SNARE-DRUM
Fahren wir mit Drummers kleinem Liebling fort: der Snaredrum.
Auch diese Trommel birgt wieder eine Besonderheit, denn wir haben es hier nicht nur mit dem Schlagfell (von oben), sondern auch noch mit dem Snare-Teppich (unten am Resonanzfell) zu tun. Das bedeutet, dass wir uns um die Snaredrum ebenfalls mit zwei Mikrofonen kümmern müssen (beim Live-Gig reicht meist ein Mikro am Schlagfell). Was die Positionierung des Mikrofons von oben am Schlagfell betrifft, so ist hier das Gleiche zu beachten wie bereits für die Toms beschrieben. Geringer Abstand und steiler Winkel bedeuten viel Attack, größerer Abstand und flacherer Winkel bringen einen weicheren Sound mit mehr „Körper“. Hier werden meist dynamische Mikrofone eingesetzt, absolute Klassiker sind wieder das Shure SM57 oder das Sennheiser MD-421.
Um den charakteristischen Schnarr-Sound zu erzielen, müssen wir ein zweites Mikrofon unten am Snare-Teppich aufstellen. Hier verwendet man in der Regel Großmembran-Kondensatormikrofone, am besten mit umschaltbarer Richtcharakteristik und der Möglichkeit „Acht“. Die Achter-Charakteristik bietet sich deswegen an, weil die Off-Axis hier an den Seiten liegt und somit die Bass-Drum, die sich ja in direkter Nachbarschaft befindet, größtmöglich ausblendet. Der Abstand des Mikros zum Snare-Teppich sollte ca. 10-15 cm betragen. Nun gibt es eine weitere Besonderheit bzw. Problematik: Da nun die Hauptaufsprechrichtungen der beiden Snare-Mikros genau entgegengesetzt liegen (also mit einem Unterschied von 180°), werden sich die beiden Signale gegenseitig mehr oder weniger auslöschen.
Tatsächlich würden sie sich in der Theorie sogar komplett auslöschen. Wenn man sich die beiden Signale als Sinus-Schwingung vorstellt und eine Welle nun um 180° verschiebt, würden sich Wellenberg und Wellental genau gegenüber befinden, was eben eine komplette Auslöschung bedeuten würde. Doch da es sich bei der Snaredrum ja nicht um Sinusschwingungen handelt und es auch noch ein paar weitere Faktoren zu beachten gilt (oberes Mikro ist meist nicht komplett senkrecht nach unten gerichtet, die beiden Mikrosignale werden nicht mit gleichem Pegel zusammengemischt, etc.), heben sich die beiden Signale nicht komplett auf, sondern es kommt zu frequenzabhängige Auslöschungen, die sich beim Zusammenmischen der beiden Mikros in einem „dünneren“ Sound äußern. Um dem entgegenzuwirken, muss man bei einem der beiden Snare-Mikros (meist bei dem unteren) die Phase um 180° drehen. Dies lässt sich entweder am Mischpult/Preamp, mit der Recording-Software, oder mit einem so genannten Phasendreher-Kabel (bei dem die beiden signalführenden Adern vertauscht sind) erledigen. Ist dies geschehen, kann man die beiden Snare-Signale bedenkenlos zusammenmischen und somit das Verhältnis zwischen Attack/Kessel und Snare-Teppich einstellen.
HI-HAT
Weiter geht´s mit der HiHat, einer sehr präsenten Komponente eines jeden Drum-Kits.
Für dich ausgesucht
Bei der Abnahme der Hi-Hat sind in der Regel Kleinmembran-Kondensatormikrofone die Wahl der Stunde, da diese über ein sehr gutes Impulsverhalten und eine brillante Höhen-Übertragung verfügen. Alternativ kann man aber natürlich auch mal einen Großmembran-Vertreter oder ein edles dynamisches Mikro (z.B. Sennheiser MD-441) ausprobieren.
Die HiHat sollte nicht zu nah mikrofoniert werden, da sie zum einen frei schwingen muss und man zum anderen den Nahbesprechungseffekt des Mikros vermeiden sollte – denn wir wollen ja einen klaren und präsenten Sound. Man sollte das Mikrofon auch nicht zu nah am Rand der Becken positionieren, da hier beim Zusammentreffen der beiden Becken starke Luftströmungen entstehen, die als Störgeräusche über das Mikro übertragen würden. Um eine größtmögliche Ausblendung der Snaredrum zu erhalten, kann man das Mikrofon in Richtung der Snare etwas „verdrehen“, das heißt, dass das Mikro von der Snare weg zeigt. Was die genaue Mikrofon-Ausrichtung betrifft, so kann man sagen, dass der Sound in Richtung Beckenmitte (Glocke) härter und glockiger ist, am Rand klingt es eher „schepprig“. Die goldene Mitte, also zwischen Glocke und Rand, ist hier meist eine gute Position.
Moritz sagt:
#1 - 24.08.2012 um 18:03 Uhr
allerdings ist der Workshop wenig Live-tauglich. Rim-Klemmen werden nicht erwähnt, was tun wenn kein Loch im Resonanzfell der Kickdrum ist, usw.? Dumm gucken? Ist glaube ich nicht DIE Lösung. Schade, hatte mir eigentlich mehr erhofft.
Guido Metzen (bonedo) sagt:
#2 - 28.08.2012 um 12:28 Uhr
Hallo Moritz, erst mal "Danke" für deinen Kommentar, aus Kritikpunkten kann man eigentlich immer nur lernen, von daher finde ich es gut, dass du dich mit dem Thema beschäftigt hast und sachliche Kritik anbringst. Ich kann deine beiden Punkte verstehen, den gesamten Workshop deshalb aber als "wenig Live-tauglich" zu bezeichnen ist wohl auch etwas "overdosed". Es ging uns im Speziellen um die Mikrofonierung an sich, also um Winkel, Abstand, Mikro-Art, etc. - natürlich gehört die Aufstellung oder Anbringung per Rim-Klemmen auch dazu...hätten wir erwähnen sollen. Ich gebe dir Recht, dass wir auch auf den Fall hätten eingehen sollen, wenn kein Loch im Resonanzfell ist (wird in den meisten Fällen zwar sein, aber Ausnahmen bestätigen die Regel). In diesem Fall gibt es eigentlich drei übliche Möglichkeiten: 1. Ihr schneidet vor Ort ein Loch ins Resonanzfell, wenn es der Drummer erlaubt und es den Soundvorstellungen nicht in die Quere kommt. Zur Vorgehensweise könnt ihr euch gerne unseren Workshop "Drums Fellwechsel und Stimmung" http://www.bonedo.de/artike... anschauen, da wird das Lochschneiden erklärt. 2. Ihr schneidet nur ein kleines Loch ins Resonanzfell, wo ein XLR-Kabel durch passt und legt z.B. ein Grenzflächen-Mikro in die Bassdrum. 3. (Und das ist dann auch der einfachste und wahrscheinlichste Fall) Ihr mikrofoniert die Bassdrum eben vor dem Resonanzfell. Für mehr Attack könntet ihr dann auch noch ein zweites Mikro an der Schlagfellseite am Schlegel positionieren. Ich hoffe, ich konnte für ein paar Ergänzungen sorgen. Viele Grüße, Guido
Moritz sagt:
#3 - 31.08.2012 um 14:07 Uhr
Hallo Guido, danke für deine Antwort, jetzt bin ich wieder glücklich :D Spass beiseite: ich finde eure Arbeit hier super! ich habe, da ich selbst berufsbedingt eher ein "Live-Techniker" bin nur oft den Eindruck, dass Live-Sound ziemlich häufig zu kurz kommt. Ich habe schon oft Leute, die im Studio tolle Arbeit leisten, live furchtbar versagen sehen. Viele lesen sich ja auch im Internet (zum Beispiel bei euch ;)) ihr Wissen an und sind dann wenns um Soundcheck geht völlig überfordert, weil sie stundenlang am Sound der Einzelinstrumente basteln und im Gesamtsound kommt trotzdem nichts brauchbares zustande. Nichtsdestotrotz ist der Workshop für Aufnahmen zuhause oder im Studio ideal, wenn man frisch einsteigen möchte. Und dadurch, dass ihr einen aktiven Drummer mit ins Boot geholt habt, bekommt man auch ein paar wertvolle Tipps wie ein Drumset zu klingen hat ;)
Max sagt:
#4 - 26.10.2012 um 23:11 Uhr
Bei der XY habt ihr was durcheinander gebracht. Dreht man die Mikros voneinander weg, wird das Soundbild breiter und nicht wenn man sie zueinander dreht. Ansonsten gut gelungen und bestimmt hilfreich für den Einsteiger.
Hans Wurst sagt:
#4.1 - 17.05.2016 um 19:31 Uhr
Das ist richtig...ich hatte mich schon gewundert.
Antwort auf #4 von Max
Melden Empfehlen Empfehlung entfernenNick (Redaktion Recording) sagt:
#4.1.1 - 18.05.2016 um 07:39 Uhr
Hallo Leute,das ist vielleicht nicht an jeder Stelle absolut eindeutig ausgedrückt gewesen: Je weiter man die Mikrofone auseinanderdreht (also die Kapseln zueinander verdreht, Achsenwinkel alpha), desto kleiner (!) wird der Aufnahmewinkel theta. Dadurch wird die spätere Abbildung zwischen den Boxen breiter. Eberhard Sengpiel hatte dafür auf seiner Seite ein schönes Visualisierungstool, das die Zusammenhänge erklärt: http://www.sengpielaudio.co...Das lässt sich gut erkennen, wenn man die Pegel der beiden Mikrofone, erkennbar an den Nierencharakteristiken (Abstand zum Ursprung des Polardiagramms) addiert und auf die bunten Striche achtet, die die Ausdehnung des Klangkörpers darstellen (veränderbar mit "Orchesterwinkel", die äußeren Eckpunkte könnten auch zweite Snare und Chinabecken sein…).Beste Grüße,
Nick Mavridis (Redaktion Recording)
Antwort auf #4.1 von Hans Wurst
Melden Empfehlen Empfehlung entfernenGuido (bonedo) sagt:
#5 - 27.10.2012 um 09:42 Uhr
Hallo Max,
danke für deinen Kommentar. Ich glaube, wir haben da ein Missverständnis und meinen eigentlich dasselbe. Wir sprechen hier von der Verdrehung der Mikrokapseln. Zudem muss man zwischen Aufnahmebereich und Abbildungsbreite unterscheiden. Viele Grüße, Guido
Andreas sagt:
#6 - 05.12.2012 um 02:22 Uhr
Hallöchen!
Der Workshop ist echt gut gelungen.
Ich bin aber nur ein "kleiner" Hobbymukker. Daher verfüge ich nicht über soviel Equipment.
Vielleicht könntet ihr noch mal ein paar "alternative Mikrotechniken" wie die "recorderman" oder die "Glyn Johns" Methode.
Flo sagt:
#7 - 26.04.2013 um 12:39 Uhr
Hallo Leute!
Erst einmal echt super Arbeit!
Eine Frage wie siehts mit Raum-Mikros aus?
Und wie wichtig is die Akkustik des Raums selbst?
Guido (bonedo) sagt:
#8 - 26.04.2013 um 13:02 Uhr
Hallo Flo,
danke für deinen Kommentar. Freut uns, dass dir der Video-Workshop gefällt. Ein zweiter Teil zum Thema Drum-Mikrofonierung ist auch angedacht - da werden dann auch Themen, wie Raummikros, etc. vorkommen. Vorab aber schon mal eine Kurzantwort auf deine Frage: Beim Closed-Miking, wo die Mikrofone sehr nah an der Schallquelle sind, spielt der Raum erst mal eine untergeordnete Rolle, da der Signalanteil der Instrumente den Raumanteil pegelmäßig eh maskiert. Anders sieht es da schon bei den Overhead-Mikros aus, die natürlich auch (je nach Mikrofon und Aufstellung) eine Menge Raumanteil mit übertragen. Grundsätzlich kann man einen gut klingenden Aufnahmeraum natürlich perfekt mit in das Drum-Gesamtsignal mit einbeziehen - es wirkt dann sofort räumlicher und dynamischer. Ich hoffe, ich konnte dir schon mal ein wenig weiterhelfen. Gruß, Guido
Chris sagt:
#9 - 25.02.2014 um 20:47 Uhr
Einen lustigen Studiotrick habt ihr unterschlagen...Man nehme:
1 Lautsprechen (Am besten den Gitarristen beklauen)
1 DI-Box (Hier kann ev. der Basser hilfreich sein)
1 Mono-Klinkenkabel und 1 MikrofonkabelNun kommt der Spass. Den Lautsprecher (am besten ist 1x10" oder 1x12" vor die Bassdrum stellen, so dass er direkt aufs Resonanzfell zeigt. Jetzt verbinden wir mittels des Klinkenkabels den Eingang des Lautsprechers mit dem Eingang der DI-Box und schalten nach Möglichkeit die Dämpfung der DI-Box auf Maximum. Mit dem Mikrofonkabel verbinden wir jetzt die DI-Box mit Mischpult oder Soundkarte und nehmen das Ganze auf.Ergebnis: Ein wunderbarer Druck von den Bässen, der das normale Bassdum-Mikro perfekt unterstützt.Und wer Lust aufs Basteln hat, schraubt einfach den Lautsprecher zusammen mit der DI-Box in einen alten Tom, den er auf ein kleines Stativ montiert. (Ja, ich weiss, das gibts auch fertig. Nennt sich Subkick und ist von Yamaha. Kostet aber auch einiges)
Chris sagt:
#10 - 03.09.2015 um 18:10 Uhr
Echt netter Workshop,
ich wünschte nur es gäbe in der Livesituation auch mal so viel Zeit um das alles perfekt auszutesten. Fürs Studio aber durchaus gut für den anfang.