Der Gitarrist Bernd Kurtzke ist Gründungsmitglied der Berliner Band Beatsteaks, die seit 1995 besteht. Zum gegenwärtigen Lineup der Band gehören außerdem Peter Baumann (Gitarre), Thomas Götz (Drums), Torsten Scholz (Bass) und Arnim Teutoburg-Weiß (Gesang, Gitarre).
Nach mittlerweile sieben Studio- und drei Live-Alben sind die Beatsteaks zweifellos eine der wichtigsten deutschen Rockbands unserer Zeit neben den Ärzten und den Toten Hosen. Bonedo.de traf Bernd Kurtzke vor dem zweiten der beiden ausverkauften Konzerte im Kölner Palladium.
1) Hallo Bernd! Wie wurde Musik zum Dreh- und Angelpunkt deines Lebens und deiner Karriere?
Gute Frage! Ich glaube, mein Leben hat sich so entwickelt, weil ich mich grundsätzlich für Musik interessiere und schon als Kind auf der Schule Akkordeon gelernt habe. Da wurde wohl damals bereits ein gewisser Grundstein gelegt, auch wenn ich es früher gehasst habe. Später als Jugendlicher habe ich natürlich viel Musik gehört und irgendwann hat es mich dahin gedrängt, selber ein Instrument zu spielen. Dass daraus eine richtige Karriere wurde, hat sich eher so ergeben. Dazu muss man als Band einfach eine Menge Glück haben und zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein. Der Erfolg kam ja bei uns auch nicht über Nacht, sondern es ging langsam nach oben. Wir haben uns aber immer über jeden Teilerfolg gefreut!
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2) Was würdest du machen, wenn du kein Musiker wärst?
Ich weiß es gar nicht, wobei: Ich habe sogar einen „richtigen“ Beruf erlernt: Fernmeldemonteur, also staatlicher geprüfter Techniker für Kommunikationselektronik!
3) Und könntest du dir vorstellen, tatsächlich in diesem Bereich zu arbeiten?
Nein! (lacht)
4) Was ist für dich das Besondere an deinem Instrument?
Zwei Saiten mehr als der Bass! Gitarre ist kein Instrument wie beispielsweise eine Oboe, Klarinette o.ä., sondern mit der Gitarre kannst du Harmonien spielen – das hat mich begeistert! Tatsächlich habe ich aber mit dem Bass angefangen.
5) Was ist für dich die wichtigste Erfindung in puncto Musik-Equipment aller Zeiten und warum?
Wahrscheinlich Amp und Box. Der Verstärker macht es erst möglich, dass eine elektrische Gitarre hörbar wird. Ohne Amp gäbe es keine elektrische Gitarre!
6) Deine erste Studioerfahrung: Wie war die für dich?
Unser erstes Demo haben wir ja noch im Homestudio eines Kumpels mit einem Vierspur-Recorder aufgenommen. Für die erste richtige Platte sind wir dann in ein Studio in Berlin gegangen, was es jedoch schon lange nicht mehr gibt. Das war eine komische Erfahrung: Zum ersten Mal musste man ganz diszipliniert seine Parts spielen – und das auch noch mehrfach hintereinander! Da gab es so ein Riesenpult mit ganz vielen Knöpfe dran! Ich war darüber sehr erstaunt und habe den Toningenieur sehr dafür bewundert, dass er da durchgeblickt hat. Er hat uns damals auch einen Einblick in den Umgang mit der Bandmaschine gezeigt. Ich habe mich gefühlt, wie der erste Mensch auf dem Mond! (lacht)
7) Auf welche Aufnahme bist du besonders stolz?
Ach, mir geht es ja nie wirklich um meine Aufnahmen, sondern immer um die der Band. Aber ich bin auf die letzten beiden Alben wirklich sehr stolz. „Boombox“ wurde ja in unserem Heimstudio aufgenommen, das macht einem schon ein tolles Gefühl! Und auch die aktuelle Platte ist klasse geworden, weil sie sehr unkonventionell entstanden ist im Schaltraum. Das ist ein toller Raum, der super klingt. Dort hat übrigens auch der Song „Hello Joe“ das Licht der Welt erblickt. Es war für uns also wie eine kleine Zeitreise und hat sehr viel Spaß gemacht.
8) Und was war deine schönste bzw. deine schlimmste Erfahrung auf der Bühne?
Schöne Erlebnisse gibt es viele! Im Lauf der Jahre haben wir so viele tolle Konzerte erlebt – das wären einfach zu viele, um sie aufzuzählen. „Rock am Ring“ und „Rock im Park“ 2007 vor 80.000 Leuten, das war schon sehr beeindruckend! Schön waren aber in der Regel wirklich alle Konzerte. Schlechte Erfahrungen: Ich bin mal mit einem Bein von der Bühne gefallen. Der Teil der Bühne, in dem ich stand, war nicht beleuchtet, von daher hatte ich Glück, dass nicht noch mehr passiert ist als ein recht unangenehmer Spagat. Es war unschön zu merken, dass die Bühne hier offenbar zu Ende war.
9) Was ist deine Lieblingsbeschäftigung auf Tour?
Ich höre viel Musik bzw. beschäftige mich generell gern mit Musik. Ich habe keine Ebook-Reader oder Ähnliches dabei. Wenn ich so etwas besäße, würde ich wahrscheinlich recht viel lesen. Ich versuche Sightseeing zu machen, wenn es möglich ist, z.B. wenn man mal einen Tag vorher in einer Stadt ist. Aber viele Dinge, die man gerne tun würde, schafft man auf Tour letztlich dann doch nicht. Ich mache übrigens auch keinen Sport, denn ich bin ja fast jeden Abend zwei Stunden lang sehr aktiv. Da ist es wirklich so, dass man von einer Tour relativ fit wiederkommt, wenn man auf sich aufpasst. Im „normalen“ Leben ernähre mich einigermaßen gesund und gehe ab und zu mal schwimmen, aber damit hat es sich dann auch schon.
10) Was würdest du ändern, wenn du im Musikbusiness das Sagen hättest?
Das ist keine Frage, die man auf die Schnelle beantworten kann. Ich möchte ehrlich gesagt auch gar keine Verantwortung für solcherlei Dinge haben, sondern lieber einfach Musik machen. Wobei: Eine Sache fällt mir doch ein! In Schweden gibt es so ein staatliches Förderprogramm für junge Bands, das würde ich hier auch einführen. Ich weiß einfach, dass es viele gute Bands in Deutschland gibt, von denen nicht wenige eine gute Förderung verdient hätten!
11) Welchen Rat hast du für junge Musiker, die mal Profi werden wollen?
Ganz ehrlich: Es ist immer noch so, dass wir uns selber gar nicht als Profis bezeichnen. Wir haben autodidaktisch angefangen, jeder hat sein Instrument auf irgendeine Weise gelernt, und das ist noch bis heute so. Wir sind da eher dilettantisch, was unsere Herangehensweise betrifft. Hätten wir das Musikmachen anders gelernt, wären wir vielleicht heutzutage deutlich besser an unseren Instrumenten, aber das muss meiner Meinung nach auch gar nicht zwingend so sein. Musik ist schließlich keine Mathematik, sondern muss aus dem Herzen kommen. Wir sind auch nicht die Band, die anderen Tipps geben möchte. Jeder sollte für sich selbst herausfinden, was gut für ihn ist. Jede Karriere ist auf ihre Art einzigartig und verläuft anders als andere. Es gibt kein Geheimrezept! Ich denke allerdings, jeder ist grundsätzlich erst einmal gut beraten, wenn die eigenen Erwartungshaltungen in Bezug auf den Erfolg nicht zu hoch gesetzt werden. Man sollte sich selbst nicht zu ernst nehmen und mit Spaß und Begeisterung dabei sein. Ich denke, mit einer solchen Einstellung kommt man am weitesten. Und das ist es auch, was einen authentisch macht!