Praxis
So viel zum technischen Überblick, der schon durchaus die 110 Euro Aufpreis im Vergleich zum Neutron rechtfertigt. Klanglich erreicht der Proton ebenso einen Unterschied – und das nicht nur, weil die neuen Wavefolder- und Filter-Sektionen dem Synth einen vergleichsweise eigenen Soundcharakter verleihen. Erstere vermag natürlich nicht mit ausgefeilten Schaltungen wie dem „Timbre“-Circuit des Buchla Music Easel mithalten, ist aber durchaus fein justierbar und kein reines Verzerrungstool. Ein solches hatte der Behringer Neutron übrigens an Bord – hier musste es zugunsten der erweiterten Modulationsoptionen weichen. Eine gute Wahl, wie ich finde – kann man doch auch mit etwas Patching wilden Overdrive oder Feedbackdröhnen erzielen.
Patchen ist am Behringer Proton Musikantenpflicht
Um klanglich das meiste aus dem Synth zu holen, muss man sich auch wirklich auf ebendieses Patching einlassen. Dabei erweist es sich schnell als interessant, dass der Proton nicht nur kein Random-Modul integriert hat, sondern auch keinen Arpeggiator oder Sequenzer. Denn was könnte dann noch die ASR-Hüllkurven triggern oder einen One-Shot-LFO auslösen? Wer kein MIDI-Keyboard an den Behringer Proton angeschlossen hat, muss hier kreativ werden. Zum Beispiel kann ein Pulswellen-LFO dazu dienen. Oder auch der Oszillator – im Eurorack ist eben alles möglich. Und wer diese Besonderheit annimmt, bekommt vom Proton viel mehr als nur 0815-Sounds. Er wird besonders gern aggressiv, kann aber im tiefen Frequenzbereich aufgrund seiner 303-artigen Filterresonanz blubbern oder aber auch hell glitzernd klingen.
Behringer Proton: Kein wirklich „spielbarer“ Synth
Zu der dafür nötigen Herangehensweise gehört allerdings auch, dass man sich vor dem Kauf des Behringer Proton gut überlegen muss, wie man ihn nutzen will. Natürlich kann man das Gerät gut und gern mit einem MIDI-Controller oder einem MIDI-Sequenzer in klassischen Studio- und Live-Umgebungen nutzen. Doch eine Integration in ein modulares Setup erscheint in seinem Fall deutlich sinnvoller. Nicht nur können sowohl Filter als auch Wavefolder über die Patchbay leicht für die Verarbeitung externer Signale genutzt werden; in mittelgroßen Systemen sind auch die genannten Utilities wie ein Multiple oder auch die zwei Abschwächer oft nützlicher als man das vielleicht am Anfang denkt – gerade, um zwischen unterschiedlichen Soundtypen zu variieren, von Bass zu Lead zu einem Effekt für externe Klänge.
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Zu beachten ist allerdings auch die Tatsache, dass der Proton nicht in allen Situationen flexibel „spielbar“ ist. Die Knöpfe sind ein wenig fummelig, die Patchbay wird mitunter schnell eng und unzugänglich – und eingebaute Performance-Optionen gibt es im Prinzip auch keine. Das macht seinen Einsatz in Kombination mit Eurorack-Controllern wie einem Make Noise 0-Coast oder einem flexiblen Eurorack-Sequenzer wiederum besonders interessant. Im Test hat sich seine paraphone Struktur mit zwei parallel ansteuerbaren Oszillatoren als perfekte Grundlage für Techno-Riffs, aber auch melodische, gegeneinander laufende Arpeggios erwiesen. Die modulare Architektur des Behringer Proton dürfte auch mit Modulen wie dem Intellijel Metropolix oder einem Trigger-Sequenzer wie dem Erica Synths Drum Sequencer auf bis dato ungeahnte Weise zum Leben erweckt werden können So viele Möglichkeiten…
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Behringer Proton: Das sind die Alternativen im Eurorack
Aufgrund seiner speziellen und von Behringer gut durchdachten Positionierung am Markt behauptet der Proton einen eigenen Platz zwischen anderen semimodularen Synthesizern. In der Tabelle unten listen wir daher zum Überblick daher die wichtigsten Feature-Unterschiede zu zwei sehr ähnlichen Geräten auf – dem Behringer Neutron und dem Moog Mother-32. Aber auch andere Einsteiger-Synths mit modularen Fähigkeiten wie das Pittsburgh Modular Taiga oder das cre8audio West Pest sollte man sich vor dem Kauf unbedingt zum Vergleich anschauen.
Features | Behringer Proton | Behringer Neutron | Moog Mother-32 |
Anzahl VCOs | 2 | 2 | 1 |
Anzahl Filter | 2 | 1 | 1 |
MIDI-Anschluss | Ja | Ja | Ja |
Wavefolder | Ja | Nein | Nein |
Anzahl Modulationsquellen | 6 | 4 | 2 |
Integrierter Sequenzer | Nein | Nein | Ja |
Preis | 399 € | 289 € | 689 € |
Preis/Leistung | 4/5 | 4.5/5 | 4/5 |
Produkt bei Thomann/Test bei bonedo.de | https://www.thomann.de/de/behringer_proton.htm?offid=1&affid=84 | https://www.bonedo.de/artikel/behringer-neutron-test/ | https://www.bonedo.de/artikel/moog-mother-32-test/ |
Marco Eierkuchen sagt:
#1 - 01.12.2024 um 19:46 Uhr
Klangbeispiele sind für mich eine Katastrophe, dieses FX rumgeblubber kann jede Kiste irgendwie, aber Musik kann man damit eben auch leider nicht machen! Für mich sind die brauchbaren Sounds leider auch die Brot und Butter kram. Die kann die neue Kiste von Behringer sicher locker mithalten und noch mehr. Aber mit den Beispielen hats dieses Mal im Testbericht nicht gereicht. Ich selbst besitze inzwischen ein ausgewachsenes Modular System, und deshalb hatte der blaue auch keine Chance mehr mit in den Kreis der Auserwählten zu kommen. Denn eines ist klar, an der Flexibilität eines richtigen Modular Systems kann der Blaue nicht im geringsten ran. Im gewimmel des Steckfeldes sucht man sich zu Tode bis man das richtige Loch gefunden hat, und das kenne ich schon vom Neutron, der hier auch bei mir steht. Als Klangerzeuger ist er natürlich immer willkommen. Aber ein richtiges Modular ist mir zu unpraktisch.