Praxis
Über mangelhafte Verarbeitung kann man sich bei den Audix-Mikrofonen nun wirklich nicht beschweren, ganz im Gegenteil: Die Korbgitter sitzen bombenfest und sind nur mit sehr hoher Gewalt deformierbar, die Mikros liegen schwer in der Hand, und selbst die Lackierungen geben keinen Grund zur Beanstandung. Diesbezüglich ist also das Set nicht nur etwas für studierte Jazzer, die ja laut Klischee mit allem pfleglich umgehen, sondern auch für die – wieder ein Klischee – angetrunkenen Rocksänger. Doch im Ernst: Die Mikros sind robust, und das ist gut so.
Im direkten Zusammenspiel haben sich Audix’ Ingenieure als recht weitsichtig gezeigt. Es ist nicht nur so, dass die Mikrofone für sich genommen funktionieren, sondern vor allem im Zusammenspiel. Die Charaktere der Mikrofone greifen förmlich ineinander. Charakterlich fügen sich Bassdrum- und Instrumentenmmikro genauso gut zusammen wie die beiden Vokalmikro-Typen. Lediglich wenn man mehrere i5 dazukauft (oder den Koffer BP7 Pro) und diese an Amps, Snare und sonst wo verwendet, kann die Färbung in der Summe zu sehr hervortreten (Am Beispiel des Sennheiser MD421 wird dies übertrieben deutlich.). Doch selbst dann gibt es Equalizer. Womit wir bei einem wichtigen Thema wären: Wie schon das BP5F-Set ist auch die Pro-Variante in der Lage, ohne großartige Eingriffe in den Frequenzgang der Signale gut nutzbaren Sound auszugeben. Das ist besonders bei dem Bassdrummikro wichtig, denn für gezielte Bearbeitung benötigt man auch einen entsprechend ausgestatteten EQ, den manche einfachen Pulte einfach nicht besitzen. Für das D6 gilt also: In die Bassdrum damit, der Sound passt schon – nicht zuletzt aufgrund des erdbebengleichen Bassfundaments. Natürlich gibt es noch ausreichend Spielraum, um im Vergleich zu Audix’ Fusion-Serie das “Pro” im Produktnamen des Koffers zu rechtfertigen. Auf Positionierungsarbeit innerhalb der Bassdrum reagiert das D6 angenehm feinfühlig, quittiert aber nicht jede sich im Livebetrieb um einen Zentimeter wandernde Bassdrum oder jeden absinkenden Mikrofonarm mit einer wahrnehmbaren Klangfarbenänderung. Nicht übertrieben brutal sind die Absenkungen im Holz- und Resonanzbereich, sodass man bei Bedarf mit einem Equalizer auch noch etwas hervorzaubern kann. Schön ist übrigens die Knackigkeit des Mikros, mit der sich das Bassdrumsignal vor allem im Livebetrieb schön durchsetzen kann, im Studio aber meist ein bisschen gezähmt werden will. Dennoch ist das nicht zu viel, sodass das D6 etwas runder und kompletter klingt als das f6 aus der Fusion-Serie. Hört man das EV RE20 im Vergleich, wird sicher deutlich, dass da in jedem Fall ein EQ ran muss.
Tip: Hört die Bassdrum-Files auf einer Anlage mit ordentlich Subbass…
Vergleicht man das Instrumentenmikrofon mit dem Klassiker SM57, fällt der modernere, wachere Sound des i5 auf. Das Shure klingt dagegen geradezu “gelangweilt”. Doch ich kann mich nur wiederholen: Das Maß an Spritzigkeit kann auch schnell auf die Nerven gehen und steht einem natürlichen Klangbild etwas im Weg. Schön ist allerdings, dass bei naher Besprechung und auftretendem Proximity-Effekt das Klangbild nie muffelt, sondern selbst dann noch klar und kristallig bleibt.
Wie die beiden Instrumentenmikrofone haben sich auch die beiden Vocal-Mic-Typen offenbar gesucht und gefunden: Die OM2 klingen recht dünn und schwachbrüstig, sodass im direkten Vergleich die eigentlich preiswerteren f50 der Fusion-Serie fast besser gefallen. Bedenkt man die Konstellation, in der die Mikrofone des Audix-Koffers Anwendung finden, ist aber alles in allerbester Ordnung: Background-Vocals sollen meist nun mal nicht dick, crèmig und kompakt wirken, weil sie sonst zu schnell wichtige Frequenzbereiche verkleben und weiteren Signalen wie Gitarren, vor allem aber den Main-Vocals ins Gehege kommen. Da kommt dann das OM5 ins Spiel. Wie man schon nach dem Studium des Frequenzgangs ahnen konnte, ist dieses etwas dicker, präsenter, ja irgendwie “vollständiger” und vermag auch Transienten um Längen besser zu übertragen. Ja, tatsächlich: Sogar die Sprachverständlichkeit ist mit dem OM5 deutlich besser als mit einem OM2! Und auch für sich gesehen ist das OM5 ein wirklich sehr zu empfehlendes Bühnenmikrofon, welches edel und “groß” klingt, und auch bei naher Besprechung nicht an “Echtheit” einbüßt.
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Ein wenig schade finde ich abschließend nur, dass Audix auch dem Pro-Koffer kein Kleinmembran-Kondensatormikrofon mit auf den Weg geben wollte. Es gibt einige Situationen, in denen sich eine Band darüber sehr gefreut hätte. Aber im Koffer ist ja noch ein bisschen Platz…
Matthias sagt:
#1 - 12.02.2013 um 16:50 Uhr
Hinweis zum vermissten Kleinkondensator in diesen Mikrofonpacks: Die in dieser Serie ebenso erhältlichen Sets DP-Quad, DP7 und DP8 sind mit Kleinkondensatoren zusammengestellt.(Das Gehäuse des D6 wird in den USA aus massivem Aluminium gedreht/gefräst und anodisiert (eloxiert) und ist nicht aus lackiertem Druckguss :-)
Nick (bonedo) sagt:
#2 - 12.02.2013 um 17:32 Uhr
Hallo Matthias, danke für Deinen Hinweis. Stimmt natürlich, das Mikrofongehäuse ist gedreht, nicht gepresst ich ändere das. Dass auch andere Sets mit KM-Kondensern erhältlich sind, ist richtig, aber dabei handelt es sich meines Wissens um Drummikro-Sets, also ohne Vocal-Mikros, wie etwa beim BP5. Aber natürlich kann man das was fehlt, immer dazu kaufen. :-) Grüße, Nick