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Bass-Mixing auf kleinen Lautsprechern – 5 Tipps und Tricks

Fetten Bass auf kleinen Speakern zu mixen ist nicht möglich? Das stimmt nur zum Teil. Richtig ist, dass die Membrane eurer Abhörmonitore schon eine gewisse Luftmasse in Bewegung setzen müssen, damit ihr den Bassdruck eurer Mixes (zumindest theoretisch) adäquat abhören könnt.

(Bild: © fotolia, princeoflove)
(Bild: © fotolia, princeoflove)


In der Praxis wird es aber für die meisten unmöglich sein, sich ein Paar entsprechend leistungsfähiger Speaker zuzulegen. Diese sind nämlich nicht ganz billig. Und selbst wenn ihr einen Batzen Geld in die Hand nehmt und beim Equipment-Dealer eures Vertrauens ein entsprechend bassgewaltiges Lautsprecherpaar ersteht, werdet ihr sie nicht in jedem beliebigen Raum nutzen können. In der Regel müssen Akustikmaßnahmen her, um stehende Wellen, Resonanzen und Raummoden zu verhindern. Und auch die Erweiterung bestehender Abhörsysteme durch zusätzliche Subwoofer birgt Probleme, dazu zählt unter anderem das exakte Anpassen der Crossover-Frequenz von Hauptlautsprechern und Basswürfel. Was also bleibt übrig? Richtig! Das Beste aus dem machen, was realistisch einsetzbar ist. Und das sind für die meisten Homerecording-Fans und Projektstudio-Besitzer nun mal Desktop-Speaker in Form von Nahfeldmonitoren. Aber keine Sorge: Wenn ihr die folgenden fünf Schritte befolgt, werdet ihr auch das Lowend eurer Abmischungen in den Griff bekommen.

Schritt 1 – Analyzer nutzen

Eines der wichtigsten Tools, das euch beim Mixen eines aufgeräumten Bassbereichs helfen kann, ist der Analyzer. Wenn ihr auf euren kleinen Speakern die Bassfrequenzen nicht adäquat hören könnt, müsst ihr sie zumindest optisch einschätzen können. Andernfalls befindet ihr euch beim Mixen dieser Region im völligen Blindflug. Ein guter Plugin-Kandidat ist die Freeware Voxengo SPAN, die es auch als preisgünstige “Plus”-Variante mit noch mehr Einstellmöglichkeiten gibt. Auch andere Plugins des Herstellers haben ähnlich leistungsfähige Analyzer an Bord, beispielsweise der Curve EQ. So könnt ihr bei diesen Plugins etwa die Genauigkeit der Darstellung anhand zahlreicher Parameter justieren und auch in einzelne Frequenzbereiche hineinzoomen.
Das Analyzer-Plugin sollte als letztes Plugin in eurer Insertkette eingesetzt werden. Am besten ihr verwendet den Analyzer im Post-Fader-Modus. So stellt ihr sicher, dass ihr nicht nur die Kennlinien der Frequenzverteilung prüft, sondern gleichzeitig auch das Dynamikverhalten verschiedener Frequenzbereiche im Blick habt. (In Schritt 2 wird das noch eine Rolle spielen.)

Im Analyzer-Plugin Voxengo SPAN könnt ihr in einzelne Frequenzbereiche horizontal und vertikal hineinzoomen.
Im Analyzer-Plugin Voxengo SPAN könnt ihr in einzelne Frequenzbereiche horizontal und vertikal hineinzoomen.

Die Arbeit mit Analyzer birgt aber auch einige Gefahren. Ihr solltet euch nicht nur auf die Optik verlassen. Vielmehr solltet ihr die beschriebenen fünf Schritte immer wieder auch von vorn gehen. Nach dem Mix-Check (Schritt 5) solltet ihr also immer wieder zurück zum Einsatz des Analyzers zurückkommen, um ein Gespür dafür zu bekommen, wie das was ihr auf euren kleinen Speakern und in anderen Abhörumgebungen hört, von eurem optischen Analyse-Tool dargestellt wird.

Schritt 2 – Mit Referenzen vergleichen

Habt ihr das Analyzer-Plugin erst eingerichtet, gilt es nicht im “luftleeren Raum” zu mischen. Besorgt euch stattdessen Referenzproduktionen, die euch beim Einschätzen eures Mixes und der Analyzer-Darstellung helfen. Wichtig ist, dass sie im gleichen Stil unterwegs sind und im Bassbereich klanglich genau das repräsentieren, was auch ihr erreichen möchtet. Außerdem sollte die Klangqualität möglichst hoch sein. Geeignet sind WAV-Dateien, die ihr direkt von CD-Tracks erstellt oder auch Dateien mit verlustfrei komprimierenden Formaten (wie FLAC). Andernfalls können euch wichtige Frequenzinformationen verschlossen bleiben, die beim Kompressionsvorgang verloren gegangen sind.

Außerdem bietet euch Voxengo Curve EQ die Möglichkeit, per Schnappschuss Referenz-Kennlinien abzuspeichern und gleich mehrere davon simultan anzuzeigen.
Außerdem bietet euch Voxengo Curve EQ die Möglichkeit, per Schnappschuss Referenz-Kennlinien abzuspeichern und gleich mehrere davon simultan anzuzeigen.

Im Beispiel-Screenshot seht ihr wieder Voxengo Curve EQ. Dieses Plugin gibt euch die äußerst komfortable Möglichkeit an die Hand, Referenz-Kennlinien von Frequenzverläufen abzuspeichern und verschiedenfarbig einzublenden. An diesen “Referenzbildern” könnt ihr dann euren Bassmix optisch ausrichten. Sind die Kennlinien nahezu identisch, kann die Tiefbassregion klanglich zumindest nicht allzu weit von der Referenz entfernt sein. Achtet aber auch darauf, dass ihr mit dem Schnappschuss des Frequenzverlaufs einen Moment im Referenzstück einfangt, der das Energiemaximum im Bassbereich repräsentiert. Diese Maximalkennlinie stellt dann für euch das Mixlimit dar. Wenn ihr zusätzlich einen Schnappschuss macht, der das Energieminimum im Bassbereich repräsentiert, könnt ihr kinderleicht den Spielraum für euren Bassmix sehen. Auf diese Weise könnt ihr auf euren kleinen Speakern (zumindest ansatzweise) auch das Dynamikverhalten der tiefen Frequenzregionen nachbilden.

Schritt 3 – Lowcut verwenden

Was, ich soll den Bassbereich beschneiden und auf eine Menge Energie verzichten? Ganz genau! Eines der wichtigsten Tools für den Mix des Lowends ist der Einsatz von Lowcut-/Highpass-Filtern. Zum einen solltet ihr die tiefen Frequenzen aller Instrumente, die nicht als Kickdrum oder Bass agieren, mit einem solchen Filter separat im jeweiligen Kanal beschneiden. Dadurch verhindert ihr, dass bei der Summierung der Kanäle eine Menge Energie zusammenkommt, die ihr im Masterbuss kaum noch handhaben könnt. Am besten nutzt ihr dafür ein Filter, das möglichst weit vorn in der Signalkette des entsprechenden Kanals eingreift.
Die meisten DAWs bieten euch Channel-Tools, die den Insert-Slots vorgelagert sind. In diesen Channel-Tools (in denen ihr zum Beispiel auch Gainregler und Phasenschalter findet) sind in der Regel auch Lowcut- und Highcut-Filter untergebracht. Solltet ihr diese Möglichkeit nicht haben, könnt ihr zumindest darauf achten, die Lowcut-Filter in den verschiedenen Kanälen stets vor dem ersten Kompressor zu nutzen, den ihr einsetzt. So erhaltet ihr ein deutlich dynamischeres Signal, da unnütze Bassenergie nicht mehr die Pegelreduktion des Kompressors auslösen kann. Damit euer Mix insgesamt nicht an Wärme verliert, solltet ihr in den verschiedenen Kanälen die Güte des Lowcut-Filters anpassen. Denn nicht jedem Instrument steht eine Lowcut-Absenkung von 12 dB/Oktave gut zu Gesicht. Gerade bei höheren Klängen ist oft eine sanftere Absenkung um 6 dB/Oktave ausreichend.

Ein Lowcut-Filter im Masterbuss kann euch helfen, die Kontur eurer Bassfrequenzen zu gestalten.
Ein Lowcut-Filter im Masterbuss kann euch helfen, die Kontur eurer Bassfrequenzen zu gestalten.

Zum anderen solltet ihr auch im Masterbuss ein Lowcut-Filter nutzen, um das Gesamtverhalten der tiefen Frequenzen in Schach zu halten. Während ihr a) beim Mixen der Einzelkanäle darauf achtet, dass sich die Bassanteile der verschiedenen Kanäle im zuvor festgesteckten Rahmen zwischen der Minimum- und der Maximumkennlinie befinden, kümmert ihr euch b) mit einem Lowcut im Masterbuss darum, die Kontur des Frequenzverlaufs zu optimieren. Schießen also einzelne Elemente dann und wann bassmäßig über das Ziel hinaus, fängt das Lowcut-Filter sie gegebenenfalls ein. Da s Gleiche gilt für bereits fertig gemischte Songs, deren Bassbereich ihr mittels Mastering selbst optimieren möchtet. Hier kann zusätzlich ein Shelve-EQ hilfreich sein. Mit ihm könnt ihr in einem solchen Fall das Energiemaximum der unteren Frequenzen wunderbar anpassen.

Schritt 4 – Platz schaffen und/oder Topline-Sound einsetzen

Habt ihr die verschiedenen Signale mithilfe eines Lowcut-Filters aufbereitet, könnt ihr euch einem weiteren wichtigen Punkt widmen: dem wechselseitigen Einpassen der Bassfrequenzen verschiedener Kanäle. Sofern ihr gute Arbeit in den einzelnen Kanälen geleistet habt, könnt ihr euch dabei auf diejenigen Kanäle beschränken, in denen überhaupt noch tiefe Frequenzanteile enthalten sind.
Für gewöhnlich bleiben dann Kick und E-Bass oder entsprechende Synthiesounds übrig. Den zur Verfügung stehenden Bassbereich solltet ihr auf beide Instrumente verteilen, damit sie nicht miteinander um Frequenzen konkurrieren, sondern sich klanglich ergänzen. Schaut ihr euch das Frequenzbild eurer Kick an, kann es beispielsweise sein, dass sie die meiste Energie bei 60 Hz liefert. Diesen Bereich solltet ihr dann beim Bass soweit mit einem Glockenkurvenfilter absenken, dass sich der Kicksound voll entfalten kann. Gleich darüber könnt ihr dann gefahrlos Raum für den Bass schaffen, indem ihr entgegengesetzt arbeitet: Dazu senkt ihr den Frequenzbereich, der den Bass ausmacht im Kickkanal soweit ab, dass der Bass genügend Raum bekommt.

Wichtig: Den Sound von Kickdrum (links) und Bass (rechts) solltet ihr frequenztechnisch aufeinander abstimmen.
Wichtig: Den Sound von Kickdrum (links) und Bass (rechts) solltet ihr frequenztechnisch aufeinander abstimmen.

Kaum ein Musikkonsument hört mittlerweile noch Musik auf einer herkömmlichen Stereoanlage. Musikhören heißt heute doch zumeist, sich entweder Kopfhörer aufzusetzen und den Mediaplayer von Smartphone oder Tablet zu starten oder aber den Raum über kleine Desktop-Speaker zu beschallen, die an PC oder Laptop angeschlossen sind. Wenn ihr also nicht auf Midfield-Monitore zurückgreifen könnt, mischt ihr automatisch mit einem Real-World-Check ab: Was ihr hört, wird weitgehend dem entsprechen, was auch eure Fans hören werden.
Damit eure Basslinie auch auf kleinen Speakern hörbar wird, solltet ihr euch aber auch um die höheren Frequenzanteile eurer Bass-Instrumente kümmern. Viele Kicksounds haben nicht nur ordentlich Energie im Bassbereich, sondern auch ein spezifisches Klicken, das ihren Attack ausmacht. Wenn ihr die Frequenz dieses Attacks findet, könnt ihr ihn in anderen Instrumenten-Kanälen freigeben, indem ihr in ihnen die betreffende Frequenz mit einem schmalbandigen Filter leicht absenkt. Das Gleiche gilt für Bass-Instrumente. Hier könnt ihr euch auf Anschlagsgeräusche von Plektren oder ähnliches konzentrieren. Diese könnt ihr dann im Mix mit derselben Methode freistellen/herausarbeiten. Manche Kick-Samples oder Synth-Bässe bringen jedoch diese charakteristischen Frequenzanteile nicht von Haus aus mit. In einem solchen Fall könnt ihr einen zusätzlichen Topline-Sound verwenden. Bei der Arbeit mit Kick-Samples könnt ihr ein weiteres Sample stets zeitgleich zum Hauptsample abrufen lassen. Beim Topline-Kick-Sample entfernt ihr dann mittels Lowcut-Filter alle tiefen Frequenzen soweit, dass nur noch der Klick-Sound übrig bleibt, diesen könnt ihr dann wunderbar zum Hauptsound hinzumischen. Ebenso könnt ihr bei Bass-Instrumenten vorgehen. Hier wirkt ein zweiter Sound oft wahre Wunder, wenn er parallel zum Hauptbass spielt und eine Art künstliche Obertonstruktur erzeugt. Obwohl ihr in beiden Fällen keine tiefen Frequenzen zusätzlich boostet, können beide Wege zu einem deutlich besser wahrnehmbaren Bassfundament führen. Das gilt vor allem für die Wiedergabe auf kleinen Speakern.

Schritt 5 – Ergebnis checken

OK, der letzte Punkt scheint auf den ersten Blick ein wenig enttäuschend. Aber so banal er auch scheint: Ein wirklich gutes Ergebnis werdet ihr nur erhalten, wenn ihr auch den Schritt heraus aus eurer gewohnten Hörumgebung wagt. Hört also euren Bassmix auch auf anderen Kopfhörern, auf InEars, im Auto und über große Lautsprecher ab. Wenn ihr einen DJ kennt, der in einem Club auflegt, verabredet euch mit ihm um, damit er gleich nach Einlass (oder noch davor) einen eurer Tracks laufen lässt. Vergleicht euren Basssound dann kritisch mit demjenigen der nachfolgenden Profi-Tracks. Macht euch bei all diesen Hörvergleichen stets Notizen und geht die hier beschriebenen fünf Schritte nochmals durch.

(Bild: © foltolia, golubovy)
(Bild: © foltolia, golubovy)

Das alles klingt auf Anhieb zwar mühsam und langwierig, aber schon nach wenigen Wochen werdet ihr feststellen, wie die tiefen Frequenzanteile eurer Mixes besser und besser klingen werden. Und sollte euch dann jemand fragen, auf welchen tollen Monitoren ihr einen solch fetten Bass zaubert, könnt ihr mit einem breiten Grinsen auf eure kleinen Desktop-Speaker verweisen und euer Geheimnis (vielleicht) für euch bewahren.
Also dann: gut Bass!

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