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Audio-Technica AT4022 Test

Praxis

Zwei der unscheinbaren Mikrofone sind bei bonedo eingetroffen. Die beiden Stäbchen sind äußerst präzise gearbeitet, von den Metallarbeiten bis hin zur Oberfläche. Die Schalter lassen sich leider nur mit einer Schalthilfe (dafür aber auch nicht aus Versehen) in ihrer Position verändern.

Eines der beiden Kugelmikrofone im Einsatz im AB-Stereo.
Eines der beiden Kugelmikrofone im Einsatz im AB-Stereo.

Klanglich zeigen sich die beiden Druckempfänger als brav arbeitende Untertanen. Wie bei Audio-Technica üblich, hat man auch beim 4022 viel Wert auf die Klangqualität gelegt und wenig auf Budenzauberei. So gehört es zu den Kleinmembran-Kondensatormikrofonen mit dem besten Preis-Leistungsverhältnis. Es löst beispielsweise sehr gut auf und liefert viele Details, wenngleich es nicht die dynamische Perfektion mancher teurerer Testkandidaten vorweisen kann. Authentisch genug klingt die Gitarre trotzdem, die feinen Strukturen werden erst im Air-Band ein klitzekleinwenig ungenauer, was auch bei Druckstau-Effekten so bleibt. Im Vergleich beispielsweise mit Oktavas MK-012 klingt das AT aber schärfer, sehniger und brillanter, was sich besonders an der Übertragung der Saitenanschläge und der Griffgeräusche im Audiobeispiel erkennen lässt:

Audio Samples
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Audio-Technica AT4022 Referenz Schoeps CMC-62 Referenz DPA 4009 Diffusefield-Grid

Schön ist das klare und deutliche Stereobild, auch die Rückwürfe von den Begrenzungsflächen sowie die gut dargestellte Dichte des Diffusschalls – im Paar leisten die beiden Mikrofone gute Arbeit, obwohl sie nicht als Matched Pair angeboten werden. Offenbar geht es auch ohne.
Der Frequenzgang erscheint also in den Höhen entgegen ersten Befürchtungen nach Sichtung der Grafik recht ausgeglichen, eher in den Mitten kann man auf einem Punkt herumhacken, wenn man es darauf anlegt: An manchen Stellen lässt sich ein leichtes Dröhnen ausmachen, über dessen Herkunft nur spekuliert werden kann. Aber in jedem Falle ist das eine klangliche Nuance und definitiv kein Show-Stopper. Wenn man das AT4022 kritisiert und dabei vielleicht vor dem inneren Auge das Preisschild wie eine Fernsehsender-Kennung einblendet, kommt man schnell zu dem Ergebnis, dass es sich nach wie vor um ein außerordentlich gutes Mikrofon handelt. Natürlich ist der Nutzen eines Sets aus zwei Audio-Technica Druckempfängern nicht auf Akustikgitarre beschränkt: Ich denke direkt an Klavier, Flügel und Orgel, an befellte Perkussionsinstrumente und etwas dunklere Schallquellen, bei sehr spitzen Sounds (z. B. unausgewogen klingende Becken) sollte man etwas behutsam vorgehen. Bei dieser Anwendung erweist sich die Pad-Schaltung als nützlich. Sicherlich gut aufgehoben ist ein 4022-Pärchen sogar als Hauptmikrofone bei Orchester- und Choraufnahmen – wenngleich man bei entsprechendem Budget und einer adäquaten weiteren Aufnahmekette zu deutlich teureren Mikrofonen greifen wird. Zu diesen ist es allerdings kein Quantensprung, sondern nur ein “Quäntchensprung”.

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Profilbild von Chris

Chris sagt:

#1 - 01.12.2016 um 12:03 Uhr

0

Hey Nick,kurze Frage...bei den At4022igern kann man nicht von einer Diffusfeldentzerrung sprechen, richtig?LGChris

    Profilbild von Nick (Redaktion Recording)

    Nick (Redaktion Recording) sagt:

    #1.1 - 01.12.2016 um 13:19 Uhr

    0

    Hi Chris,das ist eine Definitionsfrage. Es gibt eine Höhenanhebung zur Entfernungskompensation, allerdings ist die nicht extrem ausgeprägt. Ich würde das Frequenzbild in den Höhen (und somit den typischen Einsatzort) mit Schoeps' MK 2H vergleichen, die anders als die MK 2 nicht möglichst linear sind. Damit wäre das 4022 bei mittleren Distanzen gut aufgehoben, also in typischer Hauptmikrofondistanz für AB, Decca oder als Kugel-M. Als Ambience-Mikro würde man für ein natürliches Klangbild wahrscheinlich die Höhen leicht anheben wollen. Das vertragen die ATs bis zu einem gewissen Grad recht gut.Beste Grüße,
    Nick Mavridis (Redaktion Recording)

    +1
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