Die Zahl der Amp-Modeling-Geräte in kompakter Pedalform wächst. Amp-Modeling bei Multieffekten ist bekanntlich nichts Neues, aber seit geraumer Zeit sind auch die Pedalhersteller in diesen Gefilden unterwegs und mit dem Strymon Iridium und dem Walrus Audio ACS1 hatten wir schon zwei Kandidaten im Test, die sich gleich drei Amp-Klassikern in einem Pedal widmen.
Nun hat sich Universal Audio ebenfalls drei Amp-Klassiker zur Brust genommen und geht noch einen Schritt weiter. Hier gibt es keine Kombinationen, sondern nur ein Amp-Modell pro Pedal. Die drei Pedale sind das Ruby ´63 (Vox AC30), das Woodrow ´55 (Fender Tweed Deluxe) und das Dream ´65 (Fender Deluxe Reverb). Im Test konnten die drei auf ganzer Linie überzeugen, aber nun wird es Zeit für eine kleine Gegenüberstellung. Die Herausforderer sind zum einen „echte“ Amps und Cabs, und wo es um gemeinsame Amp-Modelltypen geht auch das Walrus ACS1 und das Strymon Iridium.
UAFX Ruby
Das Ruby ´63 Pedal hat den AC30 Top Boost als Vorbild, und zwar ein Modell aus dem Jahr 1963, das während der legendären JMI-Ära gebaut wurde. Das Pedal ist aufgebaut wie der Original-Amp, hat drei Kanäle (Brillant, Normal, Vibrato) und den Vox Vibrato/Tremolo-Effekt an Bord. Als Zusatz gibt es eine regelbare Boost-Funktion, bei der man zwischen drei Boost-Charakteristiken auswählen kann: EP-III, Treble Booster oder Clean Boost. Sechs unterschiedliche Cab-Simulationen sind ebenfalls an Bord, dazu eine Room-Funktion, bei der die Raummikrofone zum Cab-Sound hinzugemischt werden können. Einen ausführlichen Test zum UAFX Ruby ´63 Pedal findet ihr hier.
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UAFX Dream 65
Das Dream ´65 Pedal widmet sich dem Sound des Fender Deluxe Reverb Amps. Auch hier gibt es einen Vibrato-Effekt, diesmal natürlich dem Fender-Typ entsprechend, der eher mit einem Tremolo (Lautstärkemodulation) zu vergleichen ist. Hinzu kommt die Simulation des im Amp integrierten Federhalls und die Ausstattung an Regelmöglichkeiten mit Volume, Treble und Bass entspricht ebenfalls dem Original. Wie beim Ruby ´63 warten sechs verschiedene Cab-Simulationen, die auf diesen Amptyp abgestimmt sind. Drei Boost-Möglichkeiten (Lead, Stock, D-Tex) sind ebenfalls an Bord. Genaue Informationen findet ihr in unserem Testbericht zum UAFX Dream ´65.
UAFX Woodrow ´55
Das Woodrow ´55 ist das Pedal zum ältesten Ampmodell, nämlich dem Tweed Deluxe Amp, einem Klassiker aus dem Hause Fender, der 1955 auf den Markt kam und seither eine Menge legendärer Aufnahmen veredelt hat. Der Amp hat lediglich drei Regelmöglichkeiten (Mic Volume, Inst Volume, Tone), und die sind natürlich auch beim Pedal zu finden. Das Ganze zeigt sich sehr detailgetreu, denn die Regler beeinflussen sich entsprechend gegenseitig. Auch hier warten sechs Cab-Simulationen und ein regelbarer Boost in drei Geschmacksrichtungen (KP-3K, Stock, EP-III). Effekte sind keine integriert, dafür aber wieder die Room-Funktion zum Hinzumischen der Raummikrofone zum Cab-Sound. Den ausführlichen Test zum Woodrow ´55 findet ihr hier.
Strymon Iridium
Das Strymon Iridium arbeitet mit einem leistungsstarken Shark-Prozessor, die Amp-Sounds sind digitaler Herkunft und der Klang der abgenommenen Lautsprecherboxen wird mit Impulsantworten erzeugt. Bei der Bedienung hat man ganz offensichtlich das Old-School-Konzept umgesetzt, denn hier gibt es Regler zum Einstellen der Sounds und kleine Schalter zur Anwahl der Amp- und Cab-Modelle. Alles völlig überschaubar und ohne zweite Bedienebene editierbar. Wenn ihr mehr Informationen zum Strymon Iridium haben möchtet, dann schaut euch unseren Testbericht dazu an.
Walrus Audio ACS1
Das ACS1 ist in Konzeption und Ausstattung nahezu identisch: Digitales Amp-Modeling mit Impulsantworten ist angesagt, es gibt drei Amptypen, die mit verschiedenen Cabs kombiniert werden können. Auch hier wird „analog“ per Regler eingestellt, allerdings hat das ACS1 noch ein paar Features mehr unter der Haube (Dual Amping, Boost). Genauere Informationen erhaltet ihr ebenfalls in unserem Testbericht.
Die Pedale-Amps und echten Verstärker im direkten Vergleich – Aufbau
Dieser Audiovergleich soll keine 1:1 Gegenüberstellung zwischen Original-Amp und Amp-Modell sein – dazu standen uns auch nicht die originalen Amp-Typen zur Verfügung. Es geht vielmehr darum, einen Eindruck zu bekommen, wie sich der Sound der einzelnen Amp-Modeling-Pedale von der klassischen Amp/Cab/Mikrofon-Variante unterscheidet und ob er auch für amtliche Gitarrenaufnahmen geeignet ist. Daher präsentieren wir euch das Ganze in einem kurzen Band-Arrangement mit Bass und Drums, also so, wie es zum Schluss in der fertigen Aufnahme klingen könnte, zum Teil mit zusätzlichen Effekten aus der DAW.
Fender Deluxe Reverb Style Ampsounds
Erste Station ist der Cleansound im Fender Deluxe Reverb Style. Dazu haben wir das Dream ´65, den Round Amp des Iridium und den Fullerton Amp des ACS1 sowie ein Fender Hot Rod Deluxe IV einander gegenübergestellt. Das ist zwar offensichtlich nicht derselbe Amptyp, auch wenn er die Bezeichnung Deluxe im Namen hat. Aber wie bereits erwähnt, geht es hier darum, ob sich das Signal der Amp-Modeler auch im Mix bei typischen Gitarrensounds gut durchsetzen kann. Der Lautsprecher des Combos wird mit einem Beyer Dynamic M160 Bändchenmikrofon abgenommen. Im ersten Beispiel hört ihr mit den Fingern angeschlagene Akkordkombinationen in einem modernen Pop-Arrangement, in der DAW kommt dann noch ein Pfund Delay und ein atmosphärischer Reverb (Blackhole) dazu. Beim zweiten Beispiel gibts das Gegenteil: staubtrockener Gitarrenton und Funk-Groove mit der Telecaster.
Vox Style Ampsounds
Weiter geht es mit dem klassischen Vox-Amp-Sound, und hier sind auf der Modeling-Pedalebene das UAFX Ruby ´63, der Chime Amp aus dem Iridium und das Dartford-Modell aus dem ACS1 am Start. Als „richtiger“ Amp ist ein AC15 mit angeschlossenem 1×12 Cab mit Celestion Alnico Blue Speaker im Einsatz, der auch hier mit einem Beyer Dynamic M160 abgenommen wird. Im ersten Beispiel hört ihr einen typischen Vox-Crunchsound mit der Tele im Bluesrock-Style, beim zweiten Beispiel stand das Klanggebilde von The Edge Pate. Hier wurden in der DAW zwei Korg SDD-3000 Delays (UAD Plug-In) hinzugefügt.
Tweed Deluxe Style Ampsounds
Die dritte Kategorie sind die Sounds des Tweed Deluxe. In dieser Disziplin stellen Strymon Iridium und Walrus ACS1 kein Amp-Modell zur Verfügung, stattdessen widmen sie sich den Marshall-Sounds. Daher gibt es hier nur den Vergleich des UAFX Woodrow ´55 Pedals mit einem handverdrahteten Tweed Deluxe Klon, der mit einer Original 5E3 Schaltung bestückt ist. Der Amp läuft über das 1×12 Cab mit Alnico Blue Speaker, das mit einem Beyer Dynamic M160 abgenommen wird. Im ersten Beispiel geht es mit einer Les Paul gleich zur Sache mit allen Reglern auf Rechtsanschlag. Den Solopart übernimmt dann eine Les Paul Melody Maker, wobei dann noch ein Nobels ODR-1 zwischen Gitarre und Amp geschaltet ist. Das Gleiche gilt für den Lead-Part im zweiten Beispiel. Beim Rhythmus-Part ist der Sound eher clean und die Tele ist im Einsatz.
UAFX vs. Strymon vs. Walrus Audio vs. Amps – FAZIT
Die Soundunterschiede zwischen UAFX Ruby/Dream/Woodrow, dem Strymon Iridium, dem Walrus Audio ACS1 sowie den mikrofonierten Amps/Cabs sind auf jeden Fall klar hörbar, was zum Teil auch an den unterschiedlichen Amp-Modellen und ihrem charakteristischen Klang liegt. Aber die Frage, ob man die Pedale für amtliche Aufnahmen einsetzen kann und sie sich gegen Bass und Drums im Mix durchsetzen, kann ich mit einem klaren Ja beantworten. Für mein Empfinden kommen die Pedale zwar nicht hundertprozentig an die Substanz der Röhrenamp/Cab-Sounds heran, was sich vor allem dann bemerkbar macht, wenn man in der DAW den Sound noch etwas mit einem EQ verbiegen möchte. Dort bietet das mikrofonierte Signal eine bessere Grundlage. Aber dabei bewegen wir uns schon im Bereich der letzten zehn Prozent. Will man hundert Prozent mit einem mikrofonierten Amp erreichen, sind erhebliche Kosten und Aufwand nötig: Amp, Cab, Mikrofon, schallisolierter Raum, freundliche Nachbarn … So gesehen sind die Pedale im kompakten Format für ca. 400 Euro eine gute und preisgünstige Alternative. Was ihre Qualität anbetrifft, gibt es meiner Ansicht nach kein besser oder schlechter, sie klingen etwas unterschiedlich und letztendlich muss der User selbst nach seinen klanglichen Vorstellungen entscheiden. Das ACS1 hat einen schlankeren Ton, der trocken angespielt zwar etwas dünn klingen mag, sich aber beim Aufnehmen schneller in einen Mix einbetten lässt. ACS1 und Iridium sind mit drei integrierten Amp-Modellen etwas variabler, die UAFX-Pedale sind meines Erachtens mit ihrer Fokussierung auf den einen Amp-Typ noch etwas detailgetreuer am Original. Dafür hat man aber zum ähnlichen Preis nur ein Ampmodell zur Verfügung. Die eierlegende Wollmilchsau gibt es leider immer noch nicht 🙂