In diesem Artikel soll es erneut um den Vergleich derzeit angesagter Modeler gehen. Waren es vor geraumer Zeit die Platzhirsche der Amp-Modeling-Disziplin, die wir einer Gegenüberstellung unterzogen, widmen wir uns heute dem Budget-Sektor. Mit dem Mooer GE 200, dem Nux MG-30, dem Harley Benton DNAfx GiT Pro sowie dem HoTone Ampero treten diesmal vier Kandidaten gegeneinander an, deren Thekenpreis deutlich unter der 350-Euro-Marke liegt.
Soundvergleiche unterschiedlicher Produkte und Hersteller sind naturgemäß immer mit gewissen Schwierigkeiten verbunden, da sich die Testkandidaten hinsichtlich ihrer Potiauslegung oder der Wahl ihrer Ampmodelle teilweise klar unterscheiden. Dennoch wollen wir es wagen, euch einen grundlegenden Eindruck davon zu vermitteln, wie sich die verschiedenen Modeler beim Simulieren einiger ausgewählter Amptypen in einem musikalischen Setting behaupten.
Versuchsaufbau
Trotz aller Gemeinsamkeiten unserer Testkandidaten kann am Ende eines solchen Vergleichs nie ein wissenschaftlich absolut sauberes und eindeutiges Ergebnis stehen. Deshalb wollen wir hier in einem praxisnahen Vergleich konkret untersuchen, wie sich die vier Budget-Modeler in gezielt ausgewählten Disziplinen innerhalb eines musikalischen Szenarios durchsetzen. Unser Augenmerk liegt dabei ausschließlich auf den Ampsimulationen, wobei weitere Faktoren wie Effekte, Konnektivität, Haptik, Bühnentauglichkeit, Ausstattung, Preis und sonstige Features ganz bewusst ausgeklammert wurden.
Bei allen Bemühungen, identische Ampmodelle auszuwählen und diese optimal anzugleichen muss man feststellen, dass ein vollkommen exaktes Matchen aller Sounds nicht immer umzusetzen war. Dafür liegen die Grundsounds und auch die Potibelegungen der einzelnen Produkte teilweise zu weit auseinander. Unser Ziel war es vielmehr, den Grundcharakter, die Durchsetzungsfähigkeit im Bandgefüge, aber auch die Reaktion auf unterschiedliche Spielweisen und Instrumente abzubilden. Subjektive Eindrücke wie das persönliche Spielgefühl, die sich in Audiofiles nur schwerlich einfangen lassen, werden im Fazit beschrieben. Auch werden wir hier auf den Unterschied zu unserem vorhergehenden Audiovergleich der „Top-League”-Modeler zu sprechen kommen. Wer sich diesen Artikel zu Gemüte führen will, wird dort im High-Gain-Sektor einen Friedman BE-100 Verstärker antreffen. In Ermangelung des entsprechenden Modells bei manchen Budget-Modelern sind wir hier auf einen Mesa Boogie Rectifier ausgewichen.
Für dich ausgesucht
Für die Audiofiles werden die Modeler direkt über den analogen Output mit einem Universal Audio Apollo Interface verbunden. Alle Testkandidaten wurden zu diesem Zweck jeweils auf die aktuellste Firmware (Stand: Mai 2022) upgedatet. Innerhalb einer Disziplin wird zur besseren Vergleichbarkeit die identische Drittpartei-Impulsantwort verwendet, die weiter unten auch angegeben ist.
Soundbeispiele
Um euch eine große stilistische Bandbreite bei den Audiovergleichen bieten zu können, haben wir sechs Amptypen mit steigender Gainstruktur ausgewählt und Playbacks in unterschiedlichen Genres erstellt, die nach den entsprechenden Sounds verlangen:
1. Fender Deluxe Reverb (HoTone Ampero: Fender Twin)
Fokus: Cleane Akkorde mit 16tel Rhythmik
Gitarre: Stratocaster (Neck PU)
Impulsantwort: CabIR.eu, Fender Vibrolux 65, 1×10″ Jensen C10NS
2. Vox AC30
Fokus: Mehrstimmige Akkorde und Solospiel
Gitarre: Telecaster (Bridge-PU), Stratocaster (Bridge-PU), Les Paul (Leadpart, Mittelstellung)
Impulsantwort: ML-Sound-Lab.com, VX30, 2×12″ Celestion Blue Bulldog
3. Marshall Plexi
Fokus: Anschlagsdynamik – leichter Anschlag am Anfang, dann hart im B-Teil
Gitarre links: Melody Maker (Bridge-PU)
Gitarre rechts: SG (Bridge-PU)
Impulsantwort: ML-Sound-Lab.com, Mars PR-M75, 4×12″ Pre-Rola Celestion Greenback Speaker
4. Marshall JCM800
Fokus: Powerchords, Reaktion auf Volume-Poti bei fast cleanem Picking
Gitarre Powerchords und Melodie: Les Paul (Bridge-PU)
Gitarre Bridge: Les Paul (Bridge-PU, Volumen auf 7)
Impulsantwort: ML-Sound-Lab.com, Mars PR-M75, 4×12″ Pre-Rola Celestion Greenback Speaker
5. Rectifier
Fokus: Reaktion auf Gitarre Volume-Poti. Anfang Neck PU Volume 6 – dann Bridge-PU Volume 10
Gitarre: Les Paul
Impulsantwort: ML-Sound-Lab.com, Mars PR-M75, 4×12″ Pre-Rola Celestion Greenback Speaker
6. Peavey 5150
Fokus: Offene und gedämpfte Powerchords mit Drop-D-Tuning
Gitarre: Les Paul (Bridge-PU)
Impulsantwort: ML-Sound-Lab.com, Mars PR-M75, 4×12″ Pre-Rola Celestion Greenback Speaker
Fazit
Grundsätzlich muss gesagt werden, dass alle aufgeführten Kandidaten eine solide Arbeit verrichten und gemessen an ihrem Preis mit einer Menge Sounds und Features daherkommen. Die Konnektivität ist üppig, die Displays sind durch die Bank sehr gut und alle Floorboards bieten gute Editoren, die mit optisch teilweise sehr ansprechenden GUIs aufwarten. Setzt man den Sound der vier Testkandidaten mit den Platzhirschen unseres vergangenen Modeler-Vergleichs in Relation, muss man jedoch ganz klare Abstriche machen. Auch wenn es innerhalb der vier Budget-Multis gewisse Abstufungen gibt, ist allen eine gewisse Härte in den Hochmitten und “Grobkörnigkeit” der Zerrsounds gemein, was sie von Produkten jenseits der 1000-Euro-Marke deutlich unterscheidet. Auch die dynamische Range beispielsweise bei Plexisounds sind bei Benchmark-Produkten wie AxeFx oder Kemper deutlich höher und feinzeichnender. Auch überrascht, dass eigentlich jeder Sound der vier Testkandidaten durch Drittpartei-Impulsantworten deutlich aufgewertet werden kann und man fragt sich beim handelsüblichen IR-Preis schon, warum Hersteller nicht bereits ab Werk versuchen, hier das Maximum herauszukitzeln.
Innerhalb der vier Versuchskaninchen ist unser Favorit der HoTone Ampero, der mit einem sehr satten Grundsound und einer relativ gute Dynamik punkten kann, allerdings auch das teuerste Produkt unter den Vieren ist.
Beim Nux MG-30 fiel auf, dass sich das Tonestack teilweise wenig effektiv zeigte und das Pedal auch eine nur eingeschränkte Dynamik bot, sodass die Regelung der Zerrung am Volume-Poti der Gitarre nur schwer umzusetzen war. Mooer GE 200 und Harley Benton DNAfx GiT Pro reihen sich zwischen diesen Produkten ein, wobei Letzteres mit vier Fußschaltern in puncto Ausstattung minimal mehr zu bieten hat und Ersteres der günstigste unter den Kandidaten war.
Hier eine Übersicht der im Audiovergleich verwendeten Produkte (Preise Mai 2022):
Mooer GE 200 | Nux MG-30 | Harley Benton DNAfx GiT Pro | HoTone Ampero |
224,00 € | 233,00 € | 289,00 € | 319,00 € |
Die vorgestellten Modeler
Mooer GE 200
Testbericht auf bonedo: Mooer GE-200
Nux MG-30 (Out of stock)
Harley Benton DNAfx GiT Pro
Testbericht auf bonedo: Harley Benton DNAfx GiT Pro
HoTone Ampero
Testbericht auf bonedo: HoTone Ampero
Kai Warszus sagt:
#1 - 03.06.2022 um 20:55 Uhr
Hallo! Ich selbst hab das Harley Benton DNAfx, also die kleinere Version des Pro. Das Ding ist OK, um ab und zu zweite Gitarre in der Band zu spielen. Ich benutze auch eine andere IR, bin aber noch nicht gänzlich zufrieden. Kann jemand welche empfehlen??
Jenny sagt:
#2 - 02.02.2023 um 12:05 Uhr
Danke für den klasse Test, dass auch mal die Einsteiger Geräte berücksichtigt werden und nicht nur die teueren high end Boliden. "Auch überrascht, dass eigentlich jeder Sound der vier Testkandidaten durch Drittpartei-Impulsantworten deutlich aufgewertet werden kann und man fragt sich beim handelsüblichen IR-Preis ..." Könnte ich einen Link/Empfehlung bekommen wo ich eine typische, sinnvollen IR (4x12 V30?) her bekomme, das Angebot ist ja doch etwas unübersichtlich...was muss man da sugeben und wo?