Praxis
Zu Beginn mag die Handhabung des System 10 ungewöhnlich erscheinen. Zumindest für Tontechniker, die es gewohnt sind, eine Frequenzplanung für eine Veranstaltung zu erstellen und die Sendestrecken stets durch Überwachung der Frequenzen und der Sendepegel zu kontrollieren. Während man bei anderen Funksystemen oft erst einmal ein wenig Zeit damit verbringt, Frequenzen zu suchen, zu synchronisieren, gegebenenfalls einen Environment Scan durchzuführen, um die effektivste Frequenz zu finden und Sender und Empfänger zu benennen, spart man beim System 10 einige Handgriffe ein und damit Zeit, da die Kombi von Audio-Technica fast die gesamte Arbeit selbständig übernimmt. Man muss Sender und Empfänger nur eine ID-Nummer zwischen 1 und 8 zuweisen und einmalig synchronisieren, was sehr schnell und simpel funktioniert, und danach übernehmen zwei Antennen jeweils in Sender und Empfänger die Frequenzsuche und wechseln diese selbständig. Es können bis zu acht Sendestrecken des System 10 an einem Veranstaltungsort in Betrieb genommen werden. Sie senden und empfangen störungsfrei, solange man ihnen verschiedene ID-Nummern zuweist. Durch dieses selbstständige Einstellen und den eigenständigen Frequenzwechsel braucht der Anwender sich nur noch über das Programm Gedanken machen.
Raumdiversität
Raumdiversität umfasst die verschiedenen Techniken, bei denen das gleiche Funksignal über verschiedene Funkwege zur Empfangseinheit übertragen und von mehreren Antennen empfangen wird. Dabei müssen die beiden Empfangsantennen einen bestimmten Abstand zueinander haben, durch den möglichst viele Sendewege gewährleistet werden können.
Zeitdiversität
Das Signal wird mehrmals zeitlich versetzt über denselben Kanal gesendet, sodass zeitabhängige Schwankungen der Signalstärke ausgeglichen werden.
Frequenzdiversität
Dasselbe Signal wird zeitgleich über zwei oder mehrere Trägerfrequenzen übertragen. Bei Störungen oder einer kompletten Signalauslöschung kann man davon ausgehen, dass nicht alle verwendeten Frequenzbereiche davon betroffen sind. Bei der parallelen Übertragung des Signals werden zwei Sender und Empfänger parallel betrieben und dadurch zwei Frequenzbänder belegt. Dies wird beim System 10 durch zwei verschiedene Sender-/Empfängerantennenpaare realisiert.
Diese drei Diversitätsstrategien in Kombination gewährleisten eine komplett störungsfreie Übertragung, die ohne jegliche Nutzerinteraktion vonstatten geht und automatisch und selbstständig die besten Sendefrequenzen und die beste Sende-/Empfangsantenne auswählt, während sie das Signal mit Zeitversatz mehrfach auf dem gleichen Kanal sendet.
Hinzu kommt ein klarer, präziser und auf die Stimme angepasster Sound. Durch die dynamische Mikrofonkapsel ist das Mikrofon besonders gut für die Bühne geeignet und zeigt sich besonders rückkopplungsarm.
Um die klanglichen Eigenschaften des ATW-T1102 zu illustrieren, habe ich es mit Aufnahmen mit dem ebenfalls für Gesangsstimmen angepassten Shure Beta 58A verglichen.
Bei den Aufzeichnungen mit einem Sänger stellte sich heraus, dass das ATW-T1102 einen sehr angenehmen Klang hat. Die Stimme klingt ein wenig samtig und transparent und dennoch vor allem im Mitten- und Bassbereich sehr warm. Dabei wird der Bassbereich nie muffig. Allerdings nimmt das ATW-T1102 bei hauchigem Gesang Wind- bzw. Puste-Geräusche auf (ganz am Anfang der Aufnahme mit Piano zu hören). Ein Windschutz ist daher bei Sängern, die auch mal hauchig singen, zu empfehlen. Dies könnte auch bei Open-Air-Einsätzen wichtig sein. Wie man außerdem auf der Aufnahme mit Klavierbegleitung hört, ist das Mikrofon rückwärtig nicht sehr stark abgedämpft – das Klavier ist relativ präsent zu hören. Und wenn der Sänger effektmäßig mit dem Abstand zum Mikrofon spielt, klingt es nicht etwa räumlicher, sondern nur leiser.
Das ATW-T1102 hebt wie fast alle Funkmikrofone ferner den Höhenbereich hervor. Besonders scharfe Zischlaute wie s/ß, t, f oder auch c sowie z können unter Umständen unangenehm scharf klingen. Bei Explosivlauten konnte ich keinerlei Probleme feststellen. Oft ist bei den EQ-Einstellungen für ein Gesangsmikrofon der Griff zum High-Pass-Filter und zum Bass-Poti der erste. Bei dem ATW-T1102 war dies nicht nötig. Denn der Bassbereich ist angenehm warm und klar modelliert.
Verglichen mit dem Shure Beta 58A sind die Höhen ausgeprägter und der Bassbereich etwas klarer und wärmer. Ansonsten sind sich die beiden Mikrofone in Punkto Sprachverständlichkeit sehr ähnlich. Der Höhenbereich klingt beim Shure Beta 58A angenehmer, da die Zischlaute nicht ganz so scharf sind wie beim ATW-T1102. Ferner ist beim Beta 58A etwas mehr dynamisches Spiel mit dem Mikrofonabstand möglich, ohne dass der Sound prägnant leiser wird. Beide Mikrofone verfügen über samtig-warme, klare Mitten, die beim ATW-T1102 etwas stärker ausgeprägt sind.
Um das Mikrofon konkreter einzuordnen, habe ich es auch bei Instrumentenaufnahmen verwendet. Als Overhead für ein Schlagzeug eignet es sich gut, alle wichtigen Frequenzen für Overheads sind da und in einer Form ausgeprägt, sodass man auch hier keine großartigen EQ-Editierungen vorzunehmen braucht, außer vielleicht den Bassbereich ein wenig abzusenken, wenn Bass Drum, Snare und Toms hinzukommen, um eine ausgewogene Mischung zu erzielen. Die Becken und die HiHats klingen angenehm, mit klaren Höhen und warmen Mitten. Je nachdem, wie man möchte, dass ein Schlagzeug klingt, lässt sich das ATW-T1102 gut als Overhead einsetzen.
Auch eine Akustik-Gitarre habe ich abgenommen, diese im Abstand von etwa einem Meter. Dabei hört man die leichte Färbung und die Anpassung des Mikrofons für die Stimme recht deutlich, es klingt sehr mittig auf diesem Abstand. Und man hört, dass es nicht wirklich für Gitarren gedacht ist. Bei der sehr leisen Gitarre musste ich den Gain deutlich aufdrehen, wodurch auch das Rauschen natürlich lauter wurde. Bei Gesang nah an der Kapsel ist praktisch kein Rauschen zu hören, auch wenn leise gesungen wird und der Gain relativ hoch eingestellt ist. Doch an Stellen, wo nicht gesungen wird, macht das Mikro förmlich auf und die Umgebung wird etwas lauter.
Für dich ausgesucht
Dies nur als kleiner klanglicher Exkurs.
Für Gesang und für die Sprechstimme ist das Mikrofon schön optimiert. Im Live-Betrieb sind nur Kleinigkeiten am EQ zu verändern, um die scharfen Höhen in den Griff zu bekommen. Insgesamt ist das Mikrofon für fast jede Bühnen- und Probensituation hervorragend zu gebrauchen, solange Sender und Empfänger nicht mehr als 30 Meter voneinander entfernt sind und optimalerweise Sichtweite zwischen ihnen besteht. Da die Empfänger gerade in größeren Sälen auf der Bühne angebracht werden, sollten auch die 30 Meter Entfernung kein großes Problem darstellen. Die Sichtweite zwischen Sender und Empfänger sollte bei Distanzen im Bereich von 30 Metern eingehalten werden, da es sonst tatsächlich zu Signalabrissen kommt.