Praxis
Equipment
DJ Friction legt mit Echt-Vinyl und Traktor Scratch Pro als DVS auf einem MacBook laufend auf. Außerdem nutzt er Native Instruments Kontrol X, beispielsweise zur Steuerung der FX. Friction legte sich schon in frühen DVS-Zeiten kurz nach der Jahrtausendwende ein entsprechendes System zu – und zwar Stantons Final Scratch.
„Mich hatte bereits damals das Konzept überzeugt, keine Platten mehr schleppen zu müssen und gleichzeitig die Möglichkeit zu haben, eigene Soundfiles wie reguläre Schallplatten spielen zu können“, so Martin über seine DVS-Anfänge.
Sein DJ-Mischer ist ein UREI 1601 und wie viele seiner DJ-Kollegen schwört auch „der Schwabe“ auf Technics-Turntables der legendären 1200er Serie. Seine ersten „ernsthaften“ Schritte als Musikproduzent machte Friction mit dem Erwerb seines ersten Akai S-950 Samplers (1991). „Damals war das Ganze ein absolutes „learning by doing“, denn es gab weder das Internet noch irgendwelche Kurse, mit deren Hilfe man den Vorgang des Musikproduzierens erlernen konnte“, so Martin Welzer über diese Zeit. Doch das ist lange her. Denn ganz zeitgemäß arbeitet er heutzutage in seinem Ludwigsburger Tonstudio mit Logic und Plug-ins.
Herzstück seines analogen Environments ist ein schickes Allen & Heath Pult sowie hochwertige Outboard-Gear. Dazu gehören diverse Lexicon Reverbs, Kompressoren von Crane Song, BBS, Empirial Labs et cetera. Zum Erstellen seiner Tracks nutzt er meist eine Akai MPC 2000 XL oder den Spark LE von Arturia. Stimmen nimmt er mit einem Neumann TLM-103 Mikrofon in Kombination mit einem TL-Audio Röhrenkompressor auf. Seine Monitore sind unter anderem die Event 2020. Als Klangerzeuger mit „Vintage-Feeling“ kommen Synths wie der Roland Juno G oder Korg R3 zum Einsatz. Alle Arbeitsschritte seiner Songs (Pre-Production, Mixing, Mastering …) erledigt Friction im eignen Tonstudio. „Es rechnet sich nicht, irgendetwas davon auszulagern. Das gilt für die Sachen, die ich in den letzten Jahren veröffentlicht habe. Bei meinen früheren Alben war das noch anders“, so Martin Welzer.
Das im Folgenden analysierte Mix-Set von DJ Friction ist Teil 1 eines „Best of 1985“ Mix der Genres RnB/Soul und Rap. DJ Friction hatte das 78 Minuten lange Set im Frühling 2014 auf seinem Mixcloud-Account veröffentlicht.
Playlist
01. 00:00 Juicy – Sugar Free (Deodato 12“ Mix)
02. 03:50 Chance – Let’s Go Together
03. 07:53 Sly Fox – Let’s Go All The Way (Multi Mix)
04. 09:30 Boogie Boys – A Fly Girl
05. 10:51 High Fidelity -Three feat. Sarah Dash – Satiafaction
06. 14:08 Precious Wilson – I’ll Be Your Friend (Defenitive)
07. 18:17 Full Force – Alice. I Want You Just For Me
08. 21:18 Paul Hardcastle – Don’t Waste My Time
09. 24:09 Alexander O´Neal – You Where Meant To Be My Lady
10. 24:18 B.B. & Q-Band – Genie
11. 30:36 Aleem – Confusion
12. 33:28 Loose Ends – Hangin’ On A String
13. 37:48 Mai Tai – History
14. 42:00 The Deele – Stimulate
15. 45:29 Princess – Say I’m Your Number One
16. 48:33 Fatback – I Found Love
17. 52:18 The Cool Notes – Spend The Night
18. 56:23 Tramaine – In The Morning Time
19. 61:05 Collage – Romeo Where’s Juliet
20. 65:14 Atlantic Starr – Freak-A-Ristic
21. 68:12 Prime Time – Baby Don’t Break My Back
22. 72:33 Cameo – Single Life
23. 75:25 Tony Baxter – Screamin’ (Godfather II)
Dramaturgisch betrachtet
Frictions „Back to 1985 Vol.1“ wurde im Jahr 2014 in seinem eigenen Ludwigsburger Tonstudio aufgezeichnet. Dabei kamen ausschließlich Vinyl-Schallplatten zum Einsatz. Aufgenommen wurde das Set via Logic, mit dem Friction auch vereinzelte Overdubs für den Mix aufzeichnete. Alle Songs dieses Mixes stammen von 1985, das Jahr, in dem Friction mit dem DJing begann. Bei den Titeln handelt es sich zum größten Teil um RnB- und Soul-Tracks und einen kleinen Anteil Rap-Musik. Die Songauswahl stellt eine Mixtur aus damaligen „Black-Music“ Club- und US-Radio-Sounds dar.
Geschickt nutzt Friction den Vocal-Auftakt von „Sugar Free“ als Einleitung für seinen Mix. Der entspannte, relativ langsame Groove und das warme Soul-Feeling des Songs vermitteln dem Hörer auf ideale Weise den „80s-Vibe“ und nehmen ihn mit auf die Reise. Eine Steigerung erreicht Friction durch den größeren Pop-Appeal des anschließenden Chance-Songs und dessen kräftigeren Drum Sounds. Außerdem nutzt Friction das Lied, um das Tempo anzuziehen. Geschickt arbeitet er sich während des ganzen Songs geschwindigkeitsmäßig via Pitch nach oben. Um seinen Mix noch weiter „aufzuladen“, steigert er das Pop-Feeling, indem er einen Sly Fox Song einbaut, der 1985 ordentlich in den Charts abging. Damit sein Set aber nicht zum „Hit-Mix“ mutiert, kombiniert er das Lied mit einem Rap-Song der Boogie Boys. Dieser stammt vom selben Produzenten (Ted Currier) und nutzt das dasselbe Drum Programming wie „Let’s go all the Way“. Ein „No Brainer“ also, diese beiden Songs zu kombinieren. Rhythm-Scratches erzeugen dabei einen vorübergehenden, ersten Spannungs-Höhepunkt.
Der nun hereinkommende High Fidelity Song (von den Rolling Stones inspiriert) greift die Pop/Rap-Kombination der Vorgänger-Lieder auf und führt diesen „Vibe“ fort. Mit dem Lied von Precious Wilson schaltet Friction anschließend wieder einen Gang zurück, denn der Song hat ein sanftes Soul-Feeling, das an den Opening-Track des Sets erinnert. Diese Gemütlichkeit sorgt für Tanzlaune, da der nachfolgende Full-Force-Song einen härteren Swing-Groove in den Mix bringt. Erneut erzeugt Friction ein „temporäres Highlight“ durch einen kurzen Scratch-Part.
Um das Swing-Feeling beizubehalten, wechselt Friction zum Song „Don’t waste my Time“ von Paul Hardcastle und leitet in der Folge zu Alexander O’Neal über: Kräftige Drums, aber einen weniger „nervöser“ Groove! Anschließend heißt es wieder „Gas raus“ und der relativ sanften Song „Genie“ ist zu hören. Aus dieser wissentlich kreierten „Talsohle“ katapultiert Friction seine Zuhörer mit den harten Drums und dem stimulierenden „Post-Disco-Feel“ des Aleem-Titels wieder hinaus und erzeugt so einen vorübergehenden Klimax. Das Set bleibt für den Zuhörer interessant, da Friction rechtzeitig zur englischen Gruppe Loose Ends mit ihrem relaxten „Jazzy Style“ wechselt. Eine sehr lange Überblendung bringt im Anschluss den poppigen und sehr radiokompatiblen Sound der Gruppe Mai Tai zu Gehör.
Diese temporäre Entfernung vom reinen Soul-Sound dient als Abschussrampe für den kommenden Song von The Deele und der funky Vibe kehrt in das Set zurück und stimuliert den Zuhörer zum „Eingrooven“.
Und worauf sollen die Leute sich einstimmen? Na, auf den 85er „Über-Hit“ von Princess – ein atmosphärischen Vollausschlag, gefolgt vom gut gelaunten Track der Fatback Band und dessen verspielter Synth-Line. Für ein erneutes Disco-Feeling sorgen anschließend die Cool Notes mit kraftvollen Female-Vocals. Die Aufmerksamkeit des Publikums sichert sich Friction dabei unter anderem durch das „Dub-Gefühl“seines Übergangs, erzeugt durch Flanging- und Delay-Effekte.
Der Gospel-Gesang des Tramaine-Songs bringt anschließend einen weitern „emotionalen Peak“ in den Mix, auf dem Friction jedoch nicht allzu lange herumreitet, sondern er lenkt das Interesse seines Publikums auf den funky Club-Groove „Romeo Where’s Juliet“ von Collage. Dieser dient als Überleitung zum futuristischen Club-Stomper Freak-A-Ristic der Gruppe Atlantic Star.
Nun erzeugt Friction durch die schweren Drums und die leicht düstere Stimmung des Prime-Time-Liedes eine gewisse Anspannung beim Zuhörer und am Höhepunkt dieser Unrast wird die Audience schlagartig durch die harten Funk-Grooves und wohligen Synth-Chords des Cameo-Songs „Single Life“ aus diesem Zustand befreit. Doch was kann diese Funk-Rakete noch toppen? Nur einer – der „Godfather“ natürlich oder besser gesagt, einer seiner zahlreichen Nachahmer. Die temporeichen Rhythm-Guitars und der intensive Gesang von Tony Baxter bilden also das „Abschlussfeuerwerk“ dieses spannenden DJ-Friction-Sets. Fire it up!
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Resümee
Was können wir von DJ Friction aka Martin Welzer lernen? Nun, da wäre zum Beispiel der Umstand, dass Friction es schafft, dramaturgisch interessante und temporeiche DJ-Sets auch ohne hektisches Wechseln des Songs oder schroffe Hardcuts zu performen. Ihm gelingt dies auf äußerst elegante Art durch saubere, musikalisch harmonische Blends und den gezielten Einsatz von Effekten. Durch eigene Edits bringt Friction eine persönliche Note in seine Sets und zeigt uns zudem, dass man sich als DJ nicht zu sehr dem Publikum anbiedern und zur Jukebox mutieren sollte. Stattdessen ist es oft ratsamer, sich darauf zu konzentrieren, dem Publikum durch ein gutes musikalisches Gespür das zu geben, was es braucht.
DJ Friction läuft in seiner Laufbahn nicht ständig einem strikten „Masterplan“ hinterher und ist dennoch professionell erfolgreich. Das schafft er auch durch Zuversicht, konstantes Arbeiten und weil er einfach sich und seinem Weg treu bleibt. Friction hat sich seine große Leidenschaft für die Musik selbst nach all den Jahren aufrechterhalten. Und genau aus deswegen wird es bei ihm „immer weiter gehen“.