OVERHEADS
Da wir es hier mit einer stereofonen Anordnung, also mit zwei Mikros zu tun haben, gibt es bei den Overheads zahlreiche Möglichkeiten der Aufstellung (es sollten übrigens zwei gleiche Mikrofone sein).
Aufgrund der Neutralität und des besseren Impulsverhaltens werden hier ausschließlich Kondensator-Mikrofone verwendet, meist in Kleinmembran-Bauweise. Man kann die beiden Mikrofone in einer so genannten „Quasi-Stereoanordnung“ über dem Drum-Set positionieren – dazu hängt man die beiden Mikros in einem Abstand von um die 70 cm zueinander etwa einen Meter über die Becken und richtet sie jeweils leicht nach außen.
Verwendet hier auf jeden Fall stabile Mikrofon-Stative, damit die hoch ausgezogenen Galgen nicht zu sehr wackeln – es gibt auch spezielle Overhead-Ausführungen mit Gegengewicht und stabilerer Fuß-Konstruktion. Als „echte“ Stereo-Mikrofonierungsverfahren sind hier die so genannte AB- oder XY-Anordnung am gebräuchlichsten. Beim AB-Verfahren werden die beiden Mikros parallel zueinander, auf gleicher Höhe ca. 20 cm voneinander entfernt über das Schlagzeug (auch wieder ca. 1m) gehängt. Bei der XY-Aufstellung befinden sich die Kapseln der beiden Mikrofone direkt übereinander, quasi so, als seien sie in einer virtuellen Achse zusammengesteckt. Die beiden Mikrofone können nun in dieser Achse gegeneinander verdreht werden, wobei sich die Breite des Stereo-Bildes wie folgt ändert: Dreht man die Mikrofone auseinander, wird der aufgenommene Bereich kleiner bzw. enger, dreht man sie hingegen zusammen, wird er breiter.
Die Overhead-Mikrofone sind natürlich hauptsächlich für die Übertragung der Becken zuständig. Es lässt sich aber nicht vermeiden, dass natürlich das gesamte Drum-Set mit übertragen wird – dabei ist die Snaredrum meist das lauteste Instrument auf den Overheads, was aber nicht schlimm ist. Je nach Spielweise und Becken kann es vorkommen, dass das Ride-Becken zu leise übertragen wird, da dieses Becken von Natur aus eher leise ist und zudem meist auch sehr tief hängt. Man kann dies kompensieren, indem man ein weiteres Kondensator-Mikrofon über das Ride-Becken, quasi als Stütz-Mikrofon hängt. Bei der Panorama-Einstellung im späteren Mix sollte man noch darauf achten, dass man die einzelnen Drum-Komponenten (also Trommeln) an die Overhead-Signale, die man meist hart nach links und rechts drehen wird, angleicht. Das heißt, dass man eine Tom, die auf den Overheads eher leicht links wahrnimmt, auch leicht nach links im Panorama legt, um ein stimmiges Gesamtbild zu erhalten. Bei Live-Veranstaltungen sollte man übrigens generell von extremen Panorama-Einstellungen absehen, da die Zuschauer, die beispielsweise ganz links stehen, auch noch alles hören sollen, was sich rechts auf der Bühne abspielt.
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FAZIT
So, das wars dann auch schon (fast). Wir hoffen, dass wir euch ein paar interessante Tipps geben konnten. Seht die einzelnen Hinweise zu den Mikro-Positionierungen bitte nur als Basics an und scheut nicht davor zurück, selbst zu experimentieren. Es verbietet euch keiner, auch mal ein Mikrofon völlig unorthodox 20 cm über eine Trommel zu hängen – wenn es dann super klingt, umso besser! Die Hauptsache ist, dass ihr nachher mit den einzelnen Signalen zufrieden seid und damit weiter arbeiten (sprich mixen) könnt. Noch ein kurzer Tipp, der besonders für den Live-Bereich relevant ist: Hier wird immer häufiger mit so genannten Klemm-Mikros gearbeitet. Dadurch entfällt der Einsatz von Stativen – und das kann gerade auf kleinen Bühnen ein Segen sein. Klemm-Mikrofone werden einfach an den Spannreifen der Trommeln angebracht und sind mittlerweile von den meisten (etablierten) Mikrofon-Herstellern im Komplett-Set erhältlich (zudem zu sehr günstigen Preisen).
In diesem Sinne, viel Spaß beim Mikrofonieren eures Drum-Sets und „haut rein“!
Moritz sagt:
#1 - 24.08.2012 um 18:03 Uhr
allerdings ist der Workshop wenig Live-tauglich. Rim-Klemmen werden nicht erwähnt, was tun wenn kein Loch im Resonanzfell der Kickdrum ist, usw.? Dumm gucken? Ist glaube ich nicht DIE Lösung. Schade, hatte mir eigentlich mehr erhofft.
Guido Metzen (bonedo) sagt:
#2 - 28.08.2012 um 12:28 Uhr
Hallo Moritz, erst mal "Danke" für deinen Kommentar, aus Kritikpunkten kann man eigentlich immer nur lernen, von daher finde ich es gut, dass du dich mit dem Thema beschäftigt hast und sachliche Kritik anbringst. Ich kann deine beiden Punkte verstehen, den gesamten Workshop deshalb aber als "wenig Live-tauglich" zu bezeichnen ist wohl auch etwas "overdosed". Es ging uns im Speziellen um die Mikrofonierung an sich, also um Winkel, Abstand, Mikro-Art, etc. - natürlich gehört die Aufstellung oder Anbringung per Rim-Klemmen auch dazu...hätten wir erwähnen sollen. Ich gebe dir Recht, dass wir auch auf den Fall hätten eingehen sollen, wenn kein Loch im Resonanzfell ist (wird in den meisten Fällen zwar sein, aber Ausnahmen bestätigen die Regel). In diesem Fall gibt es eigentlich drei übliche Möglichkeiten: 1. Ihr schneidet vor Ort ein Loch ins Resonanzfell, wenn es der Drummer erlaubt und es den Soundvorstellungen nicht in die Quere kommt. Zur Vorgehensweise könnt ihr euch gerne unseren Workshop "Drums Fellwechsel und Stimmung" http://www.bonedo.de/artike... anschauen, da wird das Lochschneiden erklärt. 2. Ihr schneidet nur ein kleines Loch ins Resonanzfell, wo ein XLR-Kabel durch passt und legt z.B. ein Grenzflächen-Mikro in die Bassdrum. 3. (Und das ist dann auch der einfachste und wahrscheinlichste Fall) Ihr mikrofoniert die Bassdrum eben vor dem Resonanzfell. Für mehr Attack könntet ihr dann auch noch ein zweites Mikro an der Schlagfellseite am Schlegel positionieren. Ich hoffe, ich konnte für ein paar Ergänzungen sorgen. Viele Grüße, Guido
Moritz sagt:
#3 - 31.08.2012 um 14:07 Uhr
Hallo Guido, danke für deine Antwort, jetzt bin ich wieder glücklich :D Spass beiseite: ich finde eure Arbeit hier super! ich habe, da ich selbst berufsbedingt eher ein "Live-Techniker" bin nur oft den Eindruck, dass Live-Sound ziemlich häufig zu kurz kommt. Ich habe schon oft Leute, die im Studio tolle Arbeit leisten, live furchtbar versagen sehen. Viele lesen sich ja auch im Internet (zum Beispiel bei euch ;)) ihr Wissen an und sind dann wenns um Soundcheck geht völlig überfordert, weil sie stundenlang am Sound der Einzelinstrumente basteln und im Gesamtsound kommt trotzdem nichts brauchbares zustande. Nichtsdestotrotz ist der Workshop für Aufnahmen zuhause oder im Studio ideal, wenn man frisch einsteigen möchte. Und dadurch, dass ihr einen aktiven Drummer mit ins Boot geholt habt, bekommt man auch ein paar wertvolle Tipps wie ein Drumset zu klingen hat ;)
Max sagt:
#4 - 26.10.2012 um 23:11 Uhr
Bei der XY habt ihr was durcheinander gebracht. Dreht man die Mikros voneinander weg, wird das Soundbild breiter und nicht wenn man sie zueinander dreht. Ansonsten gut gelungen und bestimmt hilfreich für den Einsteiger.
Hans Wurst sagt:
#4.1 - 17.05.2016 um 19:31 Uhr
Das ist richtig...ich hatte mich schon gewundert.
Antwort auf #4 von Max
Melden Empfehlen Empfehlung entfernenNick (Redaktion Recording) sagt:
#4.1.1 - 18.05.2016 um 07:39 Uhr
Hallo Leute,das ist vielleicht nicht an jeder Stelle absolut eindeutig ausgedrückt gewesen: Je weiter man die Mikrofone auseinanderdreht (also die Kapseln zueinander verdreht, Achsenwinkel alpha), desto kleiner (!) wird der Aufnahmewinkel theta. Dadurch wird die spätere Abbildung zwischen den Boxen breiter. Eberhard Sengpiel hatte dafür auf seiner Seite ein schönes Visualisierungstool, das die Zusammenhänge erklärt: http://www.sengpielaudio.co...Das lässt sich gut erkennen, wenn man die Pegel der beiden Mikrofone, erkennbar an den Nierencharakteristiken (Abstand zum Ursprung des Polardiagramms) addiert und auf die bunten Striche achtet, die die Ausdehnung des Klangkörpers darstellen (veränderbar mit "Orchesterwinkel", die äußeren Eckpunkte könnten auch zweite Snare und Chinabecken sein…).Beste Grüße,
Nick Mavridis (Redaktion Recording)
Antwort auf #4.1 von Hans Wurst
Melden Empfehlen Empfehlung entfernenGuido (bonedo) sagt:
#5 - 27.10.2012 um 09:42 Uhr
Hallo Max,
danke für deinen Kommentar. Ich glaube, wir haben da ein Missverständnis und meinen eigentlich dasselbe. Wir sprechen hier von der Verdrehung der Mikrokapseln. Zudem muss man zwischen Aufnahmebereich und Abbildungsbreite unterscheiden. Viele Grüße, Guido
Andreas sagt:
#6 - 05.12.2012 um 02:22 Uhr
Hallöchen!
Der Workshop ist echt gut gelungen.
Ich bin aber nur ein "kleiner" Hobbymukker. Daher verfüge ich nicht über soviel Equipment.
Vielleicht könntet ihr noch mal ein paar "alternative Mikrotechniken" wie die "recorderman" oder die "Glyn Johns" Methode.
Flo sagt:
#7 - 26.04.2013 um 12:39 Uhr
Hallo Leute!
Erst einmal echt super Arbeit!
Eine Frage wie siehts mit Raum-Mikros aus?
Und wie wichtig is die Akkustik des Raums selbst?
Guido (bonedo) sagt:
#8 - 26.04.2013 um 13:02 Uhr
Hallo Flo,
danke für deinen Kommentar. Freut uns, dass dir der Video-Workshop gefällt. Ein zweiter Teil zum Thema Drum-Mikrofonierung ist auch angedacht - da werden dann auch Themen, wie Raummikros, etc. vorkommen. Vorab aber schon mal eine Kurzantwort auf deine Frage: Beim Closed-Miking, wo die Mikrofone sehr nah an der Schallquelle sind, spielt der Raum erst mal eine untergeordnete Rolle, da der Signalanteil der Instrumente den Raumanteil pegelmäßig eh maskiert. Anders sieht es da schon bei den Overhead-Mikros aus, die natürlich auch (je nach Mikrofon und Aufstellung) eine Menge Raumanteil mit übertragen. Grundsätzlich kann man einen gut klingenden Aufnahmeraum natürlich perfekt mit in das Drum-Gesamtsignal mit einbeziehen - es wirkt dann sofort räumlicher und dynamischer. Ich hoffe, ich konnte dir schon mal ein wenig weiterhelfen. Gruß, Guido
Chris sagt:
#9 - 25.02.2014 um 20:47 Uhr
Einen lustigen Studiotrick habt ihr unterschlagen...Man nehme:
1 Lautsprechen (Am besten den Gitarristen beklauen)
1 DI-Box (Hier kann ev. der Basser hilfreich sein)
1 Mono-Klinkenkabel und 1 MikrofonkabelNun kommt der Spass. Den Lautsprecher (am besten ist 1x10" oder 1x12" vor die Bassdrum stellen, so dass er direkt aufs Resonanzfell zeigt. Jetzt verbinden wir mittels des Klinkenkabels den Eingang des Lautsprechers mit dem Eingang der DI-Box und schalten nach Möglichkeit die Dämpfung der DI-Box auf Maximum. Mit dem Mikrofonkabel verbinden wir jetzt die DI-Box mit Mischpult oder Soundkarte und nehmen das Ganze auf.Ergebnis: Ein wunderbarer Druck von den Bässen, der das normale Bassdum-Mikro perfekt unterstützt.Und wer Lust aufs Basteln hat, schraubt einfach den Lautsprecher zusammen mit der DI-Box in einen alten Tom, den er auf ein kleines Stativ montiert. (Ja, ich weiss, das gibts auch fertig. Nennt sich Subkick und ist von Yamaha. Kostet aber auch einiges)
Chris sagt:
#10 - 03.09.2015 um 18:10 Uhr
Echt netter Workshop,
ich wünschte nur es gäbe in der Livesituation auch mal so viel Zeit um das alles perfekt auszutesten. Fürs Studio aber durchaus gut für den anfang.