Obwohl ich mich vor dem Spielen des ersten Tons auf den üblichen starren Transistor-Sound eingestellt hatte, wurde ich schnell eines besseren belehrt. Der Attax 100 lässt zwar die begehrte Röhrensättigung vermissen (Kunststück: er hat halt keine), erinnert aber im Clean- und Crunch-Kanal nicht nur unterschwellig an den warmen Klang und die Brillanz alter Fender Amp-Modelle. Wer den Sound nicht gehört hat, wird ob dieser gewagten These wahrscheinlich aufschreien, aber der Kleine hat echtes Potential!
Die Klangregelung des Clean-Kanals arbeitet zuverlässig, wobei sich Mitten und Höhen, ähnlich wie bei einem Röhren-Amp, gegenseitig beeinflussen. Eine Anhebung der Höhen bewirkt eine Mitten-Absenkung und umgekehrt. Die gute Ansprache des EQs ist sicherlich ein Vorteil der Transistor-Technologie, die grundsätzlich ein exakteres Feintuning ermöglicht.
Der Sound im Clean-Mode ist sehr geschmackvoll und gibt die Klangmerkmale der verwendeten Gitarre eins zu eins wieder. Ein wirklich schöner, ungefilterter und glockenklarer Sound mit ordentlich Fundament im unteren Frequenzbereich und eine hohe Dynamik – selbst bei geringen Lautstärken. Schnell und unkompliziert mit ein wenig Delay oder Reverb verziert hat man alles, was man für eine transparente Akkordbegleitung oder klare Arpeggien braucht.
Im unteren Gain-Bereich liefert der Crunch-Kanal wohlklingende Blues-Leads. Dreht man das Gain weiter auf, sind dann auch satte Crunch-Riffs im Angebot. Der Amp erzeugt dabei tatsächlich die Tiefe und das dynamische Verhalten, die man von britischen Röhren-Amps gewohnt ist.
Die beiden Distortion-Kanäle des Attax bilden zwei Extreme. Lead glänzt mit großen Gain-Reserven, ohne den Gitarren-Sound zu verschlucken und wird dabei durch einen relativ geradlinigen Klang geprägt. Die Bässe sind eher zurückhaltend, bieten so aber beste Voraussetzungen für amerikanische Solo-Sounds mit jeder Menge Sustain.
Ergänzend hierzu ist die Möglichkeit, jeder Soundgattung ihr eigenes Level zuzuweisen ein großer Vorteil, wenn es darum geht zum Beispiel einen Solo-Sound einzustellen, der sich lautstärkemäßig vom Rhythmus Sound abheben soll.
Im Ultra-Kanal kehrt sich das Ganze um, und die Bässe drücken, was das Zeug hält. Beste Vorboten für kraftvolles Metal-Riffing. Auch in Drop-Tunings verliert der Amp nicht die Fassung, sondern überzeugt mit sattem Punch und Biss im oberen Frequenzabteil.
Unterstrichen wird dieser Eindruck durch die eher dezent vorhandenen Mitten. Dabei ist die Verzerrung keinesfalls wild und ungestüm, sondern gibt auch einen klassisch gegriffenen C-Dur Akkord mit überzeugender Transparenz wieder.
Lead und Ultra ergänzen sich wirklich gut, und das trotz eines gemeinsamen Gain-Reglers. Dieser gibt ein für beide Kanäle akzeptables Ergebnis ab und muss beim Umschalten im Normalfall nicht noch extra nachjustiert werden. Benutzerfreundlich verhält sich auch die Klangregelung, die alle drei Zerrstufen gleichzeitig regelt. Natürlich wäre ein separater EQ für jeden Kanal angenehmer, aber dieser Mangel wird durch eine wirklich gelungene Abstimmung sehr gut aufgefangen.
Grundsätzlich kann man sagen: Aufgrund der druckvolleren Klangeigenschaften ist der Betrieb mit einer Humbucker-Gitarre für die Distortion-Kanäle die definitiv bessere Wahl. Steht man eher auf Single-Coil Klänge, erreicht man bereits im Crunch-Kanal die gewünschten Ergebnisse. Das bereits großzügig bemessene Gain-Level des Crunch-Modes unterstützt diesen Pickup-Typ mit seinen pfundigen Soundeigenschaften besser als die Lead- oder Ultra-Sounds.
Die Effekte im Attax 100 sind im Vergleich zu den amtlichen Analogtretern zwar nicht unbedingt Oberklasse, verhalten sich aber durchaus zweckdienlich. Sie nehmen dem Sound im Vergleich zum Originalsound des Amps ein wenig an Brillanz und schwächen die, sich wirklich nah an der Röhrencharakteristik ansiedelnden Klangmerkmale, dezent ab. Im Live-Betrieb mit Band ist das aber kaum zu hören, weshalb diese Tatsache kein wirklicher Grund für einen Minuspunkt darstellt.