Zugegeben: Es klingt nicht nur irgendwie merkwürdig, dass alles in der Tontechnik aus den Grundelementen Wandler, Verstärker und Speicher besteht, es klingt zu vereinfachend oder sogar schlichtweg verkehrt.
Und doch hat dieser Ansatz Hand und Fuß, wie dieser Artikel zeigen wird.
Es ist überaus lehrreich, sämtliche Werkzeuge in der Tontechnik auf diese drei Elemente herunter zu brechen und zu erkennen, dass viele Dinge eine Kombination dieser sind. Und wer mag, kann einfach unter Freunden und Kollegen eine Wette starten.
Naheliegende Beispiele
Wandler, Verstärker, Speicher: Soll man Beispiele dafür nennen, ist das schnell getan. Als Wandler kommt zunächst sicher der AD- oder DA-Wandler in den Sinn, weil diese Gerätschaften das Wort im Namen tragen. Ein Verstärker, klar, verstärkt Signale für die Wiedergabe über Lautsprecher. Und ein Speicher ist ein analoges oder digitales Aufnahmemedium.
Wandler, Verstärker und Speicher können noch andere Tools sein
Wandler sind jedoch noch weitere Geräte. Lautsprecher zum Beispiel. Sie wandeln auch, und zwar eine analoge Spannung in Schall. Genau wie Kopfhörer. Und Mikrofone tun das Gegenteil: Sie wandeln Schall in Spannung. Weitere Wandler sind beispielsweise Formatkonvertierer oder Samplerate-Converter.Was ist eigentlich eine DI-Box? Nun, hauptsächlich wandelt sie Impedanzen, indem sie an ihrem Hi-Z-Input Instrumentensignale empfängt und diese niederohmiger weitergibt.
Es ist naheliegend, dass ein Mikrofonvorverstärker ebenfalls ein Verstärker ist. Aber auch ein Kompressor ist einer. Nur, dass er eben nicht darauf bedacht ist, möglichst linear zu arbeiten, sondern tut dies abhängig vom Eingangssignal (bzw. vom External Key), sondern bei Überschreiten des Thresholds mit einem Verstärkungsfaktor von weniger als 1. Limiter, Expander und selbst Noise Gates sind Verstärker: Ein Noise Gate verstärkt bei Unterschreiten des Thresholds eben mit einem Verstärkungsfaktor von minus Unendlich!
Auch erscheint logisch, dass ein Delay ein Speicher ist. Sound wird aufgenommen (wenn auch nicht in der Intention, diesen dauerhaft zu sichern) und dann verzögert wiedergegeben. Ein Reverb tut vom Grundprinzip her nichts anderes. Selbst ein Feder- oder Plattenhall verzögert. In einer Echo Chamber wird ebenfalls verzögert, weil Schall ja Zeit benötigt, um durch ein Medium (hier: Luft) zu wandern. Und wie ein analoges Tape ist auch eine DAW im Grundsatz ein Speicher.
Für dich ausgesucht
Unerwartetes, Kombinationen und (vielleicht) Unmögliches
Was ist eigentlich ein EQ? Eigentlich ganz einfach: Auch ein Equalizer ist ein Verstärker, aber eben ein frequenzselektiver. Schließlich ist das wesentliche Element eines EQs das Gain. Selbst ein Hochpassfilter verstärkt – im Cut-Band mit einem Verstärkungsfaktor von unter 1. Viele Bestandteile der Tontechnik sind eine Kombination: Ein Reverb ist nicht ausschließlich Speicher, sondern vor allem auch frequenzselektiver Verstärker. Greift man das Beispiel von der Luft wieder auf, die ja verzögert, wird deutlich: Das muss ebenfalls kombiniert werden, und zwar sowohl mit einer Verstärker- als auch Wandlerfunktion. Luft und andere Medien verzögern nicht nur, sie wandeln einen Teil der Energie in Wärme um. Und das geschieht für die Höhen schneller als für die Tiefen, dementsprechend wird hier also frequenzselektiv gedämpft. Dämpfung ist ja auch eine Verstärkung. Damit ist sogar ein Raum auf die hier vorgeschlagene Art darstellbar. Das beantwortet sogar die an sich selbst gerichtete Frage unseres Autoren Gregor Hennig im Artikel Lieblingsgear der Redaktion-Abteilung, ob sein Raum denn auch „Gear“ sei, oder?
Die Frage, die man sich nun natürlich stellen kann, ist, ob das alles wirklich zu Ende gedacht ist und immer funktioniert. Ein Kabel? Man kann es als (leicht dämpfenden) Verstärker sehen. Aber …was ist eigentlich ein Röhrenmikrofon-Netzteil? Oder eine Phantomspeisung? (Eine Phaseninvertierung immerhin ist ein Verstärker mit Verstärkungsfaktor 1 und invertierter Polarität.) Hat hier jemand einen Lösungsansatz? Phantomspeisung ein Verstärker mit Faktor 1, der auf Hot und Cold gleichermaßen… ich befürchte aber, dass dieser Erklärungsansatz nicht greift. Und was ist ein LFO in einem Modulationseffekt? Müsste das nicht ein viertes Element sein, wie beispielsweise ein Generator? Aber anders gedacht: Auch das ist doch auch nur ein Verstärker, der periodisch ein stärkeres oder schwächeres Signal ausgibt, oder? Weiß jemand weitere „unlösbare“ oder kniffelige Beispiele?