Was war da los in den sozialen Netzwerken, auf den Gängen der Superbooth, Thema in fast jedem Tech-Talk, als Behringer mit dem Model D einen technisch exakten Nachbau des Minimoog vorstellte. Mittlerweile hat Behringer mit den Nachbauten des Arp Odyssey, des Korg MS-20 und des Roland Vocoders weitere Fakten geschaffen und die Aufregung hat sich in Staunen verwandelt: die Dinger klingen verdammt nah an den Originalen. So war natürlich die Spannung groß, als Behringer mit dem MS-1 den Nachbau eines weiteren legendären Klassikers ankündigte: Den Klon des legendären Roland SH-101.
Details
Hintergrund
Der Behringer MS-1 ist ein analoger monophoner Synthesizer, der schon in seiner äußeren Erscheinung keinen Hehl daraus macht, dass hier der Roland SH-101 als Vorbild diente. Als bekennender SH-101-Fan werde ich daher auch immer wieder den Vergleich mit dem Original suchen und die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen beiden Synths herausstellen. Dies geht beim Testgerät so weit, dass es noch unter dem Namen „MS-101“ ins Rennen geht. Aber Roland hat auf den Angriff der Klonkrieger reagiert und Behringer per Gerichtsbeschluss zur Umbenennung bewegt: Der ebenfalls brandneue 808-Klon RD-808 muss fortan unter dem Namen RD-8 verkauft werden und der hier getestete SH-101-Lookalike rückt als MS-1 in den Markt. Ganz korrekt heißt das getestete Modell MS-1-RD für „Red“ und mit dem MS-1-BL schickt Behringer auch sein blaues Pendant ins Rennen. Im klassischen Grau gibt’s den Behringer übrigens nicht, die dritte erhältliche Variante heißt MS-1-BK und kommt ganz in schwarz.
Spieltisch
Mit einer Größe von 56,5 x 26,5 x 7 Zentimetern wirkt der MS-1 in etwa wie der kleine dicke Bruder des eleganteren SH-101 mit seinen 56,5 x 31 x 6,5 cm: Gleich lang, aber weniger tief und weniger flach. Auch das markante Plastikgehäuse mit normalgroßem zweieinhalb Oktaven-Keyboard und Metallunterseite wirkt noch etwas „plastikhafter“ als das des Originals. Die ungewichtete Kunststofftastatur gewinnt keine Preise, ist aber befriedigend bespielbar. Immerhin: Obwohl der MS-1 nur eine monophone Klangerzeugung hat, können mit dem verbauten Keyboard via MIDI mehrstimmige Klangerzeuger anschlagsdynamisch polyphon gespielt werden. Gerade für Anfänger ist das ein echter Mehrwert, schließlich erhält man so quasi gratis eine Einspieltastatur dazu. Und dank eines kleinen Hacks lässt sich der MS-1 sogar über die eigene Tastatur Velocity-sensitiv spielen. Dazu später mehr.
Links der Tasten befindet sich ein Roland-typischer Bender mit Push-Funktion für die Modulation, allerdings ist er effektvoll zartrot beleuchtet. Die Auswirkung des Pitchbend auf die Tonhöhe des VCO, oder den Cutoff des VCF kann man mit zwei Schiebereglern justieren, die Intensität der LFO-Modulation ebenfalls. Ein Dreiwegschalter wählt die Tastaturbereiche Low, Mid und High an, anders als beim SH-101 verfügt der MS-1 allerdings nur über zwei Modi für das Portamento, dass hier „Glide“ benannt wird, und wie gehabt per Potentiometer in der Intensität geregelt werden kann. Dies, wie auch das Volumenpoti, die Schieberegler und Kippschalter, sind exakte Repliken der SH-101-Bedienelemente und fühlen sich nicht schlechter, aber auch nicht besser an.
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Bedienfeld
Über dem Spieltisch befindet sich leicht erhöht das Bedienfeld, welches auf den ersten Blick ebenfalls dem SH-101 exakt nachempfunden erscheint – aber es gibt gravierende Unterschiede. So hat der MS-1 ein paar mehr Regler als das Original. An Klangquellen stehen dem MS-1 neben der modulierbaren Pulswelle, dem markanten Sägezahn, dem zweilagigen Sub-Oszillator und dem Rauschgenerator noch ein Dreieck und ein Audio-Eingang zur Verfügung, die alle mit sechs Fadern im Mixer zusammengemischt werden. Die zusätzlichen Regler und Schalter für die Sequenzer-Geschwindigkeit, zur Anwahl von sechs Frequenzmodulationsquellen und deren Beimischung (ja, ja ,… FM beim 101, ein bislang unterschätztes Thema) sind als runde Poti-Knöpfe im typischen 101-Design ausgeführt, nur etwas kleiner. Hier wollten wohl die Behringer-Ingenieure nicht das stimmige Gesamtbild des ikonischen Roland-Designs beschädigen, und so sieht der MS-1 in etwa so aus wie eine 101, die in einem Synth-Workshop etwas modifiziert wurde.
Beibehalten wurde die klare Gliederung in Modulator, VCO, Source Mixer, VCF, VCA und Envelope. Die Namen stehen wie beim Roland-Original in identisch wirkender Typographie über den einzelnen Modulen. Der LFO verfügt über den bekannten Schieberegler für die LFO-Geschwindigkeit und ein Potischalter für die vier Wellenformen. Dieser hat jedoch einen zusätzlichen Dreiwegschalter zur Spreizung der LFO-Rate erhalten. Unter dem Fußlagenschalter des VCO weist Behringer stolz darauf hin, dass es sich beim Herzstück des MS-1 tatsächlich um einen 3340 VCO handelt, den Behringer-eigenen Nachbau des legendären Curtis-Chips. Diese Halbleiter-Bausteine wurden seinerzeit in fast allen klassischen analogen Synthesizern verbaut, im Prophet-5, im Oberheim Matrix-12 sowie vielen Roland-Synths. Es gibt also noch einiges Klon-Potenzial in der Behringer-Schublade. Die Filtersektion, der VCA-Schalter und die ADSR-Hüllkurve entsprechen dann wieder 1:1 dem Original-SH.
Sequenzer und Arpeggiator
Der Sequenzer und Arpeggiator-Bereich des MS-1 ist deutlich ausladender als beim Original-SH, wurde von Behringer’s Odyssey-Klon übernommen, und bietet acht Pattern in acht Bänken mit jeweils bis zu 32 Steps sowie Swing. Zehn kleine und acht große, teilweise rot hintergrundbeleuchtete Buttons drängeln sich unter den Sektionen für VCO und Source-Mixer. Die Buttons bieten ein eher unbefriedigendes haptisches Gefühl und fühlen sich im Vergleich zu den eleganten und sehr direkt ansprechenden silbernen Buttons des SH-101 grobschlächtig und schwergängig an.
Anschlüsse
Rückseitig befinden sich viel mehr Anschlüsse als beim Original. Zusätzlich zum monophonen Audio-Ausgang, Kopfhörer-Ausgang, Hold (große Klinkenbuchsen), CV/Gate In und Out, externem Clock-Eingang sowie ded beiden Anschlüssen Grip und Mod für den optionalen Gitarrenhals-Controller (kleine Klinkenbuchsen), bietet der Behringer auch noch Eingänge für VCF CV und ein monophones Audio-Signal sowie das klassische MIDI-Trio in DIN-Ausführung, für das der originale 101 noch ein paar Jahre zu früh auf die Welt kam.
Über die USB-Buchse kann der MS-1 nicht nur vom Computer MIDI empfangen, sondern auch per kostenloser SynthTool App justiert, und mit Firmware-Updates bespielt werden. Schick ist auch der Velocity Out: Verbindet man den mit dem VCF CV in, lässt sich der MS-1 auch vom MS-1-Keyboard selbst anschlagdynamisch spielen, nicht nur via DAW. Beim Roland-Original gefiel mir immer gut, dass die Anschlüsse nach oben ragen, sodass sie besonders einfach erreichbar sind und der Synth hinten bündig an eine Wand oder einen anderen Synthesizer geschoben werden kann. Das ist mit den rückseitigen Anschlüssen des MS-1 nun nicht mehr möglich.
Lieferumfang
Der bunte Verkaufskarton beinhaltet neben dem MS-1 und einem Netzteil auch noch den berühmt-berüchtigten „Gitarrenhals“, die anschraubbaren Gurtknöpfe und sogar einen Gitarrengurt. Beim SH-101 war das Modulation Grip Kit ein optionales und mittlerweile durchaus gesuchtes Accessoire. Dazu gibt’s noch einen Aufkleber und einen Quick-Start-Guide in fünf Sprachen. Hier sind zwar die Grundfunktionen alle kurz erklärt, und ein 101-mäßiger Synthesizer birgt ja auch nicht viele Geheimnisse, dennoch hätte ich mir schon alleine zum Ergründen sämtlicher Sequenzer-Funktionen ein ausführlicheres Handbuch gewünscht. Aber das gibt’s noch nicht mal im Netz.
Software
Bevor es mit dem Praxistest losgeht, habe ich den Behringer MS-1 noch auf die aktuelle Firmware gebracht, das ist V.1.3.1. Mit der kostenlosen App “Behringer Synth-Tool“, erhältlich auf der Behringer Website, geht das schnell, komfortabel und weitgehend automatisch. Auch die Grundeinstellungen für MIDI-Kanal, Anschlagdynamik, Pitchbend-Bereich, MIDI-CLock Out und den Sequenzer-AutoSync lassen sich hier festlegen. Im Sequenzer-Fenster können Sequenzen erstellt, importiert, exportiert und verwaltet werden. Leider kann man keine Standard-MIDI-Files in den MS-1 laden, sondern nur Sequenzen im eigenen Format und das Sequenzer-Fenster ist nicht wirklich einladend gestaltet, auch weil sich das Fenster der App weder vergrößern noch skalieren lässt.
Gregor Rast sagt:
#1 - 17.10.2019 um 12:55 Uhr
Der Arp kann mehr als nur "up". Transponse geht auch. Eine Anleitung gibt es auch.
Was aber nicht geht und auch nirgends erwähnt wird : RD-8 Trigger zum steppen des Sequencers nutzen. Auch die Reduzierung auf 32 Steps ist übel.
irgendwie ein etwas halbgarer Test, oder?
Gregor Rast sagt:
#2 - 17.10.2019 um 12:59 Uhr
...und Pattern lassen sich auch mit den Tastern 1-8 direkt anwählen.
aljen sagt:
#3 - 01.04.2020 um 15:20 Uhr
Soweit ich das auf den Bildern (und Videos) erkennen kann, ist der "bedienungsunfreundliche Odyssey-Kollege aus dem Behringer-Baukasten"-Sequencer ursprünglich dem Moog Mother 32 abgeschaut. Siehe auch Crave. Alleine den Arpeggiator hat Behringer zusätzlich beigesteuert.Schwacher Trost: der Sequenzer der 32er Mutter ist noch eine bis anderthalb Nummern unintuitiver als seine Behringer-Kopie – aber wozu gibt es Handbücher…