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Auflegen wie DJ 45 King

Praxis

Eines der frühen Geräte, die 45 King in den Achtzigern für seine Produktionen verwendete, war der 8-Bit-Sample Drum Computer RZ-1 von Casio. Später kam Akais S-900 Sampler dazu, der ihm auch zum Titel seines Hits „The 900 Number“ inspirierte. In den neunziger Jahren leistete er sich den digitalen Mehrspurrecorder Tascam DA-88. In dieser Zeit nutzte er außerdem eine alte Telefonzelle (!) als Vocal-Booth (siehe Foto mit MC Latee). Heutzutage sieht sein Studio vergleichsweise minimalistisch aus, denn er kreiert seine Beats mittlerweile vollständig im Rechner mit Logic (Version 9) auf einem Apple Mac Pro. Bei der Produktion verwendet er viele der in Logic enthaltenen Plug-in Instrumente, wie den EXS-24 Sampler sowie ein kleines Akai LPK 25 MIDI-Keyboard.
„Es geht nicht darum, welches Equipment du hast. Es geht darum, was du damit machst und welche Sounds du verwendest“, so 45 King dazu. Er übernimmt alle nötigen Arbeitsschritte (Vorproduktion, Vocal-Recordings, Mastering) selbst und lagert keinen dieser Jobs in andere Studios aus. 45 Kings Statement dazu: „Warum sollte ich das tun? Das ist doch alles mein Job.“
Vocals nimmt er mit einem Neumann U87 Mikrofon auf, dessen Signal durch ein MOTU Pre 8 vorverstärkt und digital aufbereitet wird. Beim Auflegen benutzt 45 King zwei unterschiedliche Setups. Für reine 45- bzw. 7-Inch-Single-DJ-Sets spielt er auf zwei portablen Vestax Handytrax Turntables sowie einem DJ-5 Battlemixer der amerikanischen Marke Gem-Sounds. Sein „großes“ DJ-Setup besteht hingegen aus zwei Technics Turntables der 1200er Serie mit Shure M44-7 Tonabnehmersystemen sowie einem Rane TTM 57SL Battlemixer mit integriertem Scratch Live Audiointerface. Er nutzt diese Kombination für reine Vinyl-Sets und für die Arbeit mit der Scratch Live gleichermaßen. Dabei nutzt er weder die Controller des Mixers noch das Keyboard des MacBooks, sondern er steuert alles (Songs laden, Cue-Punkte anwählen …) über einen zusätzlichen Korg Nano Keys Controller. Beim Auflegen mit Scratch Live kommen dem „König“ außerdem keine regulären 12 Inch Timecode-Vinyls, sondern selbst hergestellte (!) 7-Inches auf die Teller. Am meisten Spaß bereiten ihm DJ-Sets, bei denen er zusammen mit MCs performt: „Ich kann die Musik für ihre Punchlines anhalten und komme anschließend wieder taktgenau rein. Das macht einfach Spaß“, so Mark James.

Fotostrecke: 2 Bilder Mark James legt bei Serato-Sets mit eigenes hergestellten Timecode 7-Inches auf!

Playlist

00:00 Video Jingle 45 King
00:10 Esther Williams „Last Night changed it all“ (1976) (Album Mix)
00:39 Aerosmith „Walk this way“ (1976) (Album Mix)
01:12 The Commodores „Brick House“ (1975) (Album Mix)
01:51 7th Wonder „Daisy Lady“ (1979) (Album Mix)
02:24 Booker T & the MG’s „Grab Bag“ (1977) (Album Version)
03:24 Sound Experience „Devil with the Bust“ (1974) (Album Version)
04:04 Kay Gee’s „I believe in Music“ 1976 (Album Mix)
05:04 Fatback Band „Fatbackin’“ (1973) (Album Mix)
06:00 Cerrone „Look for Love“ (1978) (12 Inch Mix)
06:59 Pat Lundy „Work Song“ (1977) (Album Mix)
08:04 John McLaughlin „Planetary Citizen“ (1975) (Album Mix)
08:50 Sly & the Family Stone „Family again“ (1976) (Album Version)
09:20 Video Outro Jingle

Der von 45 King Online gestellte DJ-Set ist ein klassischer Hop Hop Break-Mix (Foto: Youtube/ Mark James)
Der von 45 King Online gestellte DJ-Set ist ein klassischer Hop Hop Break-Mix (Foto: Youtube/ Mark James)

Dramaturgisch betrachtet

Das hier analysierte DJ-Set ist ein Break-Mix im typischen Stil des frühen Hip-Hops. Eine musikalische Zeitreise zu den Park Jams der New Yorker Bronx der 70er Jahre. Diese Break-Mixes sind eine musikalische und vor allen Dingen rhythmische Achterbahnfahrt mit vielen abrupten Übergängen und Spannungs-Impulsen. Solche Sets richten sich vor allen Dingen an die Tänzer (B-Boys, B-Girls) und MCs.
Nach einem Videojingle setzt Mark James als „Attention getter“ den durch sein Telefonklingeln bewusst „stressigen“ Beat des Esther Williams Songs ein. Das Set startet mit Tempo 103 (BPM). Die durch den „Last Night“ Song aufgebaute Aufregung nimmt Mark wieder zurück, indem er zum eher schlichten Rhythmus von „Walk this Way“ wechselt. Und damit der Zuhörer auf den Mix fixiert bleibt, lässt der DJ immer wieder kurz die Gitarre des Aerosmith Liedes erklingen. Dessen etwas „grobe“ Rock-Rhythmik wird durch den nun folgenden Wechsel zum Song „Brick“ in ein „Boogie-Feeling“ gewandelt und bringt dabei eine temporäre „Lockerheit“ in den Mix.
Gerade als das durch die Musik vermittelte Gefühl ein bisschen „zu gemütlich“ wird, sorgt der Eröffnungs-Stab des „Daisy Lady“ Breaks für den nötigen Aufweck-Effekt und die fröhlich-verspielte Synth-Melodie und der swingende Rhythmus des Liedes sorgen für den zusätzlichen Kick.
45 King wechselt dann zu einem Booker T Song mit einem zweitaktigen Auftakt zum Break, der wie eine sich festdrehende Spannschraube wirkt. Diese bereitet den Zuhörer auf den nun folgenden non-melodiösen Schlagzeug/Percussion-Part vor. „Devil with The Bust“, dessen Vocals eine gewollte temporäre Nervosität in das DJ-Set bringen, unterstützt von den obskuren Mundharmonika-Klänge des Breaks, steigert das Tempo. Der nun folgende Kay Gees Songs hat ein ähnliches Flair wie der Vorgänger-Titel, allerdings fehlt dem Beat der „Novelty-Aspekt“ der Mundharmonika, wodurch 45 King die Aufmerksamkeit seiner Zuhörer wieder mehr auf den Rhythmus lenkt. Um die Fixierung auf das trockene Schlagzeug anschließend wieder zu lösen, leitet Mister James zum gut gelaunten Saxofon-Auftakt des Fatback Songs über.
Die Ambience der Stimmen über dem Break verstärkt diese Feierlaune zusätzlich und durch einen Temposprung um circa sechs BPM sorgt der DJ für die Überleitung zum Klimax des Sets. Der Streicherauftakt des Cerrone-Breaks erzielt Tempo. Hinzu kommen unterstützende Latin Percussions, gefolgt von fröhlichen Horn-Klängen aus „Work Song“ von Pat Lundy. Dieser Song bringt außerdem zum ersten Mal einen „Four to the Floor” Groove in den Mix. Keep Dancing!
Nun folgt etwas eher Ungewöhnliches: 45 King lässt die Atmosphäre bewusst umschlagen, indem er zum etwas düsteren, aber sehr treibenden Jazz-Fusion-Break von „Planetary Citizen“ wechselt. Dieser Song wirkt wie ein Marktschreier, der den Endspurt des DJ-Sets ankündigt und wie eine Erlösung aus der dunklen Stimmung des vorangegangenen Songs wirken die Nusery-Rhyme artigen Vocals der Family Stone und ihres Liedes „Family Again“. Den Höhepunkt des Sets unterstützt außerdem der Tempo-Sprung nach oben um circa acht BPM sowie die treibende Hi-Hat des Schlagzeugs. Wie ein Paukenschlag kommt dann der Outro Jingle (mit James Brown Vocals) herein und schließt den Mix ab.
Die Mix-Analyse im Detail als PDF-Download.

Resümee

Mark James aka 45 King ist ein Hip-Hop Produzent und DJ, der seiner Linie immer treu geblieben ist. Er erlernte sein Handwerk unmittelbar von den Genre Pionieren und besitzt ein großes musikalisches Wissen. Außerdem besitzt er ein gutes Gespür bei der Auswahl seiner Sample-Quellen. Seine Musik ist immer „on point“ und wirkt nie überproduziert. Er lässt den Vokalisten auf diese Art nötigen Freiraum, um sich auf den Tracks zu entfalten. Als DJ überzeugt er durch sehr dynamische, temporeiche Sets sowie extrem sauberes Mixing. Er ist außerdem der lebende Beweis dafür, dass man es auch nach einem Tief mit dem richtigen Maß an Durchhaltevermögen und Einfallsreichtum wieder nach oben schaffen kann, ohne sich zu verbiegen. Außerdem ist 45 King ein Mann, der die Zeichen die Zeit erkannt hat und das Internet geschickt für seinen kreativen Output nutzt. Also: All hail the King!

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Profilbild von TurnOvar

TurnOvar sagt:

#1 - 10.05.2015 um 08:41 Uhr

0

Schon ne schräge Sache, mit zwei batteriebetriebenen Plattenspielern aufzulegen ...

Profilbild von Pete

Pete sagt:

#2 - 11.05.2015 um 13:13 Uhr

0

Den Vestax Handytrax habe ich immer mit auf den Platten-Flohmarkt zum Anhören genommen. Wäre aber nie auf die Idee gekommen, damit aufzulegen... Respekt

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