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Audition Part 1

Die Welt befindet sich im Casting Fieber. Wohin das Auge auch blickt, werden Menschen gesucht: Superstars, Supermodels, Supertänzer, Supermusicaldarsteller, Super-Tarzans & Super-Janes. Einfach nichts, was zwei Beine und einen Kopf hat, scheint vor den Suchenden nach dem heiligen Gral, dem „super-wasauchimmer“ sicher zu sein.

High Noon im Proberaum - Krieg' ich den Job?
High Noon im Proberaum – Krieg’ ich den Job?


Dabei wird seit Jahren eines der größten ungeschriebenen Gesetze des Entertainment Biz verletzt: „Auditions haben stets unter Ausschluß der Öffentlichkeit stattzufinden“. Wir befinden uns jedoch im Zeitalter des „Youtube-Syndroms“. Das Tabu „Privatsphäre“ hat ausgedient. Haben wir einmal einen öffentlichen Fehler begangen, kann er schon Minuten später für die komplette Welt sichtbar und unverzeihlich dauerhaft und gnadenlos auf ewig dort abrufbar bleiben. Genau das ist es aber, was dem Menschen erspart bleiben sollte, der zu einer Audition erscheint.

Eine Audition ist stets nur eine Station auf einem langen Weg der persönlichen Entwicklung. Diese persönliche Entwicklung sieht bei jedem anders aus. Und das gleiche gilt auch für den jeweiligen Entwicklungs- und Erfahrungsstand . Das Ausscheiden aus einer Audition bedeutet nicht das Ende einer Karriere, es ist stets nur die Audition vor der Nächsten. Das Ausscheiden bei der Suche nach einer bestimmten Position, Rolle, Besetzung muss außerdem nicht heißen, das man in irgendeiner Form schlecht war. Es kann in einem solchen Fall eben nur einen geben, und die Auswahlkriterien sind dabei nie vollkommen vorhersehbar. Zudem hat aber auch jeder Mensch das Recht zu versagen, und er hat ein Recht darauf, dass es außer den bei der Auditon anwesenden Personen sonst niemand erfährt. Das Anrecht das Erlebte hinter sich zu lassen und die Erfahrung positiv in die nächste Audition zu nehmen, wird durch die Anwesenheit von Medien und der hemmungslosen Verbreitung von Szenen des Versagens komplett vergewaltigt. Aber, der Nachschub derer, die sich für den Traum von der großen Karriere öffentlich vorführen lassen möchten ist ungebrochen: „nur zu“ !

Die neueste Tendenz bei den Casting Shows, bei denen mittlerweile auch professionelle Darsteller beteiligt sind, wie in „Tarzan & Jane“, ist ebenfalls bedenklich. Viele Profis weigern sich ein solches Format zu unterstützen, obwohl es um eine begehrte Rolle geht, weil sie keine Lust haben zu Gunsten von quotenbestimmenden Seelenstriptease Ihr Image und ihre Credibilität zu verlieren und vielleicht auf Ewig durch einen unvorhersehbaren Fehltritt geschädigt zu werden. Zudem wird dem Zuschauer ein vollkommen falsches Bild präsentiert, wie eine Audition im „echten Leben“ grundsätzlich abläuft.

Damit wären wir bei der Frage, die unter Musikern immer wieder gerne diskutiert wird: „Was geht ab bei einer Audition und wie bereite ich mich am besten darauf vor?“
Damit wären wir bei der Frage, die unter Musikern immer wieder gerne diskutiert wird: „Was geht ab bei einer Audition und wie bereite ich mich am besten darauf vor?“

Man kann das ganz gut mit einer Gegenfrage beantworten: „Wie bereitest Du Dich auf eine Führerscheinprüfung vor?

Die Antwort lautet dann sinngemäß vielleicht so: „Nun, ich absolviere soundso viele Theoriestunden. Dort lerne ich die Verkehrsregeln, die Bedeutung der Straßenschilder, bestimmte Verhaltensregeln im Straßenverkehr, Regeln, die den Verkehrsfluß regulieren, wie ein Fahrzeug funktioniert, was meine Pflichten und Verantwortungen als Fahrzeugführer sind und so weiter. Dann sind da die Praxisstunden, in denen ich systematisch die notwendigen praktischen Fähigkeiten trainiere und auf mögliche Schwierigkeiten und Risiken reagieren muss, wie Nachtfahrt, Überlandfahrt, Berufsverkehr, fahren bei Regen oder Schnee, etc.“

Interessant ist, dass die befragten Personen, so sinnvoll oder sinnlos ihnen diese Führerscheinaufgaben theoretisch und praktisch erscheinen mögen, ihre Bedeutung bedingungslos akzeptieren und so lange lernen, bis sie die geforderten Fähigkeiten beherrschen. Es gibt offensichtlich nur ein einziges Ziel: „Ich will diese Prüfung bestehen, denn ich will den Führerschein!“

Seltsamerweise verfahren viele Musiker bei Auditions ganz anders:

    – Sie erscheinen teilweise vollkommen unvorbereitet am Ort des Geschehens (wußte ja nicht, worum es geht, habt ihr’n Kabel?…),
    – teilweise zu spät (hab den Weg nicht gefunden…),
    – haben wenig Vorwissen über das Projekt gesammelt, für das sie sich vorstellen (wie, Ihr spielt jetzt Punkfunk, ich dachte eher Reggae?),
    – wirken unsicher und ziellos (wo sollte ich mich doch gleich hinstellen?)
    – verhalten sich extrem passiv (hat mich ja keiner gefragt mitzuspielen….)

und wundern sich anschließend, warum alles schiefgelaufen ist (ich war wohl nicht der Typ, den sie gesucht haben …).

Im  Gegensatz zu einer Fahrprüfung, stellt eine Audition einen schwierigeren Sachverhalt dar:

    1. es kann nur einen geben, der besteht
    2. es gibt keine festen Prüfungsregeln, die man stur auswendig lernen

Stellt sich die Frage: Was kann man tun?
Stellt sich die Frage: Was kann man tun?

Nun, ich denke, allen Voraussetzungen voran steht eine absolut essentielle Grundbedingung: Ich muß die Position, für die ich mich bewerbe, wirklich wollen! Ich bin überzeugt, dass die Tätigkeit eine Herausforderung darstellt, an der ich wachsen kann und die mich musikalisch reizt. Wer bereits vor der Audition denkt: „na mal sehen, was das so bringt…, weiß zwar nicht, was ich da soll, aber vielleicht gibt’s ja gute Kohle…, die Leute sind zwar bescheuert, aber der Job ist geil…“

Forget it! Also, Bedingung Nummer 1: Absoluter Wille.

Mit dem absoluten Willen hat man bereits 50% der Basisarbeit in der Tasche, denn daraus ergeben sich alle weiteren logischen Schritte. Ich habe einen kleinen Fragenkatalog erarbeitet, der sich als extrem hilfreich erweisen kann und dessen Beachtung die Chancen für einen positiven Auditionverlauf drastisch erhöht.

Hier ist er:

Recherche:

    – Ich versuche alle erdenklichen Hintergrundinformationen über das Projekt in Erfahrung zu bringen. Entweder über Insider, Presse, Telefonate, das Web, Direktfragen an die Initiatoren der Audition, Veröffentlichungen, etc. Die Frage nach eventuellen Mitbewerbern ist nur insofern von Belang, als man potentielle Mitbewerber nicht gerade um direkte Hilfe bitten sollte.

Situationsbedingte Präventivmaßnahmen:

    – Wofür bewerbe ich mich eigentlich?
    – Was haben meine Recherchen ergeben?
    – Welche Anforderungen werden an mich gestellt werden?
    – Erfülle ich diese Anforderungen? Wenn nein, kann ich die notwendigen Fähigkeiten zur Erfüllung der Anforderungen rechtzeitig erwerben und wenn ja, wie?
    – Wer kann mich dabei unterstützen, ohne mit mir zu konkurrieren?
    – Welche branchenüblichen Gepflogenheiten gelten in dieser Situation als vorteilhaft, welche als negativ?
    – Die vielleicht wichtigste Frage überhaupt: „Welchen Nutzen hätten beide Seiten von einer zukünftigen Zusammenarbeit?“

Spezifische musikalische Vorbereitung

    – Gibt es vorgegebenes Material für die Audition zu lernen?Wenn ja, wie nahe muss ich an den Vorgaben bleiben?
    – Ist Eigenkreativität gefragt oder nicht? Im Zweifel immer beide Möglichkeiten in die Vorbereitungen einbeziehen.
    – Soll ich einen Vorgänger ersetzen?
    – Kann ich das Optimum des Vorgängers exakt kopieren und eventuell durch einige „Bonbons“ auffrischen und verändern (nicht immer erwünscht !)
    – Liegt zur Vorbereitung Audiomaterial vor oder existieren ausschließlich Noten?
    – Sollte es nur Vorbereitungsnoten geben und gibt es keine Möglichkeit die Musik zu hören, dann sollte man sich pragmatisch auf alle erdenklichen Situationen einstellen, wie z.B. unterschiedliche Tempi, Dynamiken, Interpretationsmöglichkeiten, etc.
    – Gibt es Möglichkeiten, über das vorzubereitende Material hinaus weiteres Material zu lernen und parat zu haben.

Allgemeine musikalische Vorbereitung

    – Gibt es in der anvisierten Situation Dinge, die höchtswahrscheinlich gefordert werden, obwohl sie nicht spezifisch erwähnt wurden? (z.B. Blattspiel, Dirigentenerfahrung, besondere Anforderungen an Spieltechniken oder Sound).
    – Wie kann ich rechtzeitig solche Fähigkeiten erlernen oder zumindest kurzfristig verbessern?

Eins greift ins andere!
Eins greift ins andere!

Organisation:

    – Habe ich sämtliches Material zur Vorbereitung erhalten?
    – Wie finde ich den Ort der Audition?
    – Wie kann ich gewährleisten pünktlich zu sein?
    – Welches Equipment benötige ich zur Audition?
    – Kann es möglicherweise von Vorteil sein, mein eigenes Equipment mitzubringen?
    – Wie werde ich mich kleiden?
    – Bevor ich nach Konditionen frage, sollte ich mich zuerst nach den Anforderungen erkundigen und für mich objektiv beurteilen, ob ich diese Anforderungen erfülle.
    – Generell ist der Eindruck zu vermeiden, es dreht sich ausschließlich um das Geld – das sollte es tatsächlich nie. Auch wenn ich versuche, das Gegenteil vorzugaukeln, im Kopf jedoch wirklich nur das Geld als treibende Kraft sehe, dann wird man mir das garantiert anmerken. Geld ist zweifelsohne wichtig, aber es darf nie die allein treibende Primärkraft sein.

Ein Schlusswort:
Selbst wenn man scheinbar alles richtig gemacht und einen superguten Eindruck hinterlassen hat, sei niemals persönlich beleidigt wenn die Entscheidung auf eine andere Person fällt. Die Entscheidungsmechanismen bei einer Audition sind sehr vielfältig. Oft sind es mehrere Personen, die gemeinsam eine demokratische Entscheidung fällen müssen, mal auch nur eine einzelne Person. Manche Entscheidungsträger haben ein so stark vorgefertigtes Bild von der Idealbesetzung, dass von vornherein ein bestimmter Typ Mensch favorisiert wird, eine bestimmte Spielweise oder eine bestimmte Persönlichkeitsstruktur.

Eine Audition kann bereits entschieden sein, bevor die erste Note gespielt wurde. Was auch immer es ist, lass Dich niemals davon abhalten, erneut eine Audition zu besuchen (allerdings nur, wenn Du es wirklich ernst meinst, sonst verschwendest Du nur die kostbare Zeit derer, die sich mit Dir beschäftigen müssen). Auditions sind eine prächtige Gelegenheit mit neuen Musikern zusammenzutreffen, neue Kontakte zu knüpfen und wertvolle Erfahrungen zu sammeln.

Als dann: toi, toi, toi !

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