Sobald Bezeichnungen wie JTM 45, JMP oder Plexi fallen, spitzen Gitarristen die Ohren, denn dabei handelt es sich um zwei Kult-Amps der britischen Verstärkerschmiede Marshall, die den Rock’n’Roll geprägt haben wie nur wenige andere.
In unserem heutigen Audiovergleich treten die beiden Ikonen gegeneinander an, allerdings nicht als Originale aus den Fünfziger- und Sechzigerjahren, sondern als handverdrahtete Exemplare aus der Marshall Handwired-Serie, die den Originalen so nah wie möglich kommen sollen.
Marshall hat es sich bei der Handwired-Serie zum Ziel gesetzt, die entsprechenden Verstärker tatsächlich in Handarbeit und ohne Platinen zu bauen, ganz so, wie in der guten alten Zeit auch die Originale gefertigt wurden. Zu diesem Zweck lässt man die entsprechenden Komponenten weitestgehend speziell dafür anfertigen, was sich letzten Endes natürlich zusammen mit der Handarbeit auch im Preis widerspiegelt. Allerdings fällt der, verglichen mit den Kreationen diverser Boutique-Hersteller, doch ziemlich moderat aus.
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Geschichte:
Im Jahre 1962 kam der Musikalienhändler Jim Marshall auf die Idee, zusammen mit seinem Techniker eine eigene Version der damals belieben Fender-Amps zu entwickeln und unter die Leute zu bringen. Erklärtes Ziel war ein Verstärker, der mindestens genauso gut klingen sollte wie ein Fender Bassman, der damals recht angesagt war. Das Ergebnis war der JTM45 mit der Seriennummer 2245, der heute zu Recht als eine der Ikonen der Verstärkergeschichte gilt. Dieser Amp liefert 30-35 Watt, auch wenn die Zahlen im Namen mehr vermuten lassen.
Das Kürzel JTM steht übrigens für Jim und Terry (Jims Sohn) Marshall, und genau dieser Amp wurde von Musikern wie Eric Clapton, Gary Moore, Angus Young und vielen anderen gespielt.
Über die Jahre entwickelte Marshall unterschiedliche Versionen des Amps, und auch der Bluesbreaker Combo basierte auf dem JTM45, benannt nach John Mayalls Band, in der Eric Clapton verantwortlich für den guten Gitarrenton war. Ein Grund, warum beim handgewickelten 45HW wie beim Combo auch ein Tremolo zu finden ist.
Wegen seiner Plexiglasfront wurde der JTM45 schlicht “Plexi” genannt, was für etwas Verwirrung sorgt, denn der JMP1959 Super Lead hört ebenfalls auf diesen Namen, unterscheidet sich aber deutlich vom JTM45.
Mein Kollege Haiko Heinz hat sich näher mit den Amps und deren Geschichte beschäftigt und eine sehr lesenswerte Abhandlung darüber geschrieben, die sich hier nachlesen lässt:
Beim JMP1959 handelt es sich um den direkten Nachfolger des JTM45 und die Geschichte besagt, dass ein gewisser Pete Townsend Marshall aufsuchte und um einen Verstärker bat, den er so laut spielen konnte, dass er beim Auftritt die Kommentare des Publikums nicht mehr hören musste. Ob diese Geschichte nun exakt der Wahrheit entspricht, bleibt wahrscheinlich für immer ein Rätsel. Fakt jedoch ist, dass viele Gitarristen nach einem lauteren Amp verlangten und Jim Marshall dieser Bitte nachkam.
Man kann einen 100 Watt Plexi getrost als Abrissbirne bezeichnen, denn jeder, der einmal das “Vergnügen” hatte, ein voll aufgerissenes Exemplar hautnah erleben zu dürfen, wird dieses Erlebnis so schnell nicht wieder vergessen. Ausgestattet mit schier endlosem Headroom und einem unvergleichlichen Punch war und ist dieser Verstärker bei Größen wie Jimi Hendrix, Jimmy Page, John Fruciante, Eddie van Halen, Randy Rhoads, Yngwie Malmsteen, Matt Bellamy und zahlreichen anderen im Rig zu finden.
Die brachiale Energie bezieht der Verstärker aus vier EL34 Endstufen- und ECC83 Vorstufenröhren, einen Master-Volume-Regler sucht man wie beim JTM45 vergeblich. Wer mehr Verzerrung benötigt, ohne ein Pedal zu verwenden, muss den Volume-Regler aufdrehen und/oder wie beim JTM45 die Eingänge brücken.
Wie die Originale besitzen auch unsere beiden Test-Amps keine Effekt-Einschleifwege oder Umschalter, hier ist der pure Ton King, und wie der sich präsentiert, wollen wir jetzt hören.
Praxis:
Für die folgenden Audiobeispiele verwende ich eine Universal Audio OX Box und wähle ein mit V30-Speakern bestücktes 4×12″ Cabinet an. Da die OX Box auch ein Lastwiderstand ist, kann ich die Amps für ein konstantes Abbild der Verstärker ganz aufdrehen ohne dabei den Gehörtod zu sterben.
Hier die Einstellungen an der OX Box-Software:
Eine Fender Telecaster und eine Gibson Les Paul Studio füttern die Inputs.
Los geht’s bei den Audiofiles immer mit dem 1959 und bei der jeweils verwendeten Gitarre erst mit dem Steg-, dann mit dem Hals-Pickup.
Ich beginne mit dem High Input. Welcher Eingang gerade verwendet wird, lässt sich an den Benennungen der Audiobeispiele ablesen, genauso, welche Gitarre im Einsatz ist.
Hier sind die Unterschiede deutlich zu hören, der 1959HW geht wesentlich dicker ans Werk als der etwas fragiler klingende 45HW. Er besitzt auch deutlich mehr Biss, wohingegen der 45HW erheblich weniger Gain bereitstellt und im Vergleich deutlich weniger “britzelt”.
Ich verwende nun den Low Input.
Auch hier ist der Unterschied zwischen den beiden Amps ganz klar herauszuhören. Auffällig ist der große Dynamikumfang beim 1959HW, hier gibt es Headroom ohne Ende. Der 45HW zeigt sich insgesamt feinzeichnender und stellt die Attacks klarer dar.
Wie das Ganze mit einer Les Paul klingt, zeigen die folgenden Beispiele. Ich wiederhole den Vorgang und stöpsele die Gitarre erst in den High-, dann in den Low-Input des verwendeten Amps. Natürlich schalte ich auch hier erst auf den Steg- und dann auf den Hals-Pickup.
Die typischen Eigenschaften der Paula werden klar wiedergegeben und sie klingt im Vergleich zur Tele natürlich wesentlich dicker. Auch hier unterscheiden sich die beiden Amps deutlich. Der 1959HW besitzt wesentlich mehr “PS”, die im Zaum gehalten werden müssen, wohingegen der 45HW schlanker und subtiler ans Werk geht.
Für die folgenden Beispiele drehe ich alle Regler bis auf den Bass auf die 9-Uhr-Position, der zeigt nach wie vor auf 12 Uhr.
Ich starte wieder mit der Tele und beiden Inputs der Amps, im Beispiel darauf schultere ich die Les Paul.
Im High-Input der Amps und dem Einsatz des EQs kommt ein singender Leadsound zustande, wobei ich allerdings auch erwähnen möchte, dass gerade der 1959 bei diesen Reglereinstellungen über eine Box gespielt unfassbar laut ist. Beim JTM 45 tut die Lautstärke nicht ganz so weh, reicht aber auch, um es sich mit den Nachbarn dauerhaft zu verscherzen.
In der Low-Einstellung lassen sich die unterschiedlichsten Sounds per Spieldynamik herauskitzeln. Da die EQ-Sektion eines Marshalls ein recht mächtiges Tool ist, lassen sich so unterschiedlichste Anmutungen hervorzaubern, die jedoch diesen Vergleich sprengen würden.
Da beide Amps über zwei Kanäle verfügen, brücke ich diese jetzt. Die EQ-Einstellungen aus den Beispielen zuvor behalte ich bei.
Wieder ist erst die Tele, dann die Les Paul zu hören.
Wirklich sehr beeindruckend, wie direkt und knackig die beiden Amps auf die gespielten Töne eingehen und den Charakter des jeweiligen Instruments transportieren. Durch das Brücken der Kanäle liefern die Amps deutlich mehr Gain, was dem Solieren deutlich entgegenkommt.
Ich hoffe, der Vergleich hat euch ebenso viel Spaß bereitet wie mir!
mc.rock sagt:
#1 - 16.05.2022 um 11:49 Uhr
Sehr schöner Vergleich, besten Dank