In diesem Audiovergleich widmen wir uns sechs sehr beliebten Distortion-Pedalen, darunter ein paar Vintage Schätzchen wie der HM-2, der Guv’nor, The Rat und der Big Muff, die allesamt schon älteren Semesters sind und zu den absoluten Ikonen gehören. Dazu kommen mit dem Boss DS-1 und Boss MT-2 zwei Distortion-Pedale, die nach wie vor weitestgehend unverändert im Handel sind.
In diesem Workshop geht es wieder darum, die Pedale völlig wertungsfrei nebeneinander zu stellen und im direkten Vergleich die Unterschiede zu hören, damit ihr euch ein Bild machen könnt, welches Distortion-Pedal eventuell euren Soundvorstellungen entsprechen könnte. Dabei wurden die Pedale natürlich immer über den gleichen Amp gespielt (gleiche Box und Mikrofon), um einen realistischen Vergleich zu erhalten.
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Mehr InformationenDie Kandidaten
Boss DS-1
Der DS-1 ist ein Liebling vieler Gitarristen unterschiedlicher Genres. Das Pedal war und ist im Einsatz von Kurt Cobain, Steve Vai, Gary Moore, Joe Satriani und vielen mehr. 1978 wurde es vorgestellt und ist seitdem ununterbrochen am Markt. Die Zutaten (Op-Amp) wurden im Laufe der Zeit leicht verändert, aber der Grundcharakter ist generell geblieben. Eine ordentliche Distortion-Säge, die aber noch gut dynamisch reagiert. Geregelt wird mit der klassischen Dreierkette aus Level, Tone und Distortion. Der DS-1 ist auch deshalb bei vielen beliebt, weil er ein recht preisgünstiges Pedal ist. Das aktuelle Modell kostet im Handel unter 60 Euro und ältere Modelle sind ebenfalls zu einigermaßen moderaten Preisen zwischen 100 und 200 Euro erhältlich.
Für dich ausgesucht
ProCo The Rat
Die Ratte ist neben dem DS-1 ebenfalls eines der ersten Distortion-Pedale, die mit Hard-Clipping arbeiteten. Auch ihr Geburtsjahr ist 1978, damals noch per Hand gefertigt und noch nicht auf Massenproduktion ausgelegt. Im Laufe der Zeit änderte sich das gewaltig, denn die Nachfrage nach ihr war sehr groß und der Durchbruch kam dann Anfang der 1980er Jahre mit der sogenannten Small Box Rat. Auch hier gibt es wieder die typischen drei Regelmöglichkeiten für Zerrgrad (Distortion), Lautstärke (Volume) und Klangfarbe (Filter). Das Filter-Poti ist ein Low-Pass-Filter: Je weiter man es aufdreht, desto dumpfer wird der Sound. Das aktuelle neue Modell (Rat 2) ist im Handel für unter 80 Euro erhältlich. Die Rat aus den 1980er Jahren wird momentan für über 200 Euro auf dem Gebrauchtmarkt gehandelt.
Wenn ihr mehr über das Pedal und die unterschiedlichen Variationen wissen möchtet, dann schaut euch mal die Liebeserklärung an die ProCo Rat an.
Electro Harmonix Big Muff
Der Big Muff gehört ebenfalls zu den bekanntesten Vertretern des Genres, aber wenn es um eine klare Einordnung geht, gibt es in Gitarristenkreisen unterschiedliche Meinungen. Die einen sehen (und hören) das Pedal eher als Fuzz, andere sprechen vom Big Muff Distortion. Egal, Hauptsache, es klingt und zerrt ordentlich. Und dass es das tut, bestätigt die lange Liste mit bekannten Usern, auf der unter anderen David Gilmour, Santana, Black Keys, Nirvana oder Metallica namentlich genannt werden. Anfang der 1970er Jahre wurde das Pedal von Mike Matthews auf den Markt gebracht und hat seit der Zeit unzählige Versionen und Revisionen erfahren. In unseren Beispielen hört ihr die Version 4 mit OP-Amps (ca. 1978).
Marshall Guv’nor
Mit dem Guv’nor hat der britische Amp-Hersteller 1988 den Versuch unternommen, den Sound des damaligen Flaggschiffes, des JCM 800, in ein Pedal zu verfrachten. Das Experiment kann man eindeutig als gelungen bezeichnen, denn viele Gitarristen haben ihre Sounds mit dem Pedal verfeinert. Entweder als reines Zerrmodul vor einem clean eingestellten Amp oder auch mit einem bereits angezerrten Verstärker. Gary Moore beispielsweise setzte den Guv’nor auf seinem legendären “Still Got The Blues”- Album bei vielen Songs ein. Die älteren Guv’nor Pedale werden auf dem Gebrauchtmarkt für ca. 200 Euro gehandelt, das aktuelle Nachfolgemodell, der Guv’nor 2, ist bei einigen Anbietern noch für weniger als 70 Euro zu haben. Weitere Informationen zu diesem Pedal findet ihr in unserer Liebeserklärung an den Marshall Guv’nor.
Boss HM-2
Der Boss HM-2 ist eine Art Weiterentwicklung des DS-1, aber das Namenskürzel lässt schon erahnen, dass es hier eher etwas kerniger zur Sache geht und dass das Pedal klanglich in Richtung Heavy zielt. Allerdings muss man den Sound in Verbindung mit der Entstehungszeit sehen, denn das Pedal kam 1983 auf den Markt und war einer der ersten High-Gain-Verzerrer. Mit dem Zweiband-EQ konnte man Bässe und Höhen separat regeln und dazu kam die sehr eigene und aggressive Gainstruktur. Das Pedal war und ist in der Death Metal-Szene sehr beliebt und gilt mittlerweile als Meilenstein des Metal-Sounds. Die Produktionszeit betrug auch lediglich ca. sieben Jahre, was ebenfalls zur Legendenbildung beiträgt, anschließend stellte Boss mit dem Metal Zone (MT-2) den Nachfolger vor.
Boss MT-2
1991 stellte Boss die Produktion des HM-2 ein und brachte mit dem MT-2 als Nachfolgemodell ein High-Gain-Zerrpedal für den moderneren Metalsound an den Start. Das Pedal besitzt Potis für Bässe und Höhen und dazu eine parametrische Mittenregelung, um diesen Bereich sehr zielgerichtet bearbeiten zu können. Die Centerfrequenz ist zwischen 200 Hz und 5 kHz einstellbar und der Wirkungsgrad beträgt bei allen drei Bändern ±15 dB, um den Klang auch möglichst effektiv verbiegen zu können. Der Sound dieses Pedals polarisiert die Gitarristenwelt – die einen hassen es, die anderen lieben es. Ein Fakt, der klar für ein Charakterpedal spricht, von dem der Hersteller inzwischen doch eine erkleckliche Zahl an den Mann gebracht hat, bei aktuell knapp unter 100 Euro.
AUDIOVERGLEICH:
Basis-Sound – Klangveränderung
Wir starten unseren Audiovergleich mit den Grundsounds der Pedale bei mittlerer Einstellung von Zerrgrad und Klangregelung. Hier liegt der Fokus natürlich auf der klanglichen Veränderung im Frequenzgang im Vergleich zum puren Ampsignal, wenn das Distortion-Pedal im Bypass-Modus ist. Distortion-Pedale färben den Klang generell etwas stärker als typische Overdrives und auch bei unserer bunten Auswahl zeigt sich das recht unterschiedlich. Hier sind die sechs Grundsounds, vorweg gibt es zum besseren Vergleich noch das direkte Amp-Signal ohne Distortion.
Dynamik – Reaktion auf das Volume-Poti an der Gitarre
Welchen Einfluss hat man mit dem Volume-Poti an der Gitarre? Das ist die nächste Test-Kategorie, und hier habe ich eine etwas niedrigere Einstellung des Zerrgrades genommen. Bei den Audiobeispielen steht der Volume-Regler an der Les Paul zuerst auf 4, dann auf 10.
Saitentrennung bei hohem Zerrgrad
Wenn es richtig sägt und zerrt, sollten trotzdem noch identifizierbare Einzeltöne zu hören sein, im besten Fall auch noch Akkorde jenseits der Powerchords. Und die klingen nur dann nicht matschig, wenn die einzelnen Saiten deutlich auszumachen sind. Wie das bei unseren Kandidaten aussieht und klingt, werdet ihr in den nächsten Beispielen hören. Dort habe ich diverse Sept- und Nonenakkorde bei hohem Zerrgrad gespielt. Zu Beginn hört ihr wieder das Beispiel ohne Distortion.
Sweetspots
Im Verlauf des Artikels habt ihr bereits hören können, dass sich die Pedale in ihrem Gainverhalten, der Klangfarbe und auch der dynamischen Ansprache teilweise deutlich unterscheiden. Jetzt kommen wir zu den Schokoladenseiten der einzelnen Kandidaten und ich habe bei jedem Pedal zwei Einstellungen ausgewählt, die mir persönlich besonders gut gefallen. Das ist selbstverständlich immer Geschmacksache und unsere Distortion-Klassiker haben natürlich wesentlich mehr Sweetspots zu bieten, aber das würde hier den Rahmen sprengen.
Fazit
Die klanglichen Unterschiede bei diesem Audiovergleich sind gravierender als beim Audiovergleich der sechs Overdrive-Pedale. Aber das liegt in der Natur der Sache, denn im Distortion-Bereich herrscht größere Vielfalt und es wird auch etwas großzügiger mit der Idealvorstellung umgegangen, wie eine linearer Sounds (kaum Veränderung im Frequenzgang, wenn das Pedal aktiviert wird) auszusehen hat. Außerdem sind mit HM-2 und MT-2 zwei Pedale im Rennen, die eher auf Heavy-Sounds zugeschnitten sind, während beispielsweise der Big Muff tendenziell dem Fuzz näher ist als einem Metal-Distortion. Aber alle sind Charakterpedale und besitzen ihren Legendenstatus zurecht.
Der DS-1 sorgt für eine höhenbetonte Zerre, die sich auch bei höheren Gain-Settings gut durchsetzen kann. Außerdem reagiert er noch recht feinfühlig auf Aktionen mit dem Volume-Poti an der Gitarre. DS-1 und Rat sehe ich als Allzweck-Distortion, die Rat punktet mit dem Filter-Regler, der auch harsch klingende Amps etwas zügelt. Der Guv’nor ist für mich ein Mittelding zwischen Overdrive und Distortion, er klingt echt klasse bei niedrigen Gain-Settings, reagiert sehr dynamisch und färbt nur wenig. Er kann aber auch die Zerrkeule auspacken, allerdings nicht so heftig wie zum Beispiel der Big Muff. Der sägt und sägt … und das ist auch gut so. Für dynamische Spielereien ist er eher ungeeignet, aber wenn man ein Zerrbrett mit viel Sustain haben möchte, ist er erste Wahl. Der HM-2 beherrscht sehr gut klassische Metal-Sounds, sein Zerrgrad ist kleiner als beim Metal Zone und er kann auch dezenter auftreten. Dazu hat er im “Swedish Setting”, also alles voll aufgedreht, einen herrlich kaputten Ton, der auch mal einem Fuzz-Pedal Konkurrenz machen kann. Beim MT-2 Metal Zone ist der Name Programm, hier gibt es moderne Mid Scoop-Sounds, die mit dem parametrischen Mittenregler feinjustiert werden, und er färbt den Frequenzgang am deutlichsten.
Skinner sagt:
#1 - 06.07.2024 um 22:36 Uhr
Ich komme grad von einem kleinen Festival. EIne Gitarristin hat genau diese Boss DS 1 auf der Bühne und ich dachte was ist für eine widerlich schlechte Zerre. Das sägt und macht was weiß ich nicht noch alles an Shredder aber nichts harmonisches…einfach nur grauenvoll. Noch nie so etwas schlechtes gehört. Die Zerre soll auch noch Kult sein. Also mir verschlägt die Sprache. Ihr nennt es "durchsetzungsstark" und ich "nervtötend". Wer benutzt das? Ich habe es bisher noch nie auf Aufnahmen oder Konzerten gehört, außer eben heute. Mit Boss komme ich aber sehr selten klar und hatte schon viel von der Firma: Compressor Sustainer, Super Oberdrive, Blues Driver, etc. Irgendwie alle Kult offenbar aber nicht mein Geschmack und finde es gibt deutlich besseres. Nur das Auto Wah ist ein Goldschätzchen für mich. Man muss ein bissserl damit über aber wenn man es beherrscht, macht es irren Spaß und bietet viele Sounds. Das dies, wie auch die anderen, aber auch keine Presetspeicher oder Midi haben, sind sie eben auch nur One-Trick-Ponies. Aber em Ende ist es auch Geschmackssache. Den Kultstatus und den damit verbundenen Preisen, kann ich allerdings nicht nachvollziehen.