Bassdrum mit zwei oder mehr Mikros: Die Bassdrum spielt eine Hauptrolle im Drumrecording, entsprechend wichtig ist bei der Aufnahme ein passender Sound. Als Standard hat sich dafür ein spezialisierter Mikrofontyp durchgesetzt, welcher der Trommel bereits im unbearbeiteten Zustand ein gut verwertbares Signal beschert. Neben vielen anderen Modellen zählen dazu Klassiker wie das AKG D112 oder das Shure Beta 52. Sie erleichtern das Aufnehmen der Bassdrum, indem sie den Frequenzgang vorformen. Mit schon geringer Bearbeitung läßt sich so ein sehr guter Bassdrumsound erreichen. Das reicht allerdings vielen Soundschaffenden nicht. Statt eines einzelnen Mikrofons bedienen sie sich weiterer Schallwandler, deren Signal sich dem Mix beimischen läßt.
Oft sieht man sogenannte Subkick-Mikrofone, welche aus invertiert arbeitenden Lautsprechern bestehen. Dank des übersichtlichen Konzepts können solche Teile auch einfach selbst gebaut werden. Ein nicht minder beliebter Ansatz ist es, ein handelsübliches Großmembran-Kondensator-Mikro zu verwenden. Das steht dann zwar vielleicht dem Gesang nicht mehr zur Verfügung, erweitert die klanglichen Möglichkeiten an der Bassdrum aber erheblich. Das gilt natürlich auch für Bändchenmikrofone und sogar zusätzliche dynamische Instrumenten-Allrounder. Was all diese Kombinationen können und vor allem, wie sie klingen, erfahrt ihr auf den folgen Zeilen.
Zum Vergleich: So klingt ein einzelnes Bassdrum-Mikro
Der „Testaufbau“ besteht aus einer 22“ x 14“ Yamaha Recording 9000 Bassdrum mit dünnem Birkenkessel und einer mitteltiefen Stimmung beider Felle. Das Resonanzfell ist kaum bedämpft und mit einem Luftloch versehen, durch welches ich ein Electro-Voice N/D 868 Bassdrum-Mikro geschoben und im hinteren Drittel des Kessel positioniert habe. Als weitere Mikros kommen zwei AKG C214 in ORTF-Anordnung sowie ein Telefunken M80 als Snaredrum-Mic zum Einsatz. So klingt dieses rudimentäre Setup:
Ein Subkick-Mikrofon erweitert die Möglichkeiten im Tiefbassbereich
Wie eingangs erwähnt, ist ein Subkick-Mikro eigentlich kein Mikro, sondern ein Lautsprecher. Die Idee wurde schon vor vielen Jahren in Studios umgesetzt, Yamaha machte im Jahr 2003 ein einfach zu verwendendes Produkt daraus und nannte es eben Subkick.
Aus audiophiler Sicht ist das Konzept ein Totalausfall. Der Frequenzgang reicht mit Ach und Krach bis maximal 8000 Hertz, solo abgehört klingt es dumpf und verwaschen, von einer Transientenwiedergabe möchte man gar nicht sprechen. Es besitzt jedoch die Fähigkeit, tiefste Frequenzen einzufangen, was bei einer Bassdrum nun einmal sehr vorteilhaft ist. In Kombination mit einem normalen Bassdrum-Mikrofon lassen sich so beeindruckende Resultate erzielen. Ein weiterer Vorteil – auch im Live-Einsatz – ist die geringe Neigung des Subkicks, Übersprechungen einzufangen sowie die Robustheit.
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In unserer Anwendung platziere ich ein Solomon LoFreQ etwa fünf Zentimeter vor dem Resonanzfell. Aber Vorsicht: Wie bei allen Schallquellen, die mit mehr als einem Mikrofon aufgenommen werden, solltet ihr auf die Phasenlage der Mikrofone zueinander achten. Tut ihr das nicht, kann der Klang dünn und unschön werden, die eigentlichen Vorteile werden ins Gegenteil verkehrt. Im dritten Soundfile habe ich euch aufgenommen, wie sich eine unpassende Phasenlage anhören kann.
Ihr solltet also ausprobieren, ob der Schalter, der die Polarität inventiert (am Preamp oder in der DAW) für mehr Bass sorgt oder für weniger.
So ein Tieffrequenz-Mikro kann aber noch mehr. Beispielsweise verhilft es sogar einem dynamischen Instrumenten-Allrounder wie dem Shure SM57 zum nötigen Schub untenrum. Das Resultat ist ein durchaus respektabler Bassdrumsound, zu hören im letzten Soundfile dieser Reihe.
Zweites Mikro an der Bassdrum: Großmembran-Kondensator am Resonanzfell
Während das oben besprochene Subkick-Mic speziell für die Bassdrum gemacht ist, handelt es sich bei der nächsten Alternative um einen absoluten Allrounder. Vielleicht müsst ihr ihn nicht einmal kaufen, denn das Großmembran-Kondensatormikrofon ist vielleicht schon vorhanden. Anders als das Subkick-Mic ist dieser Mikrofontyp auf hohe Transparenz und Empfindlichkeit hin konstruiert. In das Resonanzloch oder an andere „windige“ Stellen solltet ihr es nicht stellen. Ich habe für dieses Beispiel ein AKG C214 verwendet.
Klanglich geht es mit einem Kondensator-Mikro am Resonanzfell transparenter und offener zu als mit einem Subkick. Die Bassdrum „atmet“ etwas mehr, insgesamt unterscheiden sich hier unterschiedliche Modelle aber auch teilweise stark. So klingt mein Favorit für diese Anwendung, das Mojave MA201, deutlich aggressiver und gleichzeitig bassbetonter als das C214. Ihr solltet in jedem Fall ein bisschen experimentieren.
So ergänzt ein Bändchenmikrofon das Hauptmikro-Signal
Nicht ganz so oft anzutreffen, aber für Retro-Sounds durchaus beliebt, ist auch die Kombination eines Bassdrum-Mikros mit einem Bändchen. Die meisten Bändchenmikrofone besitzen eine Achter-Charakteristik, nehmen also Schall gleichermaßen von vorn und hinten auf. Für die Bandprobe oder im Live-Einsatz mag das nicht optimal sein, im Studio erzeugen Bändchen vor der Bassdrum jedoch einen ganz eigenen, weichen und warmen Ton, der die Schwingung des Bassdrum-Resos sehr schön einfangen kann. Aber Vorsicht: Mehr noch als Kondensator-Mikros mögen es Bändchen gar nicht, wenn sie „angepustet“ werden, das kann ihre hauchdünne Alu-Membran dehnen oder sogar zerstören. Direkt im „Sturm“ des Resonanzfelllochs haben sie also nichts verloren. Es empfiehlt sich zusätzlich, das Mikrofon etwas anzuwinkeln, damit der Luftstrom nicht im 90 Grad Winkel auf das Bändchen trifft. Ihr solltet es auch nicht zu nah am Resonanzfell positionieren, bei mir sind es etwa zehn Zentimeter.
Was sind Bändchenmikrofone überhaupt? Wieso gibt es einen derartigen Hype um diese Mikros? Und sind Ribbons tatsächlich so empfindlich? Hier gibt es Antworten!
Für das Sound-Beispiel habe ich mein Shinybox MX46 Cinemag verwendet, im zweiten File hört ihr es zusammen mit dem EV N/D 868.
Zwei Mikros in der Kick: zusätzliche Grenzfläche
Die Grenzfläche zählt zu einer oft übersehenen und manchmal unterschätzten Mikrofongattung. Ausgelegt entweder als halbe Kugel oder halbe Niere, nimmt sie einen kuppelförmigen Bereich auf und zeichnet sich in Bassdrums durch eine problemlose Handhabung aus. Ihr legt sie durch das Resonanzfellloch rein und aktiviert die Phantomspeisung an eurem Interface. „Grenzen“ sind nämlich mit Kondensatorkapseln ausgerüstet.
Das richtige Grenzflächenmikro auswählen, kaufen, aufstellen und benutzen – hier sind alle Infos, Tipps und Empfehlungen!
Klanglich geht es in eine eher aggressive, je nach Modell „klickige“ Richtung, gleichzeitig liefert der Schallwandler einen kompletten Kesselton. Für den Live-Einsatz eignen sich solche Mikros sehr gut, denn sie sind robust und nehmen vor der Bassdrum keinen Platz für ein Stativ weg.
Im Studio macht die Kombination besonders viel Sinn, wenn ein druckvoller, präsenter Kickdrumsound gefragt ist. Modelle wie das hier verwendete the t.bone BD 500 Beta verfügen sogar zusätzlich über einen EQ-Schalter, der die Frequenzkurve für die Bassdrum vorbereitet, also die Mitten herausfiltert. Den habe ich jedoch nicht aktiviert, stattdessen könnt ihr im dritten Soundfile die Verbindung aus Grenze und Subkick hören.
Ein SM57 am Schlagfell kann das Hauptmikro beim Attack unterstützen
Beim Finden des passenden Bassdrumsounds ist das richtige Verhältnis aus Attack, Kesselton und Tiefbassanteilen entscheidend. Während sich die oben genannten Kombinationen auf das Geschehen vor dem Resonanzfell (und damit auf die Bassanteile) konzentriert haben, ist die folgende Methode auf das Verstärken des Attacks ausgerichtet.
Dafür richtet ihr ein schalldruckunempfindliches Mikro mit Nierencharakteristik auf das Schlagfell der Bassdrum, in unserem Beispiel ist dies ein SM57. Optimal wäre ein Modell mit kurzem Gehäuse, das passt besser zwischen Floortom und Bassdrum.
Es gelten die bekannten Orientierungspunkte: Je mehr sich die Einsprechachse dem Beater-Auftreffpunkt nähert, desto mehr Attack erhaltet ihr. Im Beispiel ziele ich ein paar Zentimeter daran vorbei, um noch etwas Bass und Fellresonanz einzufangen.
Das Ergebnis gefällt mir gut, jedoch nur in der Kombination mit einem regulären Bassdrum-Mikro, welches ihr in den ersten beiden Soundfiles hören könnt. Im Vergleich mit einem einzelnen Bassdrum-Mikro würde ich den Sound als etwas präsenter und mittiger einstufen, bei Bedarf lässt sich die Gewichtung natürlich nach Belieben im Mix verschieben.
Richtig interessant hingegen kommt die Kombination aus SM57 und Subkick daher. Der Klang ist rund und bassig, und besitzt eine gewisse Räumlichkeit, die vermutlich auf den Abstand und die gegensätzlichen Einsprechrichtungen zurückzuführen ist. Experimentiert in jedem Fall mit der Polarität!
Bassdrum mit zwei Mikros oder mehr aufnehmen: Fazit
Die Bassdrum mit einem einzelnen Mikrofon aufzunehmen, liefert schnell und zuverlässig gute Ergebnisse. Eine passende Stimmung und etwas Sorgfalt bei der Mikrofon-Ausrichtung vorausgesetzt, läßt sich so dem Wunschklang schon sehr nahe kommen. Speziell im Studio ist jede zusätzliche Option allerdings hochwillkommen, und hier kommen weitere Mikrofone an der Bassdrum ins Spiel. So liefert ein Großmembran-Kondensatormikro zusätzliche Bass- und Detailinformationen, ein Bändchen sorgt für einen runden Klang mit natürlicher Wärme und ein Subkick-Mic kann das Signal in Sachen Tiefbass ordentlich unterfüttern. Aber auch die Abnahme des Schlagfells kann ihren Reiz haben, ebenso die Kombinationen eher ungewöhnlicher Partner wie ein Snare-Mic plus Subkick. Die interessantesten Sounds sind aber die, die ihr selbst kreiert. Solange ihr darauf achtet, empfindlichere Modelle wie Bändchen oder Kondensatormikros nicht zu zerstören, ist erlaubt, was der Musik dient und gefällt.