Praxis
Avantone BV-1 mkII im Test: Wertigkeit und Gestaltung
Dem Avantone Pro BV-1 mkII in diesem Test kann ich weder unterstellen, von besonders einfacher Herstellungsqualität zu sein, noch lässt sich ihm das Gegenteil bescheinigen. Die Bestandteile erscheinen in Ordnung und nicht unbekannt oder unüblich. Angenehm finde ich den Crèmeton des Tubus und der Power Supply, der unweigerlich Assoziationen mit den 1950er Jahren weckt. Dass die Rückseite des Mikrofons Aussparungen aufweist, lässt mich aber doch etwas schmunzeln: Zwar verbraucht ein Rührenmikrofon durchaus Energie (beim Testgerät um die 90 Watt), die wesentliche Hitzeentwicklung entsteht aber am Netzteil. Kühlung ist prinzipiell nicht verkehrt, aber manchmal hat man das Gefühl, dass die Optik eine gewisse Rolle gespielt haben könnte. So auffällig wie beim Studioklassiker Sony C800g und dem Clone GAP GA-800G ist das nicht, aber ich denke, man soll zumindest die Röhre sehen können. Aber „schlimm“ ist das natürlich nicht.
Röhrenmikrofon mit edlem Klangcharakter
Dass man nicht vom Äußeren eines Mikrofons auf den Sound schließen sollte, dürfte nachvollziehbar sein. Das gilt nicht nur für das Erstaunen, das der Bassdruck eines Beyerdynamic M88 erzeugen kann, sondern auch für solche recht normaler Gehäuseausstattung – wie dem Avantone Pro BV-1 mkII. Das gilt auch für den Preis, denn dieser ist für ein umschaltbares Röhrenmikrofon nicht besonders hoch. Kurzum: Ja, das Mikro klingt durchaus edel und „teurer“. Die hauptsächlich klangprägende Kombination aus Kapsel, Röhre und Übertrager sorgt für ein Klangbild, welches sich durch eine reiche Sättigung bemerkbar macht. Konsonanten bekommen einen angenehmen Schmelz. Trotzdem schmiert da nichts. S-Laute sind schön entschärft und leicht verbreitert. Ein Warm C12 beispielsweise ist transparenter, aber auch weniger veredelnd – das ist schlichtweg Geschmacksache. Im Vergleich zum deutlich preiswerteren FET-Mikrofon the t.bone SC1200 fällt auf, dass dieses durchaus flacher ist und die S-Laute kantiger und bissiger erscheinen. Die dem alten AKG C12 zugeschriebenen angenehmen, „airy“ Höhen sind beim Avantone ebenfalls erkennbar.
„Avantone Amateur“? – Avantone Pro richtet sich durchaus an Homerecording-User
Im Nahbereich könnte man fast schon den kräftigen Bassboost vermissen, den manche Mikrofone dem Signal mitgeben.Allerdings zeigt sich hier, dass sich das BV-1 primär an Homerecording-User richtet. Geringer Abstand? Kein Problem. Allerdings geht das Hochpassfilter durch die klangliche Abstimmung doch etwas zu rigide vor. Hier hätte sich meiner Meinung nach eine etwas tiefere Grenzfrequenz angeboten, da vor allem tiefe Männerstimmen schnell zu stark ausgedünnt werden und sogar Gitarrenamps zu sehr an Fundament verlieren. Ich hatte das Filter also meist ausgeschaltet.
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Polar Patterns gut – auf der Achse
Schön ist: Es sind keine starken Klangänderungen der verschiedenen Polar Patterns zu verzeichnen. Das ist ein Hinweis auf gute Technik. Dadurch werden weniger Variation wie durch die Wahl der oft knackigeren und präsenteren/pressenderen Acht oder die luftigere Kugel möglich. Auch hier: Geschmachssache. Es fällt jedoch auf, dass es mit der Konstanz der Richtcharakteristika nicht so weit her ist. Die Niere klingt bei 45 Grad Besprechungswinkel schon recht löchrig, bei 90 Grad gehörig durcheinander. Das machen andere Mikrofone besser, unter den Röhrenmikrofonen allerdings meist nur solche mit dickerem Preisschild.