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Kopfhörer: Grundlagen, Anwendungen, Kaufberatung

Eine Anschaffung, über die häufig viel zu wenig nachgedacht wird, ist der Kopfhörer. Viele denken, Kopfhörer sei gleich Kopfhörer, doch weit gefehlt.

Kopfhoerer_Basics

Es fängt bereits beim Anwendungszweck an, der individuell genauso unterschiedlich sein kann, wie das Angebot der Kopfhörer auf dem Markt. Schlagzeuger, Sänger (Studio oder Live bzw. Proberaum), Live-Tontechniker, Studio-Toningenieur, Mastering-Engineer, etc. – jeder hat andere Ansprüche bzw. Bedürfnisse, die er an seinen Kopfhörer stellt und sollte diese auch bei der Qual der Wahl mit einbeziehen.

Ganz banal: Was ist eigentlich ein Kopfhörer?

Beginnen wollen wir mit einer Frage, die vielleicht für viele zunächst einmal ziemlich banal klingen mag. Also: Was ist denn nun eigentlich ein Kopfhörer? Antwort: ein Kopfhörer (engl. “Headphone”) ist ein Schallwandler, der ein elektrisches Signal (das am Kopfhörerausgang ausgegeben wird) in akustische Schallwellen umwandelt. Im Prinzip also vergleichbar mit einem Lautsprecher, der direkt auf eurer Ohrmuschel sitzt. Das, was in den Schaltkreisen eurer Computer, Mischpulte, Interfaces, usw. produziert wird, gelangt mit Hilfe des Kopfhörers als “bewegte Luft” an eure Ohren.

Kopfhörer: kleine Lautsprecher an den Ohren oder im Gehörgang.
Kopfhörer: kleine Lautsprecher an den Ohren oder im Gehörgang.

Funktionsweise eines elektrodynamischen Kopfhörers

Bis auf eine  vernachlässigbar geringe Anzahl sind eigentlich alle Kopfhörer „dynamische Schallwandler“ (ganz genau gesagt: „elektrodynamische“). Die Funktionsweise entspricht grundsätzlich der eines dynamischen Mikrofons – nur eben umgekehrt. An der Kopfhörer-Membran ist eine Spule angebracht, die sich wiederum in einem Magnetfeld (eines Permanentmagneten) befindet. Durch die elektrische Spannung, die aus dem Kopfhörerausgang kommt, wird die Spule in Bewegung versetzt (Stichwort: „magnetische Induktion“), wodurch sich dann folglich auch die Membran bewegt und somit Schallwellen erzeugt. Das Prinzip, nach dem die Kopfhörer arbeiten ist also grundsätzlich identisch, dennoch klingen die unterschiedlichen Modelle recht verschieden – genau wie wir es auch von Lautsprechern und Mikrofonen her kennen.

Elektrostaten: hochwertigere Variante

Und genau wie es bei Mikrofonen die feineren Kondensator-Varianten gibt, geht es auch beim Köpfhörer eine Nummer edler. Das hochwertigere Pendant zum dynamischen Kopfhörer sind die so genannten „Elektrostaten“ – ein Hersteller, der auf diesem Gebiet z.B. in Mastering-Kreisen sehr angesehen ist, ist „Stax“. Elektrostatische Kopfhörer funktionieren im Prinzip wie ein umgekehrtes Kondensator-Mikrofon. Diese Art der Kopfhörer ist jedoch sehr speziell und meist auch sehr teuer, so dass wir im Folgenden auf diese Spezies nicht näher eingehen werden.

bonedo-Redakteur Nick Mavridis (links) mit einem Stax-Elektrostatenkopfhörer
bonedo-Redakteur Nick Mavridis (links) mit einem Stax-Elektrostatenkopfhörer

Anforderungen an den Kopfhörer

In der Regel wird ein Schlagzeuger auf der Bühne etwas anderes von seinem Kopfhörer erwarten als ein Sänger im Studio. Dem Schlagzeuger wird es darum gehen, einen lauten, druckvollen Sound zu haben und zusätzlich den Kopfhörer als Gehörschutz zu verwenden. Der Sänger im Studio wird von seinem Kopfhörer eher einen natürlichen und offenen Sound fordern, bei dem er auch nicht das Gefühl hat, dass er “gegen eine Wand” ansingen muss. Der Live-Tontechniker hingegen wird einen druckvolleren, kräftigen und “abgeschotteten” Klang vorziehen, damit er im lauten Live-Umfeld auch wirklich seinen Kopfhörer wahrnimmt und nicht die akustischen Signale von der Bühne oder den Sound der Beschallungsanlage, wenn er etwas per Headphone kontrollieren möchte. Und als Toningenieur im Studio wir man vielmehr einen neutraleren, offenen und detailgetreuen Kopfhörersound bevorzugen, um zwischendurch einmal Nuancen im Mix beurteilen zu können oder einfach mal seinen Mix aus “nächster Nähe” zu hören.Ihr seht also, dass die Erwartungen an den Sound eines Kopfhörers grundverschieden sein können.

Neben dem Sound spielt noch ein weiterer Faktor eine große Rolle: der Tragekomfort!

Und auch hier können die Ansprüche recht unterschiedlich ausfallen. Um bei unseren “Parade-Beispielen” zu bleiben: Für einen Schlagzeuger ist es natürlich wichtig, dass der Kopfhörer auch bei wilden Drum-Einlagen an Ort und Stelle bleibt und nicht gleich beim ersten Power-Fill-In verrutscht oder gar vom Kopf fliegt. Diese Anforderung bringt natürlich mit sich, dass der Sitz des Kopfhörers etwas “straffer” sein wird – es sollte einem aber auch nicht vorkommen, als hätte man eine “Schraubzwinge” angelegt (das wird meist nach kurzer Zeit mit Kopfschmerzen quittiert und macht dann auch keinen Spaß mehr). Sänger möchten den Kopfhörer am liebsten gar nicht erst spüren, damit sie in ihrer Sangeskunst nicht eingeschränkt werden. Ein “butterweicher” Sitz mit samtigen Ohrpolstern soll es also eher sein – und viele Sänger haben die Hände häufig sowieso am Kopfhörer oder streifen eine Seite ab (das wird von vielen übrigens als Unart angesehen, aber das ist ein anderes Thema).

Arbeitet man viel und lange mit Kopfhörern, müssen sie auch angenehm zu tragen sein.
Arbeitet man viel und lange mit Kopfhörern, müssen sie auch angenehm zu tragen sein.

DJ-Kopfhörer

Um noch eine weitere große Kopfhörer-Zielgruppe mit ins Spiel zu bringen, gehen wir noch kurz auf die Anforderungen der DJs an ihre Headphones ein. Der Sound, na klar, der muss richtig “knallen”, damit man die Beats auch im lautesten Club noch gut hört, und der Sitz sollte auch eher strafferer Natur sein und die Möglichkeit bieten, eine Ohrhörer-Seite wegklappen zu können.
Grundsätzlich gilt also: sich über seinen Anwendungszweck bewusst werden und dann ausprobieren, ausprobieren, ausprobieren. Ist man schließlich fündig geworden und absolut zufrieden, wird man seinen Kopfhörer nie mehr missen wollen und ihn überall (wo man ihn eben braucht) mit hinnehmen. Ich kenne einige Leute, die jahrelang nie zufrieden mit ihren Kopfhörern waren und ständig auf der Suche nach “ihrem Kopfhörer” waren – als sie ihn dann endlich gefunden hatten, waren sie wirklich “glücklichere Menschen (bzw. Musiker)”.

Offen oder geschlossen?

Kommen wir zur nächsten Gretchen-Frage: Offener oder geschlossener Kopfhörer? Klären wir zunächst einmal den Unterschied zwischen diesen beiden Bauweisen bzw. Arbeitsprinzipien. Beim geschlossenen Kopfhörer sind die beiden Ohrschalen nach außen hin geschlossen, beim offenen Kopfhörer (man mag es schon vermuten) befinden sich in den Schalen je nach Modell mehr oder weniger große Öffnungen.

Offene Kopfhörer klingen meist natürlicher/offener und liefern eine bessere Tiefbasswiedergabe, da sich die langen, tieffrequenten Schallwellen eben auch nach außen ausbreiten können. Das heißt nun nicht, dass offene Kopfhörer “mehr Bass” liefern, sondern lediglich, dass die Bässe eben natürlicher klingen – bei geschlossenen Kopfhörern klingen die Bässe sehr schnell komprimiert. Dafür haben offene Kopfhörer den Nachteil, dass sie nur bedingten Gehörschutz bieten können, da der Schall von außen auch durch die Öffnungen der Ohrschalen ans Ohr gelangt. Umgekehrt ist es natürlich auch der Fall, dass der Kopfhörersound nach außen gelangt, was z.B. bei Vocal-Aufnahmen dazu führen kann, dass man auf dem Vocal-Mikrofon auch das Playback aus dem Kopfhörer hört, was man ja nicht unbedingt möchte.

Sängerin Bahar Kizil mit geschlossenem Kopfhörer im Studio
Sängerin Bahar Kizil mit geschlossenem Kopfhörer im Studio

Geschlossene Kopfhörer haben den Vorteil, dass sie einen guten Gehörschutz bieten können und nach außen hin Stille herrscht. Ein Nachteil ist, dass manche Musiker mit diesem absolut isolierten Kopfhörersound nur schwer zurecht kommen, da es eben auch ungewohnt ist – bei einem offenen Kopfhörer hat man ja zusätzlich auch immer noch einen gewissen “natürlichen” Schallanteil von außen (es sein denn, der Kopfhörerausgang ist sehr laut aufgerissen). Um noch ein letztes Mal zu unseren “Muster-Usern” zu kommen: Schlagzeuger, DJs, Live-Tontechniker, etc. werden in aller Regel zum geschlossenen Kopfhörer greifen – Studio/Mastering-Toningenieure und Sänger werden sich auch einmal das ein oder andere offene Modell aufsetzen. (Sänger müssen sich dann eben im Studio mit dem Toningenieur arrangieren oder dürfen den Kopfhörersound nicht zu laut “genießen”.)

Im-Kopf-Lokalisation

Bei einem Stereo-Signal (linker und rechter Kanal) haben wir es immer mit der so genannten “Phantommitte” zu tun. Bei Lautsprechern ist es so, dass man ja einen linken und einen rechten Lautsprecher hat – legt man nun im Mix ein Signal vom Panorama her exakt in die Mitte, kommt aus beiden Lautsprechern das gleiche Signal (mit gleichem Pegel und zur gleichen Zeit). Voraussetzung ist, dass man exakt in der Mitte sitzt und die beiden Lautsprecher somit den gleichen Abstand zur Hörposition haben. Da man aber in der Mitte keinen Lautsprecher stehen hat, generiert unser Gehirn aus den beiden gleichen Signalen (links und rechts) eine virtuelle Schallquelle (also einen virtuellen Lautsprecher) in der Mitte zwischen den beiden Lautsprechern – dies bezeichnet man als “Phantommitte”. Alle Signale, die man im Mix nicht exakt in die Mitte oder hart nach links bzw. rechts außen positioniert (Panorama), hört man irgendwo zwischen der “Phantommitte” und dem jeweiligen Lautsprecher (links oder rechts).

Unser Gehirn ist also in der Lage, Signale an bestimmten Positionen exakt zu orten, ohne dass dort eine reale Schallquelle ist.
Beim Kopfhörer verhält es sich eigentlich auch so, mit dem kleinen Unterschied, dass man die Schallquellen direkt am Ohr hat und die natürlichen Rauminformationen fehlen (der Vorteil ist, dass man immer exakt in der Mitte sitzt). Der Schall wandert also direkt über unsere Ohren in unseren Kopf und so befindet sich die Phantommitte logischerweise auch in der Mitte unseres Kopfes – und entsprechend anders verteilte Signale eben zwischen der Mitte unseres Kopfes und unseren Ohren. Dieses Phänomen nennt man “Im-Kopf-Lokalisation” und bedarf bei vielen Musikern einer gewissen Eingewöhnungsphase, da es am Anfang etwas “unnatürlich” wirkt. Daher kann ich nur empfehlen, nach dem Kauf eines Kopfhörers, regelmäßig mit ihm zu arbeiten – einfach an die heimische Stereoanlage anschließen und Musik hören, so dass man sich an den individuellen Kopfhörer-Sound gewöhnen kann.

Worauf muss ich sonst noch achten, wenn ich einen Kopfhörer kaufen will?

Ein paar Punkte gibt es noch, die man bei seiner Entscheidung mit in die Waagschale werfen kann bzw. sollte. Einen nicht unerheblichen Aspekt stellen Ersatz- bzw. Verschleißteile dar.

Besonders wichtig sind hier die Ohrpolster und das Kabel. Wenn man seinen Kopfhörer einigermaßen häufig verwendet, werden sich im Laufe der Zeit die Ohrpolster abnutzen und durchscheuern bzw. “auflösen”. Bei vielen Kopfhörern findet man einen dünnen, meist schwarzen Kunststoffüberzug über den Polstern, der die unangenehme Angewohnheit hat, schwarze Ohren zu verursachen, wenn er sich auflöst. Man sollte sich also informieren, ob man die Ohrpolster separat nachkaufen kann – denn einen funktionierenden Kopfhörer wegen defekter Ohrpolster auszurangieren, ist doch ärgerlich, oder?

Vor allem bei vielen preiswerten Modellen kann man weder Polster noch Kabel austauschen.
Vor allem bei vielen preiswerten Modellen kann man weder Polster noch Kabel austauschen.

Ein weiteres “Verschleißteil”, das eben auch des Öfteren großen Belastungen ausgesetzt ist und mit dem nicht immer sonderlich pfleglich umgegangen wird, ist das Kabel am Kopfhörer.
Hier kann es schnell mal zu einem Kabelbruch kommen oder das Kabel wird aus Versehen vom Kopfhörer abgerissen. Es gibt Kopfhörer, an denen das Kabel angeschraubt oder arretiert ist und entsprechend ausgetauscht werden kann.

Magnetfeld gesundheitsschädlich?

Wie ich euch bei der Funktionsweise des Kopfhörers (dynamischer Wandler) ja bereits erklärt habe, sitzt in den Ohrmuscheln des Kopfhörers ein Magnet, der logischerweise natürlich auch ein Magnetfeld freisetzt. Es soll nun nicht esoterisch werden, aber nicht umsonst hat die Europäische Union gewisse Richtlinien für elektromagnetische Strahlung festgesetzt, die nachweislich gesundheitsschädlich sein können. Es gibt Kopfhörer, die über eine hervorragende magnetische Abschirmung verfügen und diesem Magnetfeld direkt am Kopf somit entgegenwirken. Ein Hersteller, der sich dieses Aspekts wirklich akribisch angenommen hat, ist Ultrasone. Kopfhörer dieser Marke verfügen über die firmeneigene “ULE”-Technologie (ULE = Ultra Low Emission), wodurch die magnetische Strahlung sehr effektiv (bis zu 98%) minimiert wird.

Dem Dummyhead als Kopfhörerhalter sind Sound, Tragekomfort und alles andere egal.
Dem Dummyhead als Kopfhörerhalter sind Sound, Tragekomfort und alles andere egal.

Kopfhörerverstärker

Ein letzter Punkt, der zwar nicht den Kopfhörer direkt betrifft, aber dennoch wichtig ist, ist ein guter Kopfhörerverstärker. Viele Anwender, die kein Mischpult, o.ä. besitzen, greifen häufig zum HiFi-Verstärker (Consumer-Klasse) bzw. dessen Kopfhörerausgang – im Glauben, dass sie hiermit einen “HighEnd”-Kopfhörersound erreichen. Dies ist größtenteils ein absoluter Trugschluss, da die Kopfhörerausgänge der meisten HiFi-Verstärker aus minderwertigen Bauteilen bestehen, die bei weitem nicht in der Lage sind, das wiederzugeben, was wir mit unserem Studio- oder auch Homercording-Equipment an Sound produzieren. Das fängt bei der Leistung an und hört beim Frequenzgang auf – schaut euch lieber nach einem kleinen separaten Kopfhörerverstärker um.

Wichtig: probieren!

Abschließend möchte ich wirklich noch einmal dazu ermuntern, dass ihr so viele Kopfhörer wie möglich ausprobiert – ihr werdet den passenden schon finden.

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