verfügung, nämlich ein Normal und ein Bright Channel, die jeweils wieder in High und Low unterteilt sind, und sogar ein “Parallel”-Channel, hinter dem sich die überbrückte Variante beider Kanäle verbirgt.
Weitere Optionen sind ein Mastervolume und ein Pushed-Mode sowie die Möglichkeit, auf der Rückseite zwischen SLP- und HW-Modus umzuschalten und einen “Brown”-Mode zu aktivieren, der natürlich auf den Brown-Van-Halen-Sound anspielen soll. Auch die Auswahl aus einem 8- und einem 16-Ohm-Anschluss ist wählbar und hat Einfluss auf den Sound.
Jukebox 30
Der Name und auch die Optik verraten, dass wir es hier mit einem weiteren britischen Klassiker zu tun haben, nämlich dem Vox AC30.
Das Jukebox-Modell wird, genau wie das Original, mit einem Normal- und einem Top-Boost-Segment ausstaffiert, wobei auch hier fünf Input Modes bereit stehen, nämlich der Normal- und der Top-Boost-Channel, die jeweils wiederum in High und Low verfügbar sind und über die “Input Link”-Option brückbar gemacht werden können.
Cabinets
Der Cabinet Block bietet nun die Option bis zu zwei verschieden Cabinets mit unterschiedlichen Mikes einzusetzen. Hierbei besteht die Möglichkeit, die beiden Speaker im Panning frei anzuordnen, oder aber beide Cabinets in das Center zu legen und unterschiedliche Blendings beider Speaker über den Level-Regler zu bestimmen.
Laut Herstellerangaben kamen hier keine Impuls Responses zum Einsatz, sondern es wurde versucht, das Reaktionsverhalten der Speaker auf anderem Wege zu emulieren. Dementsprechend bietet AmpLion 2 auch nicht die Option, Drittpartei IRs zu laden. Insgesamt stehen vier Werks-Cab-Modelle zur Auswahl:
- Martial 412 GB: basiert auf einem 4×12″-Celestion-Greenback-Modell mit vollen Bässen und angenehmen Mitten.
- Martial 412 G12A: basiert offensichtlich auf einem celestion-vintage-30-artigen Modell mit betonten Mitten.
- Bartender 112 J: basiert auf einem 1×12″-Jensen-Speaker in einem offenen Cabinet.
- Jukebox 212 GB: basiert auf einer 2×12″-Open-Back-Bestückung eines Vox Cabinets.
Effekte
Die Effekte sind nun in eine Pre- und Post-Sektion aufgeteilt, sprich in Effekte, die vor der Ampvorstufe stattfinden, und in solche, die man üblicherweise danach anordnet, wobei hier jeweils vier Effekt-Slots pro Sektion zur Verfügung stehen.
Insgesamt bietet AmpLion 2 fünfzehn neue Effektmodelle, die nahezu allesamt auf bekannten Pedalklassikern basieren. In der Pre-Sektion besteht die Auswahl aus einem Wah, Drive-Modellen, EQs, Modulation und Delay-Modellen, während die Post Sektion EQ, Modulation Delay und Reverb anbietet.
Das Wah-Modul liefert mit dem Jukebox Wah 84 eine Anlehnung an das frühe Vox Wah. Der Drive Block bietet die Emulation eines Ibanez Tubescreamers, eines Boss OD-1, eines MXR Distortion+ und eines Fuzz Faces. Darüber hinaus gibt es noch zwei Treble-Booster, wovon einer an den Dallas Arbiter Range Master angelehnt ist, und das zweite Modell möglicherweise an den von Pete Cornish gefertigten Brian-May-Booster.
Für den EQ besteht die Auswahl aus einer graphischen und einer parametrischen Variante. Der Modulationsblock scheint sich in seinen Präferenzen im Electro-Harmonix-Lager ausgetobt zu haben, denn hier finden wir die Emulation eines Small Stone Phasers, eines Electric Mistress Flangers und eines Small Clone Choruspedals.
Im Delayblock der Pre-Effekt-Sektion zeigt sich das “Memorized Delay”, eine Anlehnung an den EHX Memroy Man, während im Post-FX-Block neben dem erstgenannten Delay noch ein digitales Delay mit dem Namen DigiDelay anzutreffen ist, das diverse Stereovarianten, wie z. B. ein Ping-Pong-Delay anbietet. Der Reverbeffekt speist sich aus einem einzigen Pedal mit dem Namen “DigiVerb”, der zwei Room- und einen Hall-Reverb liefert.
Wer hier noch Tremolo und Springreverbs vermisst, kann beruhigt sein, denn der Ampblock liefert ja zwei Topteile, die mit diesen Effekten ausgestattet sind.