Wie finde ich das richtige Mikrofon?
Nach all dem Grundsätzlichen über die verschiedenen Mikrofontypen ist es einleuchtend, dass sich diese Frage nicht einfach nach Schema F beantworten lässt. Vorweg sollte man sich darüber im Klaren sein, wo das Mikrofon eingesetzt werden oder welche Schallquellen es übertragen soll. Gesang, Akustikgitarre, Posaune, Kontrabass, Gitarrenverstärker, Klavier/Flügel…? Oder soll es ein Allroundmikrofon sein, das fast überall gute Dienste leistet? Gute Allrounder findet man in der Regel unter den Kondensator-Mikrofonen mit umschaltbarer Richtcharakteristik. Soll das Mikrofon für einen speziellen Zweck eingesetzt werden, den Gesang zum Beispiel oder die Akustikgitarre, dann sollte man ins Geschäft gehen und in Ruhe ausprobieren.
Gute Händler bieten euch vernünftige Testmöglichkeiten, zum Teil sogar separate Mikrofon-Testkabinen. Am einfachsten gestaltet sich normalerweise die Suche nach einem Gesangsmikrofon. Einfach im Laden eine Reihe von Mikrofonen testen, indem man über sie singt und so die unterschiedlichen Klangeigenschaften hört. Natürlich sollte man seine Stimme wiedererkennen und sich beim Singen wohlfühlen. Im Idealfall ist es Liebe auf den ersten Ton: Das Mikrofon ist von Anfang an vertraut, es geht eine freundschaftliche Beziehung mit der Stimme ein, und alles funktioniert einfach und mühelos. Vielleicht auch darauf achten, dass sich der Sound nicht gleich extrem verändert, wenn man sich vor dem Mikrofon ein wenig zur Seite bewegt. Nicht wirklich kompliziert ist auch die Suche nach einem Mikrofon für Akustikgitarre, Trompete, Posaune und anderen akustischen Instrumenten, denn Instrumente dieser Größe können relativ leicht mit ins Geschäft genommen werden. Problematischer gestaltet sich das Ganze dann schon eher bei Schlagzeug oder Klavier – ein dreifach Hoch dem Händler, der dir hilft, deinen Flügel in die Mikrofonkabine zu wuchten. In diesem Fall kann man vielleicht auf den Rat von befreundeten Musikern zurückgreifen, die bereits über entsprechende Mikrofone verfügen. Für einen guten Händler sollte die Beratung im Vordergrund stehen und er sollte auch wissen, was er wem und warum verkauft. Es soll auch Läden geben, bei denen man einen Satz Mikrofone durchaus mal übers Wochenende zum Testen mit nach Hause nehmen kann.
Aber ganz egal, für welchen Einsatz ein Mikrofon gedacht ist, es gibt einige grundsätzliche Faktoren, auf die man auf jeden Fall achten sollte. Ganz vorne steht die Verarbeitungsqualität von Mikrofon und Zubehör. Es nützt nichts, wenn das gute Stück beim ersten Gig dauernd aus der lausigen Halterung rutscht und nach dem zweiten Titel schon aussieht, als hätten es Archäologen aus dem Garten von Freddy Mercury ausgegraben. Soll das Mikrofon zum Beispiel vor einer lauten Schallquelle eingesetzt werden, sollte man sich über dessen so genannten “Grenzschalldruckpegel” erkundigen. Vor einem brüllenden Marshall Stack sollte das Mikrofon schon Pegel von mindestens 130dB(SPL) verkraften können. Ist das Mikrofon eher für die leisere Schiene wie Konzertgitarre gedacht, sollte es über ein gutes Rauschverhalten verfügen: Der Ersatzgeräuschpegel sollte hier möglichst 10-15dB(A) nicht überschreiten. Bei absoluter Stille sollte es also möglichst nichts von sich hören lassen, damit die leisen Gitarren-Signale nicht nachher im Rauschen verschwinden. Und natürlich den Faktor Zeit nicht vergessen: Mikrofone kauft man nicht zwischen Mittagessen und Nachtisch, immerhin soll das gute Stück später gerne benutzt werden und für Laune sorgen. Sorgfalt und Zeit beim Ausprobieren erspart erfahrungsgemäß viel Ärger!
Im Zusammenhang mit Mikrofonen ein paar Worte zum Thema “Kabel”, und dazu vorweg die alte Weisheit, dass Kabel nicht gleich Kabel ist! Es gibt Kabel, die mit einem beneidenswerten Gedächtnis ausgestattet sind: sie sehnen sich ihr ganzes Kabel-Leben danach, wieder so schön aufgerollt zu werden, wie sie das damals im Laden waren. Und stur weigern sie sich, einfach mal für einen Abend gerade liegen zu bleiben. Kabel sollten flexibel und gleichzeitig stabil sein, immerhin müssen sie einiges aushalten. Die Stecker sollen einen soliden Eindruck machen und perfekt mit dem Kabel verbunden sein – Stichwort Zugentlastung und Knickschutz. Auf die Verlötung muss hundertprozentig Verlass sein, damit nicht schon nach zwei Wochen im Inneren des Steckers Anarchie herrscht. Auch klingen nicht alle Kabel gleich – auch wenn das jetzt für manchen merkwürdig klingen mag. Häufig ist ein billiges Kabel schuld am schlechten, dumpfen und matschigen Sound, weil es nicht den kompletten Frequenzbereich verfärbungsfrei überträgt. Wichtig ist bei einem Kabel auch die gute Abschirmung, das äußere “Drahtgeflecht” um die Adern also, damit Störgeräusche von außen keine Chance haben. Manche Billig-Kabel neigen auch zum so genannten “Mikrofonie-Effekt”, ein Effekt, der beim Bewegen des Kabels Greifgeräusche und Rascheln überträgt, auch ohne angeschlossenes Mikrofon. Also lieber ein paar Euros mehr ins Kabel investieren, denn hier stehen die bekannten Markennamen auch für Qualität. Was nützt schließlich das tollste Mikrofon, wenn es über ein schlechtes Kabel klingt wie vom Rummel?
Fazit
Mikrofone gehören definitiv zu der Art von Equipment, das man vor dem Kauf in Ruhe ausprobieren sollte. Jedes Mikrofon hat seinen eigenen Klangcharakter, und was dem einen gefällt, ist für den anderen vielleicht nicht akzeptabel – Geschmäcker sind bekanntermaßen verschieden. In den letzten Jahren sind auch preiswerte Mikrofone auf den Markt gekommen, die durchaus respektable Leistungen zeigen. Deshalb sollte man ruhig auch günstige Mikrofone mit vielleicht noch unbekannten Markennamen in seine Wahl einbeziehen – Überraschung nicht ausgeschlossen.
Peter sagt:
#1 - 31.07.2012 um 22:53 Uhr
toller Bericht! ;)
marc sagt:
#2 - 15.07.2013 um 16:07 Uhr
wirklich cool - danke!