Klingen die alten analogen Modulations-Klassiker tatsächlich besser als die neuen digitalen High-End-Geräte? Genau diesem Mythos wollen wir in diesem Audiovergleich auf den Grund gehen und haben zu diesem Zweck ein paar analoge Schätzchen ausgepackt, die wir zwei digitalen Effekten der Oberklasse gegenüberstellen. Die moderne Seite mit digitaler Klangerzeugung wird vertreten vom Strymon Mobius und dem Eventide H9, beides sehr geschätzte Effektpedale, die auf den Pedalboards der Profis zu finden sind. Die Pedale haben verschiedene Algorithmen für Modulationseffekte, darunter Chorus, Flanger, Phaser, Rotary und mehr.
Diese Sounds werden mit dem Klang der analogen Klassiker verglichen, die in der Abteilung Chorus-Sounds vom Boss CE-1 vertreten werden, dem Chorus Klassiker, und dem TC Electronic SCF (Stereo Chorus Flanger). Letzterer darf in zwei Disziplinen an den Start, da er ja auch Flanger-Sounds im Angebot hat. Als zweiter analoger Vertreter für den Flanger-Effekt steht der Electro Harmonix Electric Mistress parat. Für die Phaser treten der MXR Phase 90 und der Small Stone von Electro Harmonix an. Und zum Abschluss gibt es noch Rotary-Sounds mit dem Hughes & Kettner Rotosphere.
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Mehr InformationenBoss CE-1
Der Boss CE-1 kam 1976 auf den Markt und stellt prinzipiell die Pedalversion des Chorus-Effekts aus dem Roland Jazz Chorus-Amp dar. Der CE-1 kommt mit den beiden Betriebsmodi Chorus und Vibrato und ist stereo ausgelegt, und zwar in der typischen Art des JC-120 Amps: Auf der linken Seite ist das Direktsignal zu hören, und damit der Chorus-Effekt im Raum entsteht, auf der rechten ein leicht verstimmtes Signal. Der Sound des Pedals ist in fast allen Modeling-Pedalen enthalten und gilt als Referenz für Chorus-Sounds.
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TC Electronic SCF (Stereo Chorus Flanger)
Ebenfalls 1976 erblickte der Stereo Chorus Flanger (SCF) als erstes Effektpedal des dänischen Herstellers TC Electronic das Licht der Welt. Auch dieses Pedal, das die drei Betriebsmodi Chorus, Pitch Shift Modulation und Flanger in einem Gehäuse vereint, wurde zum Kultobjekt. Vor allem der Pitch-Shift-Mode erfreute sich bei den choruslastigen Sounds der 1980er großer Beliebtheit, und das nicht nur bei Gitarren. Regeln lassen sich beim SFC mit Speed die Effektgeschwindigkeit, mit Intensity die Effektintensität und mit Width die Effekttiefe, also der Grad der “Verstimmung”.
Electro Harmonix Small Stone
Das EHX Small Stone ist eines der Pedale, die für den funkigen Phaser-Sound der 1970er Jahre zuständig waren und auch heute noch im Einsatz sind. Wie so oft bei Electro Harmonix hat das Pedal diverse Inkarnationen hinter sich und ist heute als Nano Small Stone erhältlich. Lediglich ein Regler und ein Schalter sind zum Einstellen des Sounds vorhanden, das Poti stellt die Effektgeschwindigkeit ein, der Color-Schalter verändert die Klangfarbe.
MXR Phase 90
Der MXR Phase 90 ist der andere bekannte “Ein-Regler-Phaser” aus den 1979er Jahren. David Gilmour schwört auf das Teil und auch Eddie Van Halen hat damit legendäre Aufnahmen gemacht. Wie beim Small Stone wird mit dem Regler die Effektgeschwindigkeit eingestellt. MXR hat ebenfalls verschiedene Modellreihen des Phase 90 herausgebracht, wobei sich besonders die älteren Modelle mit Logo in Schreibschrift (Script Phase 90) großer Beliebtheit erfreuen und auf dem Gebrauchtmarkt recht hohe Preise erzielen. Natürlich gibt es auch diverse Reissue-Modelle der begehrten Jahrgänge.
Electro Harmonix Deluxe Electric Mistress
1977 beglückte Electro Harmonix Mastermind Mike Matthews die Gitarrenwelt mit einem Flanger-Pedal namens Electric Mistress, und der dazugehörige Werbeslogan lautete: Made on earth for raising stars. Und damit lag er nicht ganz falsch, denn unter vielen anderen gelangen David Gilmour oder Andy Summers mit dem Pedal Welthits. Charakteristisch für den Sound des Electric Mistress ist ein eher dezenter Flanger, der bei niedrigen Einstellungen der Regler schon fast in Richtung Chorus gehen kann. Mit Color, Range und Rate sind drei Regelmöglichkeiten an Bord.
HK Rotosphere
Der Klang eines rotierenden Lautsprechers (Leslie Cabinet) war nicht nur bei Orgelspielern sehr beliebt, auch Gitarristen wie Hendrix oder Stevie Ray Vaughan verwendeten den Effekt in bestimmten Songs. Immer wieder gab es Versuche, diesen ganz speziellen Sound in ein kleines Pedal zu packen, was aber nur selten wirklich gelang. Erst als in den 1990er Jahren der deutsche Hersteller Hughes & Kettner mit dem Rotosphere ein analoges, röhrenbetriebenes Pedal auf den Markt brachte, war die Nuss geknackt. Auch pingelige Musiker überzeugte die Effektqualität des Leslie-Replikats im Handtaschenformat. Bei diesem Pedal kann das Mischungsverhältnis von Bass-Speaker und Horn-Rotor eingestellt werden, dazu kommt ein Drive-Regler für etwas Verzerrung und ein Poti für den Ausgangspegel. Per Fußschalter wird zwischen den beiden Rotor-Geschwindigkeiten gewechselt und einen Brake-Schalter (Rotor bewegt sich nicht) wie beim Leslie gibt es auch.
Strymon Mobius
Der Strymon Mobius kommt als Spezialist für Modulationseffekte vom amerikanischen Boutique-Hersteller Strymon. Hier arbeitet eine digitale Klangerzeugung und stellt 12 verschiedene Effekte zur Auswahl, die jeweils noch einmal diverse Sound-Modi im Angebot haben, darunter auch einige digitale Nachbildungen unserer analogen Klassiker. Hier gibt es das moderne Komplettprogramm mit speicherbaren Einstellungen, Tap-Tempo und Bedienung über einen Editor.
Eventide H9
Das Eventide H9 ist ebenfalls ein digitaler Klangerzeuger, der nicht nur Modulationseffekte in ausgezeichneter Qualität im Angebot hat. Auch dieses Pedal sieht man oft auf den Pedalboards der Pro’s, wo es für flexible Sounds sorgt. Editiert wird beim H9 überwiegend über eine Smartphone/Tablet-App, die per Bluetooth mit dem Gerät verbunden wird. Deshalb sehr ihr auch im Video die Einstellungen auf dem daneben liegenden iPad.
Audiovergleich Chorus
Für den Chorus habe ich zwei Einstellungen gewählt, einmal eine eher dezente Modulation, dann die etwas härtere Variante mit höherem Verstimmungsgrad. Das dritte Beispiel ist dann der Vibrato-Effekt in mittlerem Tempo. Die Pedale sind alle in Stereo an zwei Amps angeschlossen, dabei muss man beachten, dass der CE-1 die “Old School Stereo” Variante fährt: Ausgang 1: Effektsignal, Ausgang 2: Direktsignal. Beim H9 habe ich diese Variante ebenfalls eingestellt, Mobius und SCF haben eine “richtige” Stereowiedergabe.
Audiovergleich Phaser
Der Phaser-Effekt läuft in Mono, einmal vor einem unverzerrten Fender Twin (wo sonst?!) für ein Funk-Pattern, und im zweiten Beispiel vor einem angezerrten Marshall-Plexi, wobei es um kernige Phaser-Zerrsounds geht. Aber wir wollen auch hören, wie sich das Drehen am Volume-Poti der Gitarre auf den Effekt auswirkt.
Audiovergleich Flanger
Auch hier gibt es ein unverzerrtes Beispiel und eines mit kräftigem Zerrsound und einem Setting, das in Richtung Jet Plane Flanging geht. Dieser Sound wird in Mono gefahren, der unverzerrte und dezente Flanger-Sound ist in Stereo.
Audiovergleich Rotary
Zum Abschluss hört ihr den Rotary-Sound, und dabei zuerst den Effekt in langsamer Geschwindigkeit, der dann auf schnell umgeschaltet wird. Beim Schlussakkord wird wieder auf Slow-Tempo gewechselt.
Fazit
Wieder einmal wird klar, dass sich die analogen Legenden ihren Status zu Recht erarbeitet haben.
Der Boss CE-1 klingt phantastisch und warm – auch nach mehr als vier Jahrzehnten hat er seinen Platz in der oberen Kategorie der Modulationseffekte sicher und wird zweifelsfrei auch weiterhin als einer der Maßstäbe für Chorus-Effekte gelten. Eines der Zugeständnisse an den Vintage-Kollegen: Er rauscht ordentlich. Arbeitet man hier mit etwas Kompression vor dem Pedal oder schaltet bei der Aufnahme noch einen Kompressor in den Channel-Strip, zeigt sich das recht eindrücklich, was auch in den Beispielen deutlich zu hören ist. Auch der EHX Electric Mistress Flanger macht vor allem bei dezentem Flanging sowie mit Zerrsounds und höheren Settings riesigen Spaß. Etwas kräftiger packt der TC Electronic SCF in allen Bereichen zu; wer extremere Sounds mit höheren Verstimmungsgraden und heftigem Flanging bevorzugt, wird mit diesem Pedal glücklich werden. Beim Rotary-Effekt liefert der HK Rotosphere einen erstklassigen Sound, allerdings gilt für ihn dasselbe wie für den CE-1 – es rauscht ordentlich.
Klanglich fand ich die beiden Vertreter der digitalen Zunft, den Strymon Mobius und Eventide H9 auf keinen Fall den Klassikern unterlegen, sie klingen mitunter etwas anders, aber definitiv nicht schlechter. Beim Funk-Sound mit Phaser hat mir der Mobius sogar am besten gefallen, aber ich schätze, in dieser Hinsicht hat jeder seine eigene Klangvorstellung. Mobius und H9 haben natürlich den klaren Vorteil des geringeren Rauschens und der Flexibilität, weshalb die beiden auch auf meinem Live-Pedalboard im Einsatz sind. Die Vintage-Pedale sind mir einfach zu groß, außerdem muss eine zusätzliche Steckdosenleiste ins Board, denn CE-1, Electric Mistress und SCF benötigen 220 Volt aus der Steckdose. Diese Pedale sind aber immer wieder im Studio bei Aufnahmen im Einsatz, auch wenn es manchmal etwas mehr rauscht – im Zusammenklang mit Bass und Drums geht es unter oder wird als authentischer Vintage-Style-Zusatzeffekt verbucht ;-).
roseblood11 sagt:
#1 - 29.08.2020 um 22:57 Uhr
Kann es sein, dass der Tester digitale Effekte nicht besonders mag?
Selbst mit einem popeligen Nux Mod Force kommt man an die analogen Vorbilder deutlich näher ran.
Estephan Caballero sagt:
#1.1 - 22.06.2021 um 12:17 Uhr
Wieso? lesen hilft :-) der Tester Thomas Dill hat doch geschrieben das die digitalen Vertreter nicht schlechter als die analogen Originaleffekte sind. Er hat sogar die digitalen Effekte auf seinem Live-Pedalboard. Was das Nux Mod Force angeht, gehe ich mal davon aus das sie nie einen direkten Vergleich mit den Originalen durchgeführt haben.Das Résumé ist ja auch das die Digitalen auf keinen Fall den Klassikern unterlegen sind. Sie klingen mitunter etwas anders, aber definitiv nicht schlechter.Ich besitze die Analogen und auch die Digitalen und ich kann Thomas Dill nur zustimmen. Beim jammen und üben machen die Analogen richtig Spaß. Auch auf Aufnahmen kann man die Geräte wunderbar nutzen. Aber Live sind die Digitalen viel praktischer und die eventuellen Unterschiede hört Live eh keiner mehr.
Antwort auf #1 von roseblood11
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