Pro-Argument 1: Keine Timingschwankungen mehr durch das Metronom!
Es gibt nur wenige Musiker, die nicht an manchen Stellen schneller oder langsamer werden. Zwar bekommt in den meisten Konstellationen der Trommler den Click, der im Regelfall timingfester als seine Kollegen ist, doch ist auch er vor dem berüchtigten „Eiern“ nicht gefeit. Der Click auf den Ohren zeigt ihm aber, wo es langgeht. So einfach ist das!
Pro-Argument 2: Deutlich vereinfachtes Editing
Wer schon einmal an einem frei aufgenommenen Stück editieren musste, der weiß, dass es ein Segen ist, im Zeitraster arbeiten zu können. Und das gilt nicht nur für Schnitte und Kopiervorgänge, denn alleine das Setzen von Loops und Markern ist ohne Click-Raster ziemlich langwierig. Arbeitet man für sich, muss man mit hohem Zeitaufwand rechnen und muss sich um derart ärgerliche Dinge wie dem Herumsuchen in Regions herumplagen, nur um dann festzustellen, dass die Kopie der ersten auf die verhunzte zweite Bridge nicht funktioniert, weil diese deutlich schneller gespielt wurde. Bei vielen Produktionen ist Zeit zudem Geld! Und wenn manche Arbeiten im Editing schlichtweg nicht oder nur mit sehr hohem Aufwand möglich sind, kann das Ergebnis einfach nicht so gut werden. Noch etwas: Ein Zeitraster durch Metronomaufnahme hilft natürlich auch im Mix, wenn Snapshots oder dynamische Automationen durchgeführt werden.
Contra-Argument 1: Der Click – Moodkiller Nummer Eins!
Es gibt sehr viele Produktionen, die man sich anhört und denkt: „Das soll handgespielte Musik sein?“ Schlimm ist es, wenn eigentlich direkte und raue Musik durch Aufnahme mit Metronom in ein starres Raster gepresst wird. Das kann sämtliche Energie „sterilisieren“, alles Leben aus der Performance nehmen, die schlaue Komposition in ein gesichtsloses Grau tauchen. Wenn dann noch „übereditiert“ wird, erhält man eine wundervolle „Sagrotan-Produktion“, die oftmals gar nicht hätte eingespielt werden müssen, sondern mit „Superior Drummer“ und ein paar weiteren Instrumenten-Plug-Ins bequem an einer kleinen Workstation hätten zusammengesteckt werden können. Sicher: Es ist stark von der Musikrichtung und dem Ästhetikwunsch abhängig, aber zu oft wird zu schnell pro Click entschieden.
Wenn ihr also beispielsweise eine Old-School-Punkband bester englischer, rotziger Tradition seid und der Tontechniker euch nach einem Click fragt, dann schüttet ihm doch bitte einfach mal ein Bier über den Kopf und bestellt ihm einen schönen Gruß von mir. 😉
Contra-Argument 2: Keine Timingschwankungen durch Aufnahme mit Metronom? Von wegen!
Sehr viele zum Metronom-Click eingespielte Stücke schwanken ganz gehörig. Warum? Ganz einfach: Das Metronom spielt den „Diktator“ und der arme Musiker, meist der Trommler, hat zu folgen. Das gelingt oftmals nicht so gut, vor allem dann, wenn man nicht genügend Übung darin hat. Das Ergebnis sind sehr kleine Schwankungen, aber oft an den unpassendsten Stellen. Ein Klassiker wäre eine Bridge mit Fill-In: Der Schlagzeuger ist es gewohnt, das Tempo leicht anzuziehen, auch, weil es dem Song an diese Stelle vielleicht gut tut. Der Click bremst ihn aber ein, das merkt er ein, zwei Schläge später. Erst dann kann er reagieren und sich dem vorgegebenen Songtempo wieder angleichen – indem er langsamer wird! An einer Stelle das Tempo herauszunehmen, die eigentlich ein wenig „nach vorne“ gespielt wird, ist meist ein Todesstoß für den Groove. Spielen andere Musiker simultan mit, werden die sich wundern, wieso ihr Drummer an genau dieser Stelle jetzt langsamer wird… Manche (wirklich guten) Schlagzeuger sind geübt darin, konstant einen ganzen Part etwas „vor dem Click“ spielen zu können und im leiseren Zwischenteil ein wenig zurückzurudern. Oft aber ist es so, dass die durch das Metronom auftretenden Mikroschwankungen eine Band-Performance „irgendwie komisch“ werden lassen – und man oft nicht auf den ersten Blick erkennen kann, was die eigentliche Ursache ist.
Und was jetzt? Click oder kein Click?
Gut, das sind nachvollziehbare Vor- und Nachteile des Arbeitens mit Metronom. Wichtig ist, dass man sich früh Gedanken macht. Spätestens mit den Vorbereitungen zum Recording sollte mit Click geübt werden. Einen Song das erste Mal zum Metronom im Studio zu spielen, das geht sehr sicher in die Hose. In jedem Fall sollte das Recording mit und ohne Click immer ausprobiert werden, nicht nur im Proberaum: Hakt es beim Click-Recording, ist die entstandene „neue Freiheit“ für die Band oftmals ein Segen – und der nächste Take die perfekte finale Version! Und auch andersrum kann es hilfreich sein, die groben Schwankungen doch mit Hilfe des Metronom-Clicks geradezubügeln und die kleineren Schwankungen vielleicht anschließend im Editing auszugleichen (vor der Aufnahme der nächsten Instrumente!).
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Der goldene Metronom-Mittelweg – es gibt ihn!
Im Grunde ist es fahrlässig, hier Schwarzweißmalerei zu betreiben, denn es gibt zwischen starrem Click und keinem Click noch etwas anderes. Metronome lassen sich in allen halbwegs professionellen DAWs programmieren! Solange der Songablauf feststeht, lassen sich die groben Temposchwankungen, die einem Song oftmals guttun, einfach in einer Tempospur einrichten. Das geht oftmals auch dynamisch, also mit sanften Steigerungen. Sicher ist das etwas Arbeit, aber die kann sich absolut lohnen!
Typisch ist es, dass leisere Stellen etwas langsamer und lautere etwas schneller gespielt werden. Zum Herausfinden eignet sich eine „frei“ erstellte Aufnahme und etwas, das „Tap Tempo“ ermöglicht, also eine bpm-Erkennung durch Mitklopfen. Für Smartphones gibt es verschiedene Apps, die so etwas können und nichts kosten. Im Zweifel sollten die Abweichungen in der Geschwindigkeit lieber zu klein als zu groß sein. Und vielleicht muss man im Studio noch etwas an den genauen Werten drehen.
Geht es nur darum, ein Taktraster zum Editieren zu erhalten, lassen sich halbwegs auch nachträglich die verschiedenen Songgeschwindigkeiten festlegen. Das ist oftmals nicht sonderlich bequem (etwa durch neue Tempochanges in jedem Takt!), auch die Hilfe durch Transientenerkennung ist kein Wundermittel – woher soll das System beispielsweise wissen, was eine 1 ist? Will man aber die Vorteile vernünftiger Editierbarkeit nutzen, lohnt sich auch dieser Aufwand definitiv.
Ihr seht: Es lohnt sich, auch an vermeintliche Kleinigkeiten mehr als nur einen kurzen Gedanken zu verschwenden…
Viel Erfolg bei der nächsten Aufnahme!