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Auflegen wie Laurent Garnier

Equipment

Laurent Garnier hat über die Jahre so einiges an Equipment angesammelt und mittlerweile ist sein Studio ziemlich vollgepackt. In Produktionen kommen zwar auch viele Software-Synthesizer zum Einsatz, doch der leidenschaftliche Musikliebhaber betont in Interviews wie hier immer wieder seine Vorliebe für Hardware – vor allem, wenn diese mit zahlreichen Knöpfen und Reglern ausgestattet ist. Er ist halt eher der taktile Typ. Und so ist es natürlich auch nicht weiter verwunderlich, dass wir in seinem Studio auf diverse Klassiker stoßen, so z.B. den Roland Juno-106, Roland Jupiter-8, den Korg MS-20 oder den Yamaha DX100 FM-Synthesizer, dessen Klang der Franzose ganz besonders schätzt.

Laurent Garniers Leidenschaft: Vintage Keyboards. (Foto: soundonsound.com)
Laurent Garniers Leidenschaft: Vintage Keyboards. (Foto: soundonsound.com)

Mix

Nun wollen wir Laurent Garnier aber bei seiner Arbeit als DJ endlich mal über die Schultern schauen. Hierfür habe ich einen Videomitschnitt seines Boiler Room DJ Setsbeim Dekmantel Festival vom 23.08.2013 ausgewählt. Du kannst dir den Mix auch als Audiofile anhören oder hier auf Soundcloud kostenlos herunterladen. Es folgt zunächst mal die dazugehörige … 

Playlist

  • 00.15 Tom Trago – The Elite
  • 01.20 Grand High Priest – Mary Mary (Grand High Priest Original Mary Mary Bonus Beats)
  • 04.35 Maya Jane Coles feat. Karin Park – Everything (BrEaCh Remix)
  • 09.20 Foamo – Without You
  • 13.57Justin Jay – Static
  • 16.33 Claptone feat. Jaw – No Eyes (Kyodai Remix)
  • 21.90 Kyodai – What You Give
  • 24.16 Frankie Knuckles & The Nightwriters – Let The Music (Use You)
  • 25.44 Candy J – Sweet Pussy Pauline (Acappella)
  • 29.04 Laurent Garnier – Bang (The Underground Doesn’t Stop)
  • 35.35 Geeman – Bang’t
  • 39.29 Oniris feat. Pat Brooks – The Rebirth
  • 46.44 SQL – Surrender
  • 48.50 Ian O’Donovan – Medera

Ein erster Blick auf die Playlist zeigt, dass Laurent Garnier in diesem Set mit 14 Stücken auskommt und nur eine einzige eigene Nummer auftaucht. Er hat es schon lange nicht mehr nötig, sein Set wie viele Newcomer als Präsentationsplattform eigener Produktionen zu nutzen. Dafür spielt der Altmeister auf diesem Festival ein durchgängig knackiges Funky Tech-House Set, in dem er uns ein erfreuliches Wiederhören zweier Klassiker beschert: Frankie Knuckles & The Nightwriters „Let The Music“ aus dem Jahre 1987 und Sweet Pussy Pauline. Eingebettet in einem zeitgemäßen Kontext, wirken die beiden Nummern aber nicht nostalgisch, sondern absolut zeitlos. Klassiker eben.  

Dramaturgisch betrachtet

… startet Garnier mit dem knackig rhythmischen Synthesizer-Riff von Tom Trago und erzeugt mit diesem Intro von Anfang an Spannung. Bis zum vierten Track steigt diese an und das Set gewinnt an Intensität. Es gibt immer wieder kurze Verschnaufpausen und musikalische Höhepunkte, wie z.B. bei 17.19 wenn die warmen souligen Vocals auftauchen. Das ist ein emotionaler Moment, der auf der Herzebene Kopf und Füße wieder miteinander verbindet (falls sich diese in der Zwischenzeit verselbständigt haben sollten). Garniers Set ist keine Achterbahnfahrt, sondern eher ein klassischer funky Techno-Trip und der DJ ist ein alter Fuchs, der genau weiß, wie er seine Schäfchen bei Laune hält. Egal, ob 55 Minuten oder drei Stunden, Laurent Garnier hält eine konstante Spannung und weiß, wann Emotionen nötig sind und überrascht immer wieder mit seiner guten Musikauswahl.

DJ-Trickkiste und Mixtechniken

Das, was aus einem jungen DJ einen Meister werden lässt, ist seine Erfahrung und sein Können. Laurent Garnier legt nicht einfach nur Stücke auf, sondern sampelt und remixt in diesem Set permanent live. Oft starten Elemente neuer Tracks schon Minuten vor dem Übergang und Garnier spielt auf subtile Weise damit. Er mixt so zwei Tracks sehr gekonnt und mit viel Fingerspitzengefühl ineinander, so dass der Übergang so gut wie gar nicht mehr wahrnehmbar ist. Dadurch entsteht beim Zuhören dieses Gefühl eines unendlichen Flows. Seine Mixtechniken sind ansonsten im weitesten Sinne eher als klassisch zu bezeichnen. Womöglich liegt es daran, dass er zu den DJs der ersten Stunde gehört. Nichtsdestotrotz kocht Garnier auch nur mit Wasser. Mal kommt die EQs zum Einsatz, dann wieder klassisches Backspins. Auf die Instant-Effekte aus Pioneer Wunderkiste greift er jedoch nur selten zurück. Eine komplette Analyse des Sets mit detaillierten Beschreibungen der angewandten Mixtechniken findest du wie immer als PDF-Download.

Ein stetiges Gehen mit der Zeit ist einer von Laurent Garniers „Erfolgsverstärkern“. (Foto: laurentgarnier.com)
Ein stetiges Gehen mit der Zeit ist einer von Laurent Garniers „Erfolgsverstärkern“. (Foto: laurentgarnier.com)

Resümee

Was Laurent Garnier ausmacht, ist seine ungebändigte Leidenschaft für Tanzmusik, seine stilistische Offenheit und folglich seine Bandbreite, sein Know-how und seine unendlich große Erfahrung. Es gibt Musiker und DJs, die sich musikalisch nicht mehr weiterentwickeln, sobald sie ihre persönliche Erfolgsformel gefunden haben. Das war und ist bei Laurent Garnier definitiv nicht der Fall. Er hat sich seine Neugierde für Musik erhalten und kann deshalb auch so viele Menschen in seinen Bann ziehen. Natürlich kommt ihm seine Erfahrung zugute, aber er wiederholt nicht nur Altbewährtes, sondern geht nach wie vor sowohl bei seinen Produktionen als auch als DJ Risikos ein.
Was du von Großmeister Garnier lernen kannst ist, dass du keine Stil-Schublade benötigst. Im Gegenteil: Know-how in vielen Genres ist ein großer Vorteil, weil du deine Hörerschaft immer wieder überraschen kannst, wenn du das ein oder andere Ass aus dem Ärmel schüttelst. Der französische „Elektroschocker“ ist ein gutes Beispiel dafür, dass sich Kindheitsträume realisieren lassen, wenn man fest genug daran glaubt, es ausprobiert und dabei bleibt. Ein stetes Gehen mit der Zeit (moderne Mixtechniken wie der Live-Remix) ist ein Erfolgsverstärker, besonders in Kombination mit Altbewährtem, egal ob nun Dancefloor Klassiker, die an der richtigen Stelle im Set zitiert werden oder bewährte DJ-Tricks im Mix. Was aber eine der ganz besonderen Stärken von Laurent Garnier ist: Er liebt Musik und weiß, wie sie auf dem Dancefloor wirkt. Es geht ihm beim Auflegen also nie um die Inszenierung seiner selbst, sondern ausschließlich um die Musik und das kollektive Erlebnis. Garnier agiert also im Dienste der Musik und der Gäste.
Wenn du all das mitbringst, kannst du gewiss kein DJ der ersten Stunde mehr werden, aber womöglich einer der nächsten großen Musikrevolution, wer weiß – zumindest stehen deine Chancen nicht so schlecht, dich als DJ zu etablieren.

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