Laut, druckvoll, unbequem – die Band FJøRT aus Aachen ist derzeit wohl eine der vielversprechendsten Underground-/DIY-Bands der Bundesrepublik. Innerhalb von nicht einmal zwei Jahren hat das Trio eine EP und ein Album veröffentlicht. Beide Platten wurden von der Musikpresse gefeiert, und der Zuspruch spiegelt sich auch in den Konzertbesucherzahlen der Band wieder. Ich traf David Kosslowski, Bassist von Fjort und Gitarrist bei Adam Angst vor der Show im Kölner Artheater…
1) Wie wurde Musik zum Dreh- und Angelpunkt deines Lebens und deiner Karriere?
Ich glaube, es begann damals mit dem Album „Dookie“ von Green Day. Das habe ich im Zimmer meiner Schwester das erste mal gehört. Ich war damals sehr beeindruckt und wollte auch anfangen Gitarre zu spielen. Da meine Mutter Musiklehrerin ist, musste ich zunächst einmal akustische Gitarre lernen. Das habe ich auch anderthalb Jahre lang gemacht.
Mit 16 Jahren holte ich mir dann die erste E-Gitarre . Dann habe ich mit einem Kumpel angefangen Musik zu machen, die erste Band folgte. Schnell merkte ich, dass mir alles, was um das Musikmachen herum passiert, irgendwie liegt. Musik fand ich in der Jugend schnell besser als Fußball oder Skateboardfahren, was ich früher auch gemacht habe…
2) Was würdest du machen, wenn du kein Musiker wärst?
…dann hätte ich super viel Zeit! Ich würde wohl irgendwas machen, wo ich ebenso beschäftigt wäre wie jetzt. Ich bin nicht der Typ, der sich den ganzen Tag auf die faule Haut legt. Vielleicht würde ich irgendwelche Projekte in der Jugendarbeit machen, bei denen man etwas schaffen kann und es keine Begrenzungen oder Unmöglichkeiten des Wachstums gibt. Aber ich kann mir ehrlich gesagt nichts Konkretes vorstellen.
Ich wollte früher immer Mediziner werden, aber dafür war meine Abiturnote nicht gut genug. 24 Stunden Job – nie Pause, nie Ruhe. Immer etwas Neues und bloß keine Möglichkeiten zum Faulenzen! Ich glaube, das deckt sich auch mit dem Job als Musiker. Mal abgesehen von dem finanziellen Wohlstand.
3) Was ist für dich das Besondere an deinem Instrument?
Nach dem Schlagzeug ist der Bass das wichtigste Instrument in der Band. Auch wenn ich mit Gitarrespielen angefangen habe, weiß ich inzwischen, dass man mit dem Bass eine Band einfach umhauen kann. Und wenn der Bass im Set ausfällt ist alles vorbei, weil das Fundament fehlt. Das macht am Bass die größte Laune: Mit weniger Können das absolute Fundament zu zimmern und den Druck im Nacken zu haben – das ist genau mein Ding!
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4) Was ist für dich die wichtigste Erfindung in puncto Musik-Equipment aller Zeiten und warum?
Der Overdrive bzw. das Distortion-Pedal! Ich mag einfach keinen trockenen, cleanen Bass. Insbesondere in der Musik die ich mache, braucht man mehr Schmutz. Auch in der elektronischen Musik mag ich Lo-Fi / Overdriven-Produktionen sehr gerne. Deshalb würde ich sagen: Zerre!
5) Deine erste Studioerfahrung: Wie war die für dich?
Fürchterlich! Ich habe mit meiner ersten Band („Longing For Tomorrow“) in Düsseldorf eine Platte aufgenommen. Der Produzent hatte uns auf einem Konzert angesprochen und in sein Studio eingeladen. Er war allerdings noch sehr jung und so entstand eine Platte, mit der ich bis heute nicht zufrieden bin. Er hatte echt keine Ahnung von der Technik. „Im Mix klingt das alles geil“, sagte er. Ich hatte es schon befürchtet. Das war eine furchtbare Erfahrung. Mit der zweiten Platte sind wir dann in ein anderes Studio gegangen.
6) Auf welche Aufnahme bist du besonders stolz?
Die zweite Longing For Tomorrow – Platte. Daran haben wir lange gearbeitet und unser Sound war einfach gut. Das war stilistisch Emo-Core á la Funeral For A Friend etc. Wir dachten damals: „Jetzt geht es in die Stadien!“ und alle waren unfassbar euphorisiert. So war es natürlich nicht. Aber an eben diese Euphorie erinnere mich noch gerne.
7) Und was war deine schönste bzw. deine schlimmste Erfahrung auf der Bühne?
Zufälligerweise beides in einem. Das war beim Pfingst Open-Air 2014 in Essen-Werden! Es war ein traumhaftes Open-Air-Wetter. Strahlende Sonne und unglaublich heiß! Wahnsinnig viele Köpfe vor der Bühne und ein Sound wie aus der Vorhölle! Am Abend mündete das heiße Wetter in DAS Unwetter des Ruhrpotts überhaupt! Alle Zuschauer inkl. uns waren auf dem Gelände als es dann Hurricane-artig losging! Bäume fielen, Menschen schrien. Es war das erste Mal in meinem Leben, als ich mir sagte: „Es kann jeden Moment passieren, dass du von einem Baum erschlagen wirst.” Es war echt richtig hart. Danke an der Stelle an alle THW und Feuerwehrleute, die dermaßen geholfen und die Menschen in Sicherheit gebracht haben!
8) Was ist deine Lieblingsbeschäftigung auf Tour?
Ich bin auf Tour meistens damit beschäftigt, alles zu organisieren. Also ganz anders als der Typ, der den ganzen Tag schläft und abends dann spielt. Nach der Show trinke ich gerne ein Bier & Rum Cola. Tagsüber habe ich genug zu tun. Fahren, Show vorbereiten, andere Band-Interna besprechen, Pläne schmieden etc….
9) Was würdest du ändern, wenn du im Musikbusiness das Sagen hättest?
Das Musikbusiness ist echt hart. Es gibt viele Leute, die anderen hinterherlaufen. Labels und Agenturen trauen sich nichts mehr. Alles was funktioniert, wird kopiert. Das wird dann den Menschen im Radio um die Ohren geknallt. Wir haben derzeit eine vielversprechende Newcomerszene, grade was deutschsprachige DIY-Bands angeht! Aber der Otto-Normalverbraucher bekommt das leider nicht mit. Ich würde gerne die Radiosender infiltrieren und ihnen ihre Playlisten diktieren.
Ich glaube, dass es Menschen gibt, die sich nach frischem Sound und neuen Bands sehnen und die Bock auf was Anderes im Radio haben. Viele Menschen die beispielsweise über viel Subkultur in der Musik sozialisiert worden sind hören kein Radio mehr. Das ist eigentlich total schade. Aber eben diese DIY-/Punk-/Hardcore-Szene ist viel offener im Bezug auf neue Bands und auch hungrig danach. Ich fände es gut, wenn man mit frischem, neuen Sound wieder mehr junge, alternative Kids für das Radio begeistern könnte. Ich würde folglich mehr Musik, die nicht dem „Schema F“ entspricht, im Radio spielen lassen. Es wäre toll, wenn sich Labels und Radiostationen dahingehend mehr trauen würden.
10) Welchen Rat hast du für junge Musiker, die mal Profi werden wollen?
Wenn ihr schon etwas länger dabei seid: Versteift euch nicht auf eure erste Veröffentlichung! Viele Bands machen Platten oder Songs und denken sich: „Das ist es!“. Sich darauf zu versteifen, bevor die Platte von der Musiklandschaft gehört, besprochen und rezensiert wurde, ist quatsch. Internes Selbstbewusstsein ist natürlich gut und nötig um das was ihr macht authentisch aufführen zu können, aber letztendlich entscheidet der Zuhörer nicht darüber, ob es gut oder schlecht ist, sondern viel mehr ob es sich verkauft und ihr damit viel Spielen und Musik machen könnt, was euch eben erst zu einem Berufsmusiker macht. Das klingt total abgezockt, aber so sieht es leider meiner Erfahrung nach in dieser Musiklandschaft aus. Und wenn ihr das mit der eigenen Musik machen wollt, anstatt als Musiklehrer, dann müsst ihr das Zeug halt verkaufen.
Wenn man all seine Erwartungshaltung an eine Platte knüpft und diese dann floppt, führt das zu einer enormen Frustration. Also man sollte nicht so verkopft auf eine Platte sein! Das habe ich bei vielen Bands erlebt, die waren dann einfach vor die Wand gefahren und das macht dich als Musiker kaputt. Ohne Arbeit geht es nie – aber das wissen ja Alle. Nicht zu viel hoffen – mehr aus Überzeugung machen!