Spricht man von „amp-like“-Distortions, kommt man zumindest im Medium- bis High-Gain-Sektor um zwei Namen nicht herum: Friedman und Soldano. Waren es ursprünglich ihre legendären Topteile, sind die beiden Hersteller seit einiger Zeit auch wegen ihrer Zerrpedale in aller Munde. Das Konzept war bei beiden identisch: Man wollte den Sound des Flaggschiff-Amps auch als Bodentreter verfügbar machen. Und das Ergebnis waren die beiden Pedale Friedman BE-OD und Soldano Super Lead Overdrive (SLO).
Das Friedman BE-OD Pedal
Hier stand Dave Friedmans Erfolgsmodell, das 100-W-Topteil „Brown Eye“ BE-100 Pate, eine moderne Auslegung des „britischen“ Sounds. Bestückt mit vier EL34-Endstufenröhren bietet er die drei Kanäle Clean, BE (Brown Eye) und HBE (Hairy Brown Eye). 2016 erschien der „BE-OD“, eine Nachbildung des Brown Eye Kanals als Pedal, das schnell einen Platz im Distortion-Olymp ergattern konnte. Mit Volume, Gain, Treble, Bass, Presence und Tight sind sechs üppige Regeloptionen an Bord und ein internes Trimmpotis erlaubt das Justieren der verfügbaren Gainreserven.
Das Soldano Super Lead Overdrive (SLO) Pedal
Wie beim BE-OD wurde auch hier versucht, den Sound eines legendären Topteils ins Pedalformat zu schrumpfen. Die Vorlage war diesmal der Overdrive-Kanal des Soldano SLO-100, ein 100-Watt-Amp, der Ende der 80er-Jahre von Mike Soldano designt wurde. Er diente vielen berühmten Verstärkern als Blaupause, darunter dem Peavey 5150 oder dem Mesa Boogie Rectifier. 2022 erschien im Zuge des Soldano-Revivals auch das entsprechende Pedal, das mit den Potis Volume, Presence, Gain, Bass, Middle und Treble aufwartet. Ein Deep-Button an der rechten Gehäuseaußenseite sorgt für zusätzlichen Schub im Low-End.
Friedman BE-OD und Soldano Super Lead Overdrive (SLO) im Audiovergleich
Für die Soundfiles setze ich beide Pedale vor ein cleanes Fender Bassman Topteil und gehe von dort in die Faltung eines 4×12“ Celestion Greenback Cabinets.
Die verwendeten Gitarren werden jeweils angegeben.
Zunächst sei an dieser Stelle gesagt, dass es nicht das Ziel des Audiovergleichs ist, die Pedale 1:1 zu matchen oder einen Sieger zu küren. Dass beide Distortions qualitativ erste Sahne sind und auch auf Augenhöhe liegen, steht für mich außer Frage. Dennoch wird man je nach Spielrealität und Geschmack unterschiedliche Stärken ausmachen können, und genau diese wollen wir hier herausfiltern. Das interne Gain-Trimmpoti des BE-OD bleibt hier im Default-Setting, also mittig. Lediglich in der Rubrik “Gain Check” habe ich für den Minimalwert den Trimmregler auf die niedrigste und für den Maximalwert auf die höchste Position gesetzt. Der Deep-Button des SLO-Pedals ist stets deaktiviert.
Hier hört ihr das reine Ampsignal:
a) Medium Gain – Les Paul
Bass | Treble | Presence | Volume | Gain | Tight |
12:00 | 11:00 | 12:00 | 12:00 | 8:00 | 11:00 |
Volume | Presence | Gain | Treble | Middle | Bass |
12:00 | 14:00 | 10:00 | 12:00 | 11:00 | 12:00 |
b) Break-Up Sounds – Stratocaster
Bass | Treble | Presence | Volume | Gain | Tight |
14:00 | 10:00 | 10:00 | 12:00 | Min | 16:00 |
Volume | Presence | Gain | Treble | Middle | Bass |
12:00 | 14:00 | 8:00 | 11:00 | 12:00 | 12:00 |
c) High Gain – Les Paul
Bass | Treble | Presence | Volume | Gain | Tight |
12:00 | 11:00 | 16:00 | 12:00 | 15:00 | 14:00 |
Volume | Presence | Gain | Treble | Middle | Bass |
12:00 | 15:00 | Max | 14:00 | 8:00 | 12:00 |
d) Saitentrennung – Les Paul
Bass | Treble | Presence | Volume | Gain | Tight |
12:00 | 11:00 | 15:00 | 12:00 | 9:00 | 13:00 |
Volume | Presence | Gain | Treble | Middle | Bass |
12:00 | 14:00 | 13:00 | 13:00 | 9:00 | 12:00 |
e) Dynamik – Les Paul
Bass | Treble | Presence | Volume | Gain | Tight |
12:00 | 11:00 | 15:00 | 12:00 | 9:00 | 12:00 |
Volume | Presence | Gain | Treble | Middle | Bass |
12:00 | 14:00 | 13:00 | 13:00 | 12:00 | 12:00 |
f) Leads – Les Paul
Bass | Treble | Presence | Volume | Gain | Tight |
12:00 | 12:00 | 11:00 | 12:00 | 13:00 | 11:00 |
Volume | Presence | Gain | Treble | Middle | Bass |
12:00 | 14:00 | 15:00 | 13:00 | 12:00 | 12:00 |
g) Gain Check – Les Paul
Bass | Treble | Presence | Volume | Gain | Tight |
12:00 | 13:00 | 11:00 | 12:00 | Min-Max | 11:00 |
Volume | Presence | Gain | Treble | Middle | Bass |
12:00 | 12:00 | Min-Max | 12:00 | 12:00 | 12:00 |
Fazit:
Die Pedale weisen hinsichtlich ihres Einsatzbereichs durchaus starke Parallelen auf, und wie oben erwähnt klingen beide für meinen persönlichen Geschmack exzellent. Vereinfacht ausgedrückt liegt für mich der Hauptunterschied im verfügbaren Gain und der Mittenstruktur. Der BE-OD punktet in der Flexibilisierung des Zerrgrades nicht zuletzt mit seinem internen Trimmpoti. Mit seiner Hilfe kann er von überzeugenden Low-Gain-Sounds bis hin zur High-Gain-Abteilung ein riesiges Feld abdecken. Das Soldano Super Lead Overdrive-Pedal hat zwar immer noch sehr hohe Gainreserven in der Maximalstellung, bleibt aber hier etwas hinter dem BE-OD zurück. Der Soldano bietet hingegen durch seinen Mittenregler einen stärkeren Grad an klanglicher Vielseitigkeit. Dieser Frequenzbereich ist beim BE-OD nur bedingt justierbar. Hier sind mit dem Tight-Regler zwar gewisse Eingriffe in manche Mittenfrequenzen möglich, aber im Vergleich nicht ganz so prägnant. Die Saitentrennung bei mehrstimmigen Akkorden finde ich beim BE-OD minimal überzeugender und gleichförmiger. Aber auch in dieser Disziplin ist der Soldano sicherlich den meisten Distortions überlegen. Andererseits kann letztgenanntes Pedal einen Hauch mehr Dynamik bieten. Der Grundsound des Friedman ist etwas „Hi-Fi”-iger und dichter, wobei der Super Lead Overdrive einen etwas raueren und ” schreienderen” Ton anschlagen kann. Fakt ist, dass mit jedem der beiden Vergleichskandidaten ganz hervorragende Mid- bis High-Gain-Sounds umsetzbar sind. Für welches der beiden Pedale man sich entscheidet, bleibt einzig und allein dem Geschmack überlassen.
Chris sagt:
#1 - 14.02.2023 um 20:06 Uhr
Täuscht mich das oder ist das Friedman Pedal näher am JCM 800. Das Soldano Pedal klingt wirklich rauher, für meine Ohren weniger geschmeidig.
Haiko (Bonedo) sagt:
#1.1 - 15.02.2023 um 16:56 Uhr
Das stimmt schon, Friedman besitzt in der Tat die Marshall DNA, hat aber mehr Gain und die Mitten sind etwas scoopiger für meine Ohren.
Antwort auf #1 von Chris
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