Wie günstig kann ein Mikrofonvorverstärker sein?
Wenn es um diese Frage geht, dann wird man früher oder später zwangsläufig auf den Behringer ADA8200 Ultragain zu sprechen kommen, denn viel günstiger geht nicht. Bei einem Straßenpreis von knapp 190 Euro und acht internen Preamps rangiert ein einzelner Kanal im Preisbereich einer einfach belegten Familienpizza.
„Das passt ja – klingt sicher auch nach Käse!“, wird sich jetzt der ein oder andere Leser denken. Aber wir wollen nichts überstürzen. Der Erfolg am Markt gibt dem Tiefpreiswunder Recht und abgesehen davon stellt nicht jeder Anwender höchst professionelle Ansprüche an die Klangqualität. Wer ganz einfach nur sein Audiointerface um acht zusätzliche Kanäle erweitern will, der könnte hier also durchaus glücklich werden. Ob der Behringer ADA8200 Ultragain die perfekte Tiefpreislösung für das Homerecording von Demos, Multitrack-Mitschnitten im Proberaum oder beispielsweise auch das Aufnehmen von YouTube-Drumcovers mit vollständig mikrofoniertem Schlagzeug ist, wird unser Test zeigen.
Details
ADAT-Erweiterung fürs Audiointerface
Der Behringer ADA8200 Ultragain bietet sowohl acht analoge Eingangskanäle für den Anschluss von Mikrofonen oder Line-Quellen als auch acht analoge Ausgangskanäle und kann über die optische ADAT-Schnittstelle mit einem Audiointerface verbunden werden. Es handelt sich hier um den direkten Nachfolger des ebenfalls sehr erfolgreich vermarkteten ADA8000 Ultragain, wobei das grundsätzliche Konzept beibehalten und nur die Vorverstärker, Wandler und das interne Netzteil durch höherwertige Komponenten ersetzt wurden.
Verarbeitung: in Ordnung!
Das Preamp-Modul sitzt in einem klassischen 19“-Gehäuse mit einer Höheneinheit und ist weitgehend zweckdienlich gestaltet. Die Vorderseite wird größtenteils von den analogen Eingängen und den zugehörigen Bedienelementen eingenommen. Pro Kanal finden sich hier je eine XLR-Buchse für Mikrofone, eine 6,3er-Klinkenbuchse für Line-Quellen und ein Gain-Poti mit Signal- und Clip-LEDs, die beim Anpassen des Eingangspegels behilflich sind. Die Verarbeitung geht völlig in Ordnung. Die Plastikkappen der Potis sind zwar nicht besonders hübsch anzusehen, lassen sich aber zumindest nicht einfach aus ihrem Sockel ziehen. Auch die Buchsen bieten angemessenen Halt für angeschlossene Stecker, ohne dabei zum Verkanten zu neigen.
Phantomspeisung global schaltbar
Die Phantomspeisung lässt sich über einen einzelnen Druckschalter auf der rechten Seite global für alle Kanäle aktivieren oder deaktivieren und damit sagt der ADA8200 recht eindeutig: „Hallo, ich bin ein Einsteigergerät“. Das darf er aber auch gerne tun – vor allem wenn man den günstigen Preis bedenkt. Grundsätzlich ist es kein Problem, auch dynamische Mikrofone, die keine Phantomspeisung zum Betrieb benötigen, mit selbiger zu versorgen. Nur passive Bändchenmikrofone können dadurch im schlimmsten Fall ernsthaft Schaden nehmen. Wer keine solchen Exoten in der Sammlung hat oder sie nicht gleichzeitig mit Kondensatormikrofonen verwenden will, muss sich also keine Gedanken machen.
Preamps aus dem Hause Midas
Die acht Mikrofonvorverstärker, die im Inneren des ADA8200 ihren Dienst tun, kommen vom britischen Hersteller Midas, der vor einigen Jahren von der Music Group, zu der auch Behringer gehört, übernommen wurde. Mit einem maximalen Gain von bis zu 60 dB sind sie für den Lowprice-Sektor alles andere als schwachbrüstig. Bei manchem teureren Konkurrenten finden sich Werte von nur 55 dB oder weniger. Für typische Recording-Situationen sollte der ADA8200 also ausreichend Saft bieten.
Auf zusätzliche Features wie ein Trittschallfilter, Phasendrehung oder eine Vordämpfung zum Absenken zu lauter Eingangssignale hat der Hersteller verzichtet. Mit den ersten beiden Punkten kann man sich locker arrangieren, denn solche Aufgaben lassen sich problemlos nach einer Aufnahme mit den Bordmitteln jeder DAW-Software erledigen. Bei der Vordämpfung ist das allerdings anders. Mit seinem maximalen Eingangspegel von +6 dBu bei minimalem Gain bietet der ADA82000 nicht gerade luxuriösen Headroom. In der Praxis bedeutet das, dass empfindliche Kondensatormikrofone, die nahe an lauten Schallquellen positioniert werden, die Kombination aus Preamps und Wandlern durchaus mit einem zu heißen Pegel überfahren können. Oder noch konkreter: Mit einem Mikrofon wie dem Neumann TLM103 sollte man von einer lauten Snare weg bleiben, sonst zerrt es. Bei der Verwendung dynamischer Mikrofone, die typischerweise einen weit geringeren Output als Kondensatormikros bieten, dürfte es dagegen auch bei der Nahabnahme von Drums oder voll aufgerissenen Gitarrenverstärkern keine Probleme geben.
Line-Ausgänge fest auf den ADAT In geroutet
Auf der Rückseite des ADA8200 finden sich acht analoge Lineausgänge in Form von XLR-Buchsen. Die naheliegende Vermutung wäre, dass es sich hier um Direktausgänge für die Signale handelt, die durch die Preamps verstärkt wurden. Aber weit gefehlt! Wenn es darum geht, den ADA8200 mit einem Audiointerface zu verbinden, ist man auf den digitalen Weg über die optische ADAT-Schnittstelle angewiesen. Die analogen Ausgänge spielen dagegen die Signale aus, die am ADAT-Eingang anliegen und sind folglich schlicht und einfach acht zusätzliche Ausgänge für eine DAW. Was schließt man daran an? Beispielsweise zusätzliche Monitorboxen, Kopfhörerverstärker oder auch externe Effektgeräte.
Eine Möglichkeit, das interne Routing so anzupassen, dass auch die Signale aus den Preamps an die analogen Ausgänge geschickt werden, wäre prinzipiell zwar nett gewesen, ich persönlich vermisse diese Option aber nicht ernsthaft. Falls es doch einmal nötig sein sollte, eine entsprechende Analogverbindung herzustellen, zum Beispiel wenn der ADA8200 als Stand-alone-Preamp ohne angebundenen Rechner bei einem Livekonzert verwendet werden soll, dann ist es möglich, den ADAT Out mit dem ADAT In zu verbinden und über den so erstellten digitalen Loopback die Eingangskanäle analog nach draußen zu schicken. Dabei wird aber natürlich der unnötige Umweg über die internen Wandler gegangen – ganz ideal ist dieser Workaround also nicht.
Wandlung bei maximal 48 kHz
Genauso wie bei den Vorverstärkern des ADA8200, handelt es sich auch bei den internen Wandlern um eine Neuerung im Vergleich zum Vorgänger. Hier kommen Komponenten von Cirrus Logic zum Einsatz, die mit Auflösungen bis 24 Bit/48 kHz arbeiten. Recording bei 96 kHz oder gar 192 kHz ist also nicht möglich, für den Bereich des Homerecordings kann man sich in der Regel aber auch mit dieser Einschränkung getrost arrangieren.
Wenn mehrere Wandler im Verbund arbeiten, dann müssen sie synchronisiert werden, da es sonst zu hörbaren Artefakten kommt – das ist ganz normal und trifft natürlich auch zu, wenn der ADA8200 so wie vorgesehen über ADAT mit einem Audiointerface verbunden wird. In einem solchen System gibt es immer einen Master, der sozusagen den Takt vorgibt, und einen oder auch mehrere Slaves, die sich dieser Taktung anpassen. Der ADA8200 kann beide Rollen übernehmen und die entsprechenden Einstellungen regelt man über einen kleinen Schiebeschalter, der ungünstigerweise auf der Rückseite untergebracht ist. In einem Rack ist er also schwer zu erreichen.
Generell läuft die Synchronisation entweder nebenbei über die ADAT-Verbindung oder über die separate Wordclock-Schnittstelle. Dass der ADA8200 für letztere nur einen Eingang und keinen Ausgang bietet, lässt sich meiner Ansicht nach verschmerzen, da ein Betrieb über ADAT für den Standardbetrieb ohnehin notwendig ist. Eine zusätzliche Verkabelung zur Synchronisation ist damit nicht nötig.