Die Baton Rouge X54S/PE-BT ist eine Westerngitarre in Parlor-Größe aus dem Sortiment der deutschen Firma Bestacoustics Reinhardt GmbH aus Tübingen, die seit 1999 Gitarren und Ukulelen unter dem Markennamen Baton Rouge in China produzieren lässt.
Im Line-Up befinden sich zurzeit 60 unterschiedlich dimensionierte und ausstaffierte Akustikgitarren und 80 Ukulelen, die sich entsprechend der Firmenphilosophie nicht so sehr als Remakes verstehen wollen. Mit der X54S hat eine Parlor-Gitarre den Weg ins bonedo-Studio gefunden, also eher ein kleiner Vertreter der Spezies Westerngitarre.
Zur Geschichte der Parlor
Mit diesen Instrumenten wurden schon in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in den Salons der eleganten viktorianischen Villen, den Parlors, die Gäste unterhalten. In der Folge hat sich auch die Bezeichnung „Parlor“ oder „Parlor-Gitarre“ für die mit Stahlsaiten bespannten Modelle eingebürgert, die in Amerika damals von Martin gebaut wurden. Tatsächlich waren die Größen 0 bzw. 00 bei ihrer Markteinführung im Jahr 1850 und 1870 die größten Modelle im Line-Up von Martin. Nicht selten etwas abfällig als Wandergitarre deklariert, erlebt die Parlor heute eine Renaissance. Mit einem integrierten Tonabnehmersystem und einem zeitgemäßen Outfit ist die X54S allerdings sichtlich bemüht, moderner aufzutreten als ihre nordamerikanischen Vorfahren.
Details
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Das Instrument wurde solide verarbeitet und macht auch optisch einen ansprechenden Eindruck.
Insgesamt versprechen die Größenverhältnisse einen besonders ergonomischen Umgang im Handling. Dabei sind die Zargen nicht sehr tief ausgeschnitten und auch an Oberbug und Unterbug hat die X54S gewaltig abgespeckt. Deshalb geht der Natursound der Parlor in der Regel mit einem Schub im Mittenbereich einher, während die Bässe sich doch eher vornehm zurückhalten. Die X54S darf sich trotzdem als Vollakustikgitarre verstehen und von allen elektroakustischen „Schmalzargen“ abgrenzen, die nur mit der Unterstützung eines leistungsfähigen Übertragungssystems im Spiel bleiben können.
Die X54S kommt mit einem seltenen Holzmix aus Fichte, Laurel (Lorbeer), Okoume und Pao Ferro. Für den guten Ton zeigt sich eine Decke aus massivem Fichtenholz verantwortlich. Eine Qualitätsprüfung muss an dieser Stelle entfallen, da die Oberfläche schwarz eingefärbt und hochglänzend versiegelt ist. Die Arbeiten zeigen Wirkung und wurden ohne Fehl und Tadel ausgeführt. Mit einem selbstklebenden Schlagschutz sollte die ansehnliche Deckenoberfläche ggf. nachgerüstet werden. „Garniert“ ist die Oberfläche mit einer wunderschönen bunten Abalone-Randeinlage, die natürlich sofort ins Auge springt. Diese korrespondiert außerdem mit der bunten Abalone-Einlage, die stilvoll um das Schallloch gelegt wurde.
Die Intarsien werten das Instrument optisch auf und sind penibel und ohne Fehl und Tadel ausgeführt; das aufwendige Design hat natürlich auch seinen Preis.
Der rundgeschwungene Saitenhalter besteht wie das Griffbrett aus Laurel und die sechs Saiten werden konventionell mit den Ball-Ends und schwarzen Pins am Unterbauch arretiert. Die Stegeinlage, die wackelfrei in der Ausfräsung liegt, kompensiert wirksam die unterschiedliche Saitensteifigkeit und optimiert mit einer Nase für die B-Saite die Intonation. Die Stegeinlage aus echtem Knochen ist hart, gleichmäßig konsistent und überträgt die Saitenschwingungen optimal. In der Regel findet man auch nach Jahren keine Gebrauchsspuren wie Rillen oder Kerben.
Die beiden Bodenhälften bestehen aus Pau Ferro. Pau Ferro, auch Santos Palisander, ist ein südamerikanisches Tonholz mit einer glatten Oberfläche und bringt angeblich Eigenschaften mit, die an Palisander erinnern. Zargen und Boden sind transparent-seidenmatt glänzend lackiert, sodass die Maserungen durchscheinen. Diese fügen sich zu einem ansehnlichen symmetrischen Faserbild zusammen – eine makellose Arbeit und ein schöner Anblick. Die Stoßkanten am Boden und an der Decke werden rundum von einer Einfassung aus cremefarbenem Ahorn geschützt.
Die kurze Mensur (615 mm) ist ausreichend bemessen, um das Instrument in Schwingung zu versetzen.
Innenansichten
Im Sichtbereich befindet sich ein schmaler Halsblock, der stabil mit der Decke, dem Boden, den Zargen und dem Halsfuß verleimt ist. Die Decke ist mit einem X-Bracing unterbaut und der Schalllochbereich mit zwei schmalen halbrunden Leisten verstärkt. Vier quer verleimte Leisten am Boden sorgen dafür, dass sich die Bodenhälften nicht voneinander lösen, ein Bodenmittelstreifen ist nicht verbaut. Insgesamt sind alle Arbeiten handwerklich ohne Ausrutscher ausgeführt.
Echte Reifchen wurden rundum an Boden- und Deckenrand gleichmäßig eingesetzt und vergrößern die Aufleimstellen für die Decken und Bodenhälften. Im Sichtbereich konnte ich keinerlei Mängel entdecken.
Elektronik
In die Zarge ist mit dem hauseigenen BR-1 ein leistungsfähiger Preamp eingesetzt, dessen Paneel sich mit nur wenigen Komponenten sehr puristisch zeigt. Neben dem 2-Band-EQ mit Treble- und Bass-Regler und einem Volume-Poti gibt es ein integriertes Stimmgerät mit einem großen Display. Das Batteriefach befindet sich als Schublade mit zwei CR 2032 an dessen Unterseite. Eine LED meldet sich rotleuchtend, wenn den Batterien der Saft ausgeht. Das relativ kleine Paneel beeinträchtigt das ursprüngliche Erscheinungsbild der Gitarre nicht gravierend.
Hals und Griffbrett
Hals, Kopfplatte und Halsfuß bestehen aus solidem Okoume. Die Strukturunterschiede an den Verleimstellen kann man durch das transparente Finish noch deutlich sehen. Okoume soll mit Eigenschaften punkten, die an Mahagoni erinnern.
Ein eingelegter Halsstab verleiht dem dünnen Hals die nötige Stabilität. Mit der Stellschraube, die sich im Schallloch unter dem Griffbrett befindet, kann bei Bedarf Einfluss auf die Form der Halskrümmung im unteren Drittel des Griffbretts genommen werden. Zurzeit besteht aber kein Handlungsbedarf. Tatsächlich waren die Hälse anno dazumal wesentlich dicker, denn den eingelegten Stahlstab gab es im 19. Jahrhundert noch nicht.
Das Griffbrett aus Laurel ist passgenau aufgeleimt und an dessen Ende werden die Saiten über einen echten Knochensattel mit einer Breite von 4,6 cm geführt. Der Sattel ist vergleichsweise breit – üblich wären 4,3 cm – was dann auch zu dem geringfügig dickeren Halsumfang von 12 cm passt. 18 Bünde bevölkern das Griffbrett. Der Hals-Korpus-Übergang befindet sich am 12. Bund, was übrigens auch typisch für die alten Parlor-Gitarren war. Die Bünde – korrekt abgerichtet und sauber poliert – treten auch an den Kanten nicht aus. Schlichte Punkteinlagen auf dem Griffbrett korrespondieren mit kleinen weißen Punkten auf der Sichtkante, die sich vom Untergrund kontrastreich absetzen.
Kopfplatte
Die doppelt gefensterte Kopfplatte gibt sich betont klassisch und schon deshalb kommt unsere Parlor authentisch rüber. Die X54S wurde mit offenen Mechaniken gekürt, sechs sind jeweils auf einer separaten verchromten Grundplatte verschraubt. Offene Mechaniken sind nicht schlechter, sollten aber gelegentlich vom Schmutz befreit und regelmäßig nachgefettet werden. Die verchromten Stimmflügel im Antik-Look lassen sich jedenfalls leichtgängig und präzise bedienen. Die Oberfläche ist mit einem hauchdünnen Furnier verblendet und dunkelrotbraun gebeizt.