PRAXIS
Ich nehme wieder in meinem gewohnten Stereo-Dreieck Platz und groove mich mit meinen inzwischen sehr vertrauten Standard-Nummern ein. Da es die größten Speaker im Testumfeld sind und sich ihr Werbetext ebenso vollmundig liest, waren meine Erwartungen entsprechend hoch! Demnach gab es zuerst einmal harte Kost: “Rammstein – B******** “
Alle Achtung, die genretypische Lautstärke erreicht sie allemal! Auch hier fällt ein Mitten-Fokus auf und die harten Höhen zeichnen ein wenig zu scharf, wodurch es mir an Details im Übergang zwischen Höhen und Mitten fehlt. Die Gitarren wirken mir zu blechern und vor allem auf Dauer zu anstrengend. “Air-Band” ist eher wenig vorhanden. Gerade beim Einsatz der klassischen Orchestrierung zum Ende der Rammstein-Nummer fehlt dann diese Transparenz ungemein und es klingt nicht wirklich edel.
Um bei derselben Nummer zu bleiben: Auch Resonanzen in Form eines leichten Wummerns sind vorhanden. Gerade bei der Snare am Anfang klingt es, als schlage jemand auf dem Gehäuse mit. Nun gut, ich hab auch wirklich laut gehört. Dennoch schade, ich hätte bei der Größe etwas mehr erwartet. Das Mittenbrett hätten wir also abgehakt.
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Als Nächstes checke ich den Basskeller: “Gaiser – Zebra Talk”. Minimal Techno mit einer sehr punchy Kick und viel Sub-Bass. Ich drehe auf, bis das Limit-Lämpchen leuchtet und schnell wieder zurück, denn es klingt furchtbar. Auch hier ist die Übersetzung Eingangspegel/ Lautstärke für meinen Geschmack ein wenig zu extrem gewählt.
Ich drehe so weit zurück, dass die Limit-Lampe nicht einmal aufzublinken wagt und noch ein Stück weiter. Dennoch habe ich immer noch mit starken Resonanzen zu tun: Bei beiden Speakern rasselt die Rückwand, bei einem sogar deutlich stärker. Ich vertausche die Lautsprecher gegeneinander, um äußere Faktoren auszuschließen – aber nein, die eine rasselt noch immer! Zum Mess-Termin erschien natürlich die „bessere“ Box. Mit Qualitätsstreuungen muss man also leben.
Ich drehe noch weiter zurück, bis es angenehm wird. Mein “SPL-o-Meter” zeigt 84 dB SPL bei A/Slow mit Musikmaterial und mein Monitor-Controller-Poti steht bei 50%. Das ist nicht lauter als das, was auch die bedeutend kleinere Dynaudio zu leisten vermag, um einmal eine Relation zu vermitteln. Ich kann als Einsatzort also nur das Nahfeld empfehlen, obwohl sicherlich manch einer bei der Größe auch über das Midfield nachgedacht haben wird. Ob man so viel Platz für eine derart große Box auf seinem Schreibtisch entbehren kann, muss jeder selbst abschätzen.
Wir waren bei 84 dB und Gaiser: Die Kick kommt in der Tat “punchy”, ihr fehlt aber ein wenig der Druck untenrum. Die untere mit 50 Hz angegebene Grenzfrequenz bestätigt sich mir also auch nicht, trotz flacherem Hi-Pass. Dennoch liegt sie mit etwa 55-60 dB im Vergleich zum Testumfeld etwas niedriger.
Was fällt mir noch auf? Der Sweet-Spot ist nicht sehr groß und nicht sehr homogen gestaltet, kleinere Positionsänderungen führen deshalb schnell zu Veränderungen der Klangbalance. Offensichtlich sind nicht die edelsten Hochtöner verbaut bzw. sind die Boxen auch nicht der allerengsten Qualitätskontrolle unterworfen.
Und wo steckt der Vorteil, oder anders gefragt, weshalb sollte ich diese Box trotzdem bei meiner Wahl ins Auge fassen? Nun, es gibt ein unschlagbares Argument, das alle genannten Mängel sehr schnell und vor allem stark entkräftet: der Preis. Für unter 300 Euro erhält man nämlich ein Paar ziemlich großer und sogar relativ analytischer Lautsprecher mit jeder Menge Features. Wenn man Glück hat, erwischt man zwei identische Modelle, mit denen man dann durchaus professionell arbeiten kann.
Als Alternative für Projektstudios kann ich wiederum die KRK Rokit 5 G2 nennen, die bei einem ähnlichen Preis zwar bedeutend kleiner und etwas leistungsärmer ausfällt, in ihrem selbstgesteckten Rahmen aber deutlich präziser arbeitet.
Im Vergleich zu der noch “ultra-lineareren” Behringer 1031 macht sich der bereits angesprochene leichte Mittenfokus bemerkbar. Auch die Bässe zeichnet der hier vorgestellte klassische Kandidat ein wenig stärker, wodurch es zunächst etwas wärmer und voller wirkt, was sicherlich auch dem vorderseitigen Bassport geschuldet ist. Insgesamt also weniger anstrengend – beides kann angenehm sein und ist Geschmackssache.
Was mir bei dem Holz-Klassiker allerdings partout nicht gefällt und vor allem im Vergleich deutlich hervorsticht, sind die scharfen Höhen. Die werden bei der preiswerteren Kunststoffversion besser umgesetzt. Allerdings neigt diese dafür zu mehr Verzerrungen im Mittenbereich, was ich der bedeutend leichteren und weniger resonanzsteifen Gehäuseausführung zuschreiben würde. Aufgrund der Resonanzgeräusche bei hohem Pegel relativiert sich die stärkere Endstufenleistung allerdings auch deutlich. Hier muss man einfach selbst ausprobieren.
Und für alle, die es noch nicht wissen sollten: Die Behringer B2031A ist ein auf Kampfpreis getrimmter Rip-Off des Genelec Klassikers 1032APM. Zwischen beiden Lautsprechern liegen allerdings Welten und nicht nur zwei verdrehte Zahlen im Produktnamen. Da helfen auch die mitgelieferten Messdiagramme relativ wenig. Welcher Glättungskoeffizient hier verwendet wurde, erschließt sich nicht, aber immerhin finden sich Angaben zum Frequenzraum – bei der B1031A fehlen diese Angaben.
Was man Behringer dennoch zugutehalten kann, ist die Adaption der Dokumentation auf der Rückseite der Lautsprecher, wodurch auch Handbuch-Hassern eine kurze praxisrelevante Erläuterung der Filter geboten wird. Diese sind auch ähnlich umfangreich bzw. “Genelec-mäßig” ausgestattet: gerasterter Low-Cut für Subwoofer-Betrieb, Bass-Shelf und Treble-Shelf zur Raumanpassung. Was will man mehr! Vieleicht ein paar konkretere Zahlen, wo diese Filter denn genau einsetzen …
Völlig überflüssig finde ich hingegen die separaten Mute-Schalter für Hoch- und Tieftöner, die wohl der Fehleranalyse dienen sollen. Zugegeben, manchmal erschließt es sich nicht direkt, ob der Hochtöner defekt oder der Mix schlecht ist. Hier hilft es im Allgemeinen aber, einfach kurz die Hand vor den Hochtöner zu halten und wieder wegzunehmen. Gibt es keinen hörbaren Unterschied, ist der HF-Treiber mit großer Wahrscheinlichkeit defekt.
Interra sagt:
#1 - 26.01.2012 um 23:26 Uhr
Warum testet ihr den den alten B2031A? Interessant wäre doch wirklich zu erfahren ob und was Behringer beim B3031A nun besser macht. Bitte bald nachholen!
spacy sagt:
#2 - 11.07.2013 um 15:31 Uhr
Die Behringer 2031 sind im Amateur- u. Semi-Profi Bereich recht beliebt, in meinem Bekanntenrkeis quasi DIE Standard Nahfeldabhöre.
Trotz des aberwitzig günstigen Preises eine gute Box - im unteren Leistungsbereich, sprich Zimmerlautstärke. Wer ne richtig laute Abhöre braucht sollte etwas tiefer in die Tasche greifen. Bin jedenfalls sehr zufrieden mit den Behringers.
sebastian sagt:
#3 - 15.01.2022 um 08:36 Uhr
Der Glättungskoeffizient steht doch auf dem Frequenzschrieb drauf: 0,33oct = 1/3 oct, also nicht übermäßig geglättet sondern Standard. Problematisch ist eher die große Range von 100db, aber auch wenn man es mit einem SPL tracking tool zurück rechnet, sieht es noch ganz ordentlich aus.
Felix Klostermann sagt:
#3.1 - 16.01.2022 um 18:36 Uhr
Hi Sebastian, richtig die Range ist auch Problematisch. So oder so: der Schriebs erweckt den Anschein, es gäbe viel geringe Abweichungen, als wir nun mal tatsächlich gemessen haben. Danke dir für deinen Hinweis!
Antwort auf #3 von sebastian
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