Über zwei Jahre hat es gedauert, von der ersten Vorstellung des Behringer Proton bis zum heutigen Test des Analogsynthesizers. Zwischen der Ankündigung und dem Release hat sich auf dem Synthmarkt einiges getan, aber auch am Proton selbst. Der analoge, paraphone Synthesizer mit Eurorack-Patchpunkten wurde noch einmal funktional erweitert und bietet nun zum Kampfpreis ein breites Arsenal an Funktionen. Schauen wir also, welche davon besonders überzeugen, und wo man dem Teil seinen günstigen Preis womöglich anmerkt.
Behringer Proton: Das Wichtigste in Kürze
- Paraphoner Analogsynthesizer im Desktopformat
- 2 Oszillatoren, 2 Multimode-Filter, Wavefolder und 2 VCAs
- 4 Hüllkurven und 2 LFOs für die Modulation
- Patchbay mit 40 Inputs und 24 Outputs
- MIDI-Support und mit Eurorack-Synths kompatibel
Details
Behringer Proton: Erster Eindruck
Wer schon einmal einen Behringer Neutron gesehen oder vielleicht sogar besessen hat, der wird mit dem Proton optisch direkt vertraut sein. Zugegeben, das Panel ist blau statt rot eingefärbt und es gibt ein paar mehr Drehregler. Beide Geräte sind aber gleich groß, trotz des niedrigen Preises ähnlich hochwertig gefertigt und können als 80 TE breite Module in Eurorack-Systeme montiert werden. Auch der vorn platzierte MIDI-Anschluss und die hinten angebrachten Anschlüsse bzw. Buttons (Power, USB, MIDI Thru, Phones, 6,3-mm-Input und -Output) sind identisch. Nur zwei Änderungen fallen sofort auf: Die Patchbay verfügt über eine zusätzliche Input-Spalte – und der Proton ist mit 399 Euro nach aktuellem Stand 110 Euro teurer als der Neutron. Woran das wohl liegen mag?
MIDI-to-CV Interfaces erlauben die Kommunikation zwischen digitalen und analogen Synthesizern. Wir präsentieren die besten ihrer Art.
Mehr Schwingungsformen und mehr Filter
Schauen wir dazu genauer hin, angefangen bei den Oszillatoren. Wie der Neutron verfügt auch der Proton über zwei analoge VCOs mit fünf überblendbaren Wellenformen. Zur weiteren Timbre-Gestaltung bietet der Synth aber neben den altbekannten Sync- und Paraphonie-Optionen auch noch eine neue Wavefolding-Sektion mit Symmetrie und Fold-Intensität. Damit nähert er sich klanglich an Westcoast-Synths im Buchla-Stil an. Die zweite große Besonderheit ist die dahinter geschaltete Filter-Sektion mit zwei unabhängig oder in Kombination einsetzbare Multimode-Filtern. Sie können als Lowpass-, Highpass- oder Bandpass-Filter wirken – und verfügen über eine selbstoszillierende Resonanz. Wem zwei Oszillatoren mit Wavefoldern also nicht genug sind, der bekommt hier noch weitere Klangquellen.
Der Behringer Proton ist ein Modulationsmonster
Kontrolliert werden die Filter, wie auch der anschließenden Dual-VCA mithilfe von zwei klassischen ADSR-Hüllkurven. Diese sind jedoch nur ein recht kleiner Bestandteil des umfangreichen Modulationsangebots am Behringer Proton. Insgesamt vier Hüllkurven und zwei LFOs erlauben komplexes Sounddesign. Hervorzuheben sind dabei besonders die flexiblen Einstellungsmöglichkeiten der zwei Attack-Sustain-Release-Envelopes, ebenfalls ein Merkmal von Westcoast-orientierten Synthesizern. Sie können als Decay-Impulse, loopende Multiform-LFOs und mehr dienen. Außerdem erfreulich: Mit einem großen Drehregler und mehr Platz um die Buttons als beim Neutron lädt die LFO-Sektion zu deutlich mehr Experimenten ein als bei vielen anderen Synths. Dedizierte Regler für die Modulationstiefe, ein One-Shot-Mode und pro LFO fünf unterschiedliche Wellenformen machen hier den sprichwörtlichen Unterschied.
In Folge 3 des Crashkurses Synthesizer und Sounddesign geht es um Hüllkurven und um einen Beispielsound zum Mitprogrammieren: ein Sweep-Pad.
Ein weiteres Highlight des Behringer Proton ist seine Patchbay
Von Haus aus sind die ADSR-Envelopes und die LFOs intern mit der Filtersektion verbunden, weitere Vorverschaltungen der Modulationsquellen gibt es nicht am Behringer Proton. Darin zeigt sich, dass der Synth wirklich modular ist, deutlich modularer als etwa der Neutron. Anders gesagt: Um die ASR-Hüllkurven und die unterschiedlichen LFOs wirklich zu nutzen und alles aus ihnen zu holen, muss gepatcht werden. Entsprechend vielseitig ist die vergrößerte Patchbay aufgebaut: Nicht nur stehen über sie alle Abschnitte der Klangerzeugung separat bereit, sondern zusätzlich alle Modulationsquellen – die LFOs sogar sowohl uni- wie auch bipolar. Komplettiert wird das funktionale Angebot der Patchbay mit einigen Utilities wie einem 1-zu-2-Multiple und einem CV-Mischer zur Kombination von Steuerspannungen. Einen Nachteil gibt es jedoch: Der Behringer Proton verfügt leider über keine Rauschquelle oder eine Sample-and-Hold-Zufallsoption.
Dafür gibt es über die Patchbay so einige mögliche Audiomodulationen: Über die Oszillatormodulation erzeugt das Teil wilde FM-Sounds, zudem können die VCAs als Weg zur Audiomodulation dienen. Die Pulsbreitenmodulation beider Oszillatoren ist ebenso über die Patchbay erreichbar. Hier sollte man unbedingt mal Crossmodulation ausprobieren. Ringmodulation ist allerdings keine möglich – schade, aber durchaus zu verschmerzen. Denn in der Praxis kann der Behringer Proton genug andere Dinge!
Marco Eierkuchen sagt:
#1 - 01.12.2024 um 19:46 Uhr
Klangbeispiele sind für mich eine Katastrophe, dieses FX rumgeblubber kann jede Kiste irgendwie, aber Musik kann man damit eben auch leider nicht machen! Für mich sind die brauchbaren Sounds leider auch die Brot und Butter kram. Die kann die neue Kiste von Behringer sicher locker mithalten und noch mehr. Aber mit den Beispielen hats dieses Mal im Testbericht nicht gereicht. Ich selbst besitze inzwischen ein ausgewachsenes Modular System, und deshalb hatte der blaue auch keine Chance mehr mit in den Kreis der Auserwählten zu kommen. Denn eines ist klar, an der Flexibilität eines richtigen Modular Systems kann der Blaue nicht im geringsten ran. Im gewimmel des Steckfeldes sucht man sich zu Tode bis man das richtige Loch gefunden hat, und das kenne ich schon vom Neutron, der hier auch bei mir steht. Als Klangerzeuger ist er natürlich immer willkommen. Aber ein richtiges Modular ist mir zu unpraktisch.